Saturday, September 30, 2006

Konzertrezension: Paul Millns & Butch Coulter am 30.9.2006 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Paul Millns & Butch Coulter am 30.9.2006 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Nein, es war nicht der von Jutta Mensing extra angekündigte Zwiebelkuchen und Federweißer, der Petra und mich dazu veranlasste, mal wieder das Feuerschlösschen aufzusuchen, sondern ich gebe zu, dass mir diese Einrichtung als nichtkommerzieller Verein besonders sympathisch ist und Speis und Trank dort zwar nicht in für Restaurants typische Weise, sondern so eher wie bei Straßenfesten üblich kredenzt werden, dafür aber auch erschwinglicher sind. Und vor allem Petra als alter Alexis Corner-Fan lockte auch die Ankündigung, dass Paul Millns mit ihm zusammen musiziert habe.

Es war nun also ein Konzert mit zwei Musikern, deren einer (Paul Millns aus England) Klavier spielte und Sang und deren anderer (Butch Coulter aus Kanada) die Gitarre und die Mundharmonika (blues harp) bediente. Trotz dieser sparsamen Besetzung boten die beiden eine mitreißende Musik, die auch zeigte, wie vielfältig Blues sein kann. Von den Texten verstand ich nicht viel, obwohl ich englisch kann und Paul ein gut verständliches englisches Englisch sprach, aber wenn es gesungen wird, achte ich meistens mehr auf die Musik und nicht auf die Texte. Natürlich sang er von der Liebe, die bisweilen nicht so langsam wie ein Eselsritt sei, und er sang Kritisches über Tony Blair, aber mehr kann ich jetzt dazu nicht sagen. Stilistisch kam neben dem typisch cool wiegenden Bluesrhythmus auch einiges an Boogie und an Ragtime vor, und einiges Lieder klangen nach englischem Folk oder nach Country, nur eben am Klavier, nicht auf der Gitarre gespielt. Butch bediente die Gitarre die meiste Zeit über sehr zurück haltend mit einfachen Akkorden, die man neben dem Klavier kaum hörte, aber seine besondere Stärke war die Mundharmonika. Ich möchte sagen, und die vielen Zwischenapplause, die er zeigten, dass nicht nur ich es so empfand, dass er Paul damit ein wenig die Show stahl, ähnlich wie Ralf Grottian es mal beim Bonner Folktreff mit dem Eifelslider tat. Butch holte aus seiner Bluesharp Töne heraus, die mich an der E-Gitarrenspiel von Carlos Santana oder Carol Knauber erinnerten. Einfach sagenhaft!

Ja, doch, Juttas Zwiebelkuchen wäre abgesehen von der Musik auch den Abend wert gewesen. Sie gab etwas Kümmel hinzu, damit er bekömmlicher ist.

Und da ich nun über Speis und Trank rede, möchte ich für Bierfreunde mal wieder was hinzu fügen; die anderen Leser(innen) können hier mit dem Lesen aufhören. Beim FiF gibt es ein schönes Sortiment an Flaschenbieren: Guinness Extra Stout, Newcastle Brown Ale von den Inseln, also von weit her, und eine Menge Biersorten der fast benachbarten Steffens Brauerei in Linz-Casbach: Steffi (Kölsch), Alt, Pils, Braunbier (was ich besonders mag), Hefe-Weizen, Kräusen, Malzbier, Radler. Ich erfuhr aber letztens und ließ es mir vom Brauereichef Christian Runkel bestätigen, dass die Brauerei den Braubetrieb eingestellt hat. Sie lässt ihrer Biere nun im Lohnbrauverfahren herstellen und zwar die Obergärigen in Herborn bei der Bärenbrauerei und die Untergärigen und Mixgetränke in Alsfeld bei der Alsfelder Brauerei, also ca. 100 bzw. 200 km von Linz entfernt. Die Ursache für diese Entscheidung war die zu hohe Konkurrenz durch die sogenannten Fernsehbiere (also die mit Fernsehwerbung) und die Billigbiere. Der Jahrsausstoß der Steffensbrauerei ging so von 50000 auf 20000 Hektoliter im Jahr zurück, eine für eine Brauerei in der Größe technisch und wirtschaftlich zu geringe Menge. Die Moral von der Geschicht’, warum ich das hier thematisiere ist die: Wenn Ihr gerne Bier trinkt, dann schaut doch zu, dass Ihr hauptsächlich a) der Umwelt zuliebe Biere mit wenigen Transportkilometern, b) der Arbeitsplätze zuliebe Biere kleiner und mittlererer (Privat-)Brauereien, c) der Biervielfalt zuliebe auch unterschiedliche Biersorten trinkt. Geschmacklich wird dabei jeder etwas finden, was ihm mundet, während die Auswahl an „Fernsehbieren“ geschmacklich viel eintöniger ist und Fernseh- und Billigbiere zumeist in solchen Megabrauerein hergestellt werden, dass sie weniger Arbeitsplätze bieten, als die vielen kleinen Brauereien zusammen. Das meine ich ganz (bier)ernst.

http://www.paulmillns.co.uk
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu
http://www.brauerei-steffens.de/

MAS

Sunday, September 24, 2006

Konzertrezension: Eitre am 24.9.2006 bei Frau Holle in der Bonner Altstadt

Eitre am 24.9.2006 bei Frau Holle in der Bonner Altstadt

Es kommt ja selten vor, dass ich mir innerhalb eines halben Jahres zweimal die selbe Band anhöre, aber wenn man zweitens so nett eingeladen wird und erstens die Musik so spitzenmäßig ist, kann ich doch nicht nein sagen. Und da es wirklich nett war bei Frau Holle schreibe ich auch ein paar Zeilen dazu.

Zur Musik selber brauche ich eigentlich nicht viel zu schreiben, denn die war nicht viel anders als am 11.5. im Feuerschlösschen oder auf der CD, nur dass sie gänzlich ohne Mikrophone spielten und dass Kevin nicht Tin Whistle spielte, sondern „nur“ Flute und Low Whistle, während Marco außer seinen Uilleann Pipes auch die Tin Whistle bediente. Und ich sollte vielleicht doch mal die nationalen Provenienzen der fünf Musiker erwähnen (in der Hoffnung, dass ich diese jetzt richtig auf die Reihe kriege), denn immer wieder werden diese falsch vorgestellt, so auch an diesem Vormittag (ja, es war eine Matinee, die um 11.30 Uhr begann):
Dag Westling ist ein in Deutschland (Berlin) geborener Schwede, der jetzt in Schweden (Stockholm) lebt,
Esbjörn Hazelius ist ein in Schweden (Schonen) geborener Schwede, der auch in Schweden (Stockholm) lebt,
Fredrik Bengtsson ist auch ein in Schweden (Schonen) geborener Schwede, der ebenfalls in Schweden (Stockholm) lebt,
Kevin Ryan ist ein in England geborener Ire, der jetzt in Irland lebt, und
Marco Pollier ein Frankreich (Nancy in Lothringen, also nicht in der Bretagne) geborener Franzose, der auch in Frankreich lebt.

Diese fünf verstanden es auf’s Beste mit Pipes, Flute, Whistle, Gitarre, Banjo, Cittern, Bass und Gesang auch den eventuell am Samstagabend etwas länger Aufgebliebenen den letzten Rest der Sonntagmorgenträgheit aus den Nerven und Gliedern zu treiben. Zwar tanzte nur ein kleines Mädchen sichtbar, aber im Inneren tat das bestimmt jeder im Publikum, das eng gedrängt auf Klappstühlen saß, oder in der ersten Reihe auf einem alten Sofa.

Zum Etablissement muss ich auf jeden Fall was schreiben. Es ist eigentlich eine kleine Modeboutique mit einer nostalgischen Café-Theke. Ich fragte mich, wo denn hier die Musiker spielen sollten, etwa zwischen den Kleidern im Schrank oder dahinter. Der zweite Gedanke war so verkehrt nicht, denn zumindest um auf die Toilette zu kommen musste man ein Regal aufklappen und durch eine versteckte Tür entschwinden. Geheimnisvoll! Aber im Grunde war es doch profaner, denn durch eine schmale Einfahrt gerieten wir in einen kleinen Innenhof, und von dort aus in Nebengebäude. Dag meinte, es sei wohl der schönste Hinterhof Deutschlands, und wenn man de herein komme, sei es, als betrete man eine andere Welt. Dem schließe ich mich an. Die Zeiten, in denen das eine heutige Atelier als Waschküche benutzt wurde, ist lange vorbei, heute befindet sich dort ein Büro und eine Bibliothek und eben ein Atelier, und in dem anderen Raum, in dem das Konzert in gemütlicher Enge stattfand, so dass die Zuhörer in der ersten Reihe den Musikern beinahe auf den Füßen saßen, ist ansonsten ebenfalls ein Maleratelier. Und im Hof selber stehen Tische, Bänke und Stühle bereit, damit man noch in Ruhe einen Kaffee oder anderes schlürfen kann. Weg vermutet solches hinter den Fassaden der Altstadt aus dem 19. Jahrhundert? Schaut mal auf die Frau Holle-Homepage, wann sie die nächste Matinee haben, und dann geht da mal hin, es lohnt sich! ich glaube, es ist jeden vierten Sonntag im Monat.

Den Auftritt von Eitre hat übrigens unser guter alter Ralf Wackers vermittelt.

http://www.eitre.com/
http://www.frau-holle.com/matinee.0.html


Vgl. auch meine Konzertrezi unter:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/05/konzertrezension-eitre-am-1152006-beim.html
und die CD-Rezi unter:
Link kommt noch

Thursday, September 14, 2006

CD-Rezension: Eitre. The Coming of Spring

Eitre. The Coming of Spring

Sjelvar Records HB (www.sjelvar.com) 2005 mit Fotos und wenigen englischen Infos
11 Tracks, 50,18 Minuten

Am 11.5.2006 spielte die schwedische Irish Traditional Rythm’n’Reel Band Eitre im Feuerschlösschen in Bad Honnef, wovon ich ganz begeistert berichtet habe. Nun, rechtzeitig bevor sie am 24.9.2006 bei Frau Holle in Bonn wieder auftreten, schickte mir Dag Westling deren 2005 erschienene CD „The Coming of Spring“, die sich auch im Spätsommer und Frühherbst gut anhört.

Es ist eine sehr feine Musik, die die Schweden Dag Westling (Gesang, Gitarre, Five-string Bajo), Esbjörn Hazelius (Fiddle, Zister, Gesang), Fredrik Bengtson (Doppelbass), der Ire Kevin Ryan (Querflöte) und der Franzose Marco Pollier (Uilleann Pipes, Tin Whistles) auf dieser Scheibe darbieten. Sie beginnt rasant schnell mit dem Reelset „Fairy Reel“, von dem ich auch auf dem Konzert schon so begeistert war, mit den im ersten und zweiten Reel unterschiedlich nacheinander einsetzenden Instrumenten. Rasend schnelle Reels sind zu Hauf auf der CD, in unterschiedlichen Arrangements, immer wieder mit Solo-Teilen zum Beispiel der Uilleann Pipe dabei, die mir Schauer der Spannung und Spannungsentladung durch den Körper jagen. Und keine kleinste Passage wirkt trotz des Tempos gehetzt, vielmehr fließt, treibt, groovt die Musik dahin, keine Anstrengung ist ihr anzuhören, wie es bei guten Akrobaten ja auch sein soll.

Die von Dag und Esbjörn gesungenen Lieder bilden dazu einen Kontrast, denn sie sind langsam vorgetragen, manche langsamer, als ich die gleichen Lieder von anderen Interpreten kenne, aber immer begleitet mit einem minutiösen Gitarren- und meistens doch wieder angereichert mit einem flotten Zwischenspiel. Alles in allem, das habe ich auch zum Konzert geschrieben, wird die Musik sehr weicht gespielt, auch wo Pipe und Fiddle hohe Töne anschlagen.

Auch an die CD ging ich mit dem Interesse heran, ob da nicht doch etwas heraus zu hören ist, das schwedisch klingt. Esbjörns Englisch hat wohl einen etwas schwedischen Akzent, aber es ist doch alles original irische Musik oder solche von irisch stämmigen Nordamerikanern. Doch da ist eines, das klingt etwas anders, obwohl von Tomy Peoples, also einem Iren, komponiert und zwar „Tomy Peoples’ Mazurka“, die mir auf einer CD mit svensk folkmusik nicht als fremd aufgefallen wäre, die teilweise aber auch deutsch klingt. Sie ist der erste Teil des Sets dessen Namen die CD bekam, dessen zweiter Teil, der auch „The Coming of Spring“ heißt, dann aber doch wieder ein typisch irischer Jig ist. Zwischen Mazurka und Jig bildet ein Gittarrenintermezzo eine Pause, die den Fluss dieses Sets etwas stört und das Durchtanzen wahrscheinlich verhindert, sofern man überhaupt tanzend von einer Mazurka zu einem Jig wechseln kann. Es ist wohl doch eher Zuhör- als Tanzmusik, aber das ist ja auch typisch für irische Instrumentals, wie mir Tänzer immer wieder mal vermitteln. Tilman Teuscher sagte mir letztens in einem Interview über die Hummelkurse, dass in der Irish Folk Music in den letzten 30, 40 Jahren die Session- und die Tanzszene in ihren Spielweisen wie eine Schere auseinander klafften. Nehmen wir diese CD also als Repräsentantin der Session- und Konzertszene und zwar als Spitzenrepräsentantin.

Ich kann also allen Freundinnen und Freunden erstklassiger Irish Traditional Music nun guten Herzens zwei Schritte des Vorgehens empfehlen: 1. Zum Konzert zu Frau Holle kommen und 2. Geld für eine CD mitbringen. Nein, ich werde nicht für diese Werbung bezahlt, sondern bekam nur die übliche Rezi-CD. Sollte Dag im Hinterkopf gehabt haben, dass die Rezension eine Werbung werden könnte, liegt das wohl an der Konzertrezi vom Mai, aber die Musik hat es auch wirklich verdient!

Inhalt:
Fairy Reel (Fairy Reel / The Man from Banduran / McFadden’s Favourite)
William Taylor
Princess Nancy (Princess Nancy, The Tar Road to Sligo / Thompson’s Jig)
Brackagh Hill
Killarney Boys of Pleasure (Big John’s Reel / Pickinig the Spud / Killarney Boys of Pleasure)
Flat River Girl (Flat River Girl / The Rose in the Heather)
Sliabh Geal gGua (Sliabh Geal gGua / The Garden of Daisies)
Coleraine Regatta (Coleraine Regatta / The Lads of Laois)
The Coming of Spring (Tommy Peoples Mazurka / The Coming of Spring)
The Flower of Magherally
The Crosses of Annagh (The Glen Road to Carrick / The Porthole of the Kelp / The Merry Sisters / The Crosses of Annagh)

(Das Lies “Flat River Girl” ist mir ansonsten unter dem Namen “Jack Haggerty” bekannt.)

http://www.eitre.com/

Vgl. auch meine Konzertrezi unter:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/05/konzertrezension-eitre-am-1152006-beim.html

Johannes Schiefner rezensierte die CD auch schon mal:
http://www.folker.de/200503/rezi-eu.htm#02

MAS

Friday, September 08, 2006

Konzertrezension: Ben Bulben am 8.9.2006 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Ben Bulben am 8.9.2006 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Es war schon vier Jahre her, dass ich Ben Bulben zum letzten Mal hörte, und zwar beim 1. Bonn Irish Folk Festival 2001. So war es höchste Zeit, da mal wieder rein zu hören, wobei der gemütliche Bungertshof zudem die richtige Atmosphäre zum Ausklang unseres kurzen Moselurlaubes bot.

Nun standen dort fünft Musiker(innen) auf der Bühne, wobei es unsinnig ist zu beschreiben, wer wo stand, da sie ihre Positionen ständig wechselten. Ich war mir auch gar nicht ganz sicher, wen außer Uli Wosnitza von ihnen ich noch kannte und wen nicht. Uli bediente die Tin und Low Whisltes, den E-Bass, das Bodhrán und die Cajon, Christoph Antony die Fiddle, die akustische Gitarre, den E-Bass und seine Stimmbänder, Joe Thar, den ich wirklich zum ersten Mal sah und hörte fungierte als Hauptsänger und A- und E-Gitarrist, Claudia Anthony die Querflöte, das Keyboard, die Percussion und ihre Stimme und Judith Bergerhausen tat es instrumentell Claudia gleich. Die beiden waren 2001 auch schon dabei.

Bevor es irisch zur Sache ging, erklang die Titelmelodie von „James Bond“ und Christoph stellte die Band vor: „Unser Name ist Bulben, Ben Bulben“. Später gab es auch noch die Medodie von „Mission Impossible“, aber abgesehen von diesen Gags blieben sie bei irischen und einigen schottischen Songs und Tunes, bei denen sich schnelle Jigs’n’Reels mit getragenen Balladen abwechselten. Bei den schnellen Stücken kamen sie mir anfangs noch zu hastig vor, zu wenig fließend, doch legte sich das im Laufe des Konzertes. Die Lieder aber waren durchweg so schön arrangiert, zum Beispiel wurde Joes Stimme von den Damen mit Satzgesang beleitet, wobei Männer- und Frauenstimmen leicht versetzt klangen. Selbst das oft gehörte „Back home in Derry“ war keineswegs langweilig, sondern mit Chorgesang und Querflötenzwischenspielen aufgepeppt, ohne dass es aufgesetzt wirkte. Auch mit Whistles und Querflöten gaben Uli, Claudia und Judith mehrstimmige Partien zum Besten, und es gab Passagen mit versetzten Rhythmen, Jazzeinlagen auf Flöte und Keyboard, funkige und rockige Gitarrenriffs, und sie spielten auch Reels wie „Cliffs of Moher“ und „Toss the Feathers“ sehr fließend und überzeugend. Dass Christoph sich am Schluss bei der vorletzten Zugabe den Finger zwischen den Fiddlesaiten klemmte, tat mir sehr leid, nicht nur seinetwegen, sondern weil ich dann sein Spiel nicht mehr genießen konnte. Aber vielleicht sollten sie auch nicht unbedingt auf Hochgeschwindigkeitsspiel setzen, sondern noch mehr auf den Fluss der Musik.

Anders als bei den Lokal Heroes (deren neuste CD in der Pause lief) stimmt es hier wirklich, dass kein Bandmitglied seine Brötchen mit Musik verdient. Eine Probe pro Woche in Vinxel reichte aber aus, die Band sich so vorteilhaft entwickeln zu lassen. Es war ein wahrer Genuss, ihrer Musik zuzuhören! Nur sollten sie es meiner Meinung nach sein lassen, das Publikum zum Mitklatschen zu animieren. Entweder klatschen die Leute von selber mit oder sie hören ruhig zu, aber das sollte man ihnen nicht vorschreiben, zumal viele Leute einfach totlangweilig mitklatschen und den Genuss der Musik stören. An einem Tisch neben uns wurde zuerst laut geschwätzt, bis ich ihnen sagte, dass das störe, aber hinterher klatschten sie nicht nur klapp -- klapp -- klapp, sondern klapp-klapp-klapp – klapp – klapp-klapp – klapp – klapp-klapp-klapp, oder so ähnlich, jedenfalls leicht versetzt mit Zwischenklatschern, und nicht so langweilig im reinen Vierteltakt wie die meisten andern. Ja, ein Konzert lebt auch vom Publikum.

Seit der CD „A Seven Course Dinner“ von 1997 sind Welten vergangen. Eine zweite CD sollte meines Erachtens mal in Angriff genommen werden. Für’s Erste aber ist eine DVD angekündigt mit einem Mitschnitt ihres Konzertes in der Balver Höhle im August 2006. Die wird dann bei ihnen zu erwerben sein.

http://www.ben-bulben.de/
http://www.bungertshof.de/


Vgl. auch meine Rezi von 1. BIFF u.a. mit Ben Bulben:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2002/04/konzertrezension-1-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/8oltl

MAS

Wednesday, September 06, 2006

Konzertrezension: Deitsch am 6.9.2006 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Deitsch am 6.9.2006 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Der Folk im Feuerschlösschen e.V. startete sein zweites Halbjahresprogramm 2006 mit einem Act, der mir so wichtig war, dass Petra und ich sogar von Winningen angereist kamen, wo wir gerade ein paar Tage moselweinseligen Urlaub machten. Nach dem ich von fast einem Jahr die CD „Königskinder“ gehört hatte, die von Ulrich Joosten im Folker! als Besondere eingestuft worden war, war ich sehr gespannt, wie sie sich life anhören. Deitsch ist ja eigentlich ein Duo, bestehend aus Gudrun Walter und Jürgen Treyz, auf der CD werden sie aber von sieben weiteren Musiker(inne)n unterstützt. An diesem Abend war von diesen sieben Johannes „Philipp“ Uhlmann mit dabei, so dass es also die Trio-Version von Deitsch war.

Sie spielten zunächst mehr oder weniger den CD-Inhalt, den sie nach der Pause um drei, vier Stücke erweiterten. Ich merkte bald, dass es wenig Sinn macht, eine CD-Produktion mit einem Life-Auftritt zu vergleichen. Sicher war ich gespannt, wie sie mit den Stellen umgingen, bei denen auf der CD ein mehrstimmiger Satzgesang zu hören war, oder ob es arg ins gewicht fällt, wenn Sackpfeife, Cello, Bass und andere Instrumente nicht zu hören sind. Nun, den Satzgesang brachte auch Jürgen alleine ganz gut oder an anderer Stelle wurde er einfach weg gelassen, und die drei Instrumente auf der Bühne brachten die Liedbegleitungen und Instrumentals auch sehr gut und echt herüber. Und anstatt immer hin und her zu vergleichen, tat ich viel besser daran, die Musik auf mich wirken zu lassen, wie sie in dem Augenblick dargeboten wurde.

Vom Publikum aus gesehen saß linkt Johannes mal mit Geige, meistens aber mit diatonischem Akkordeon, in der Mitte stand Gudrun, die sang, Geige und Viola spielte, und rechts saß Jürgen mit verschiedenen Gitarren und ab und zu seiner eigenen Stimme. Gudrun benutzte ein Mikrophon, denn ihre Stimme war doch sehr zart, was aber auch ihren Reiz ausmachte. Sie sang die Lieder von unglücklicher Liebe, gefährlichen Wassernixen, listigen Liebesprüfungen und anderen ernsten Themen in einer einerseits sehr lockeren und recht minimalistischen Art, die in einem gewissen Widerspruch zur Ernsthaftigkeit der Themen stand, die dann andererseits aber auch an bestimmten Stellen Tonfolgen hervorbrachte, die die Dramatik um so mehr unterstrich. Manchmal strich sie gleichzeitig rhythmisch mit dem Bogen über die Violasaiten. Außer begleitenden Akkorden und unterlegenden Quasi-Bordunen gab es zwischen den Strophen immer wieder instrumentale Intermezzi, häufig sehr rhythmische, nahezu zum Tanzen einladende, jedenfalls keine, die einfach nur die Liedmelodie spielten, sondern einen musikalischen Kontrast hinein brachten. Bei irischen und schottischen Folkbands ist das schon fast normal, in der deutschen Volksmusik aber bislang noch sehr selten. Die Lieder wechselten sich mit Instrumentals ab, zumeist Tänzen wie Polkas, Walzern, Rheinländern und Schottischen, und es war sogar ein Reel dabei, kein irischer oder schottischer, sondern einer aus Quebec. Gudrun verlieh ihrem Bedauern darüber Ausdruck, dass die deutsche Volksmusik keine Reels kenne und meinte, das lasse sich doch bestimmt ändern, und so einer aus Quebec höre sich wie ein zu schnell gespielter Rheinländer oder Schottischer an. Nun ja, aber welcher 08/15-Volksmusiker kennt heutzutage noch Rheinländer und Schottische? Aber vielleicht gelingt es ihnen, zumindest die Balfolk-Szene davon zu überzeugen. Schön wäre es! Außer Tanzmelodien gab es auch bedächtige Märsche und lustige, inhaltlich unwichtige Reime auf Schwäbisch, und zum Schluss ein pfälzisches Spottlied auf von ihren Frauen „dressierte“ Männer.

Also für mich hat sie die Anfahrt von Winningen her sehr gelohnt, und als wir dann im Vollmondlicht rheinaufwärts wieder der Mosel zu rollten, klangen die Lieder und Melodien noch lange in uns nach und verbanden sich mit dem Fluss, dem Mond, den angestrahlten Kirchen und Burgen zu einer Stimmung, die man wohl mit Recht als „romantisch“ bezeichnen kann.

Die Romantik war ja im 19. Jahrhundert eine Bewegung, in der sich die Menschen der eigenen, im Gegensatz zu fremden, und der gemeinsamen im Gegensatz zu regional unterschiedlichen nationalen Wurzeln bewusst wurden oder zu werden suchten. Deitsch als Vertreter des neuen deutschen Folk-Revivalchens, wie Mike Kamp es in der diesbezüglichen Diskussion in Rudolstadt nannte, sind in diesem Sinne romantisch, aber sie verschließen die deutschen Grenzen nicht, sondern öffnen sie weit für Einflüsse anderer Wurzelmusiken. Während viele Volks- und vor allem volkstümliche Musiker eher von Rock, Pop und Schlager beeinflusst sind, sind diese es von den Volksmusikern Irlands, Schottlands, Frankreichs, des Balkans, Skandinaviens und anderer Gegenden Europas, die sie jahrlang mit Liebe und Hingabe studiert und praktiziert haben und es auch weiterhin tun. Und diese Einflüsse verschmelzen mit den deutschen traditionellen Liedern und Melodien so harmonisch, dass ich diese Beurteilung mit einem in der Pause aufgeschnappten Zitat von Tom Kannmacher beenden möchte, der (sinngemäß) zu Gudrun und Walter sagte: „Ihr macht das, was ich vor 30 Jahren gemacht habe, nur auf einem beneidenswerten Niveau.“

http://www.deitsch.de/
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu/

Vgl. auch meine CD-Rezi:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/cd-rezension-deitsch-knigskinder.html bzw. http://tinyurl.com/ddp3h

Vgl. auch Ulrich Joostens Texte:
http://www.folker.de/200601/04deitsch.htm
http://www.folker.de/200601/bescd.htm#01


MAS