Saturday, July 28, 2007

Konzertrezension: Currach am 28.7.2007 auf dem 3. Michel-Fest in Siegburg

Currach am 28.7.2007 auf dem 3. Michel-Fest in Siegburg

Bonner Irish Folk-Band zu Gast in Siegburg

Das Michel-Fest ist zwar nicht nach dem FolkMICHEL, dem einen der beiden Vorläufer des Folker!, benannt, sondern nach dem Michel-Bier, dem Siegburger Kölsch, gebraut vom Siegburger Brauhaus Zum Roten Löwen, das seit einiger Zeit auch als Abteibrauerei firmiert und somit mit der Abtei auf dem Michaelsberg verbandelt ist, woher das Bier und dadurch das Fest ihren Namen haben, aber der Auftritt von Currach könnte schon zu solchen Gedanken führen und tat es bei mir ja auch. Das Wochenende war ja sehr verregnet, aber während des Konzerts schien die Sonne von einem blau-weiß-grauen Himmel auf die Wiese auf halber Höbe des Michaelsberges herab. Ganz oben auf dem Berg gab es auch Programmpunkte des Festes, und auch unten in der Stadt nahe des Brauhauses, aber hier hatte ein Verein von Freunden des Mittelalters einen kleinen Kunst- und Handwerkermarkt organisiert und eine Bühne, auf der es aber keine mittelalterliche, sondern irische Muski zu hören gab, auch wenn sich Ralf, Ellen und Katja ein wenig mittelalterlich gewandet hatten. Ja, sie spielten nur zu dritt, Ralf P. Wackers auf Gitarre, Bouzouki, Mundharmonika, Banjo und Bodhán, sowie mit Hintergrundgesang, Ellen D. Jeikner auf Tin Whistle, Gitarre, Harfe und als Hauptsängerin und Katja Mertens auf der Fiddle und mit Hintergrundgesang, aber es war noch ein vierter Künstler mit auf der Bühne, nämlihc Florian Reiners, nicht als Musiker, sondern als Geschichtenerzähler, story teller, doch eines nach dem anderen.

Ellen begann den Gig mit einer traumhaft melancholischen Air auf der Whistle, woraus sich ein Jig entwickelte, in den die beiden anderen einstiegen. Dann folgten Lieder und Tunes in schöner, kurzweiliger Abwechlsung, das Publikum lauschte andächtig oder wippte fröhlich im Takt mit, und genoss Michel oder andere Getränke. Florian erzählte zwischendurch als Fortsetzungsgeschichte, also immer wieder von Musik unterbrochen, die Geschichte von ... – hups, wie hießen die Typen noch mal? – jedenfalls von einem Wettrennen zwischen einem starken Burschen und einem schmächtigen Bettler, der aber aufgrund seiner Zauberkräfte ... ach das verrate ich lieber nicht, besucht lieber selber mal ein solches Konzert mit story teller. Ellen hatte die Geschichte aus dem Englischen übersetzt, wenngleich sie aus einer Zeit stammt, da in Irland noch niemand englisch sprach, ja, in der noch nicht mal der heilige Patrick die Gestaden der Insel betreten hatte. Florian, ein gelernter Schauspieler, erzählte mit verstellten Stimmen, so dass es leicht fiel, sich nach Phantásien zu begeben und sich die grüne Wiese am Hang des Michaelsberges als irische Landschaft vorzustellen und die auf selbiger tolenden Kinder als die beiden Wettläufer. Die drei Musiker(innen) sorgten auch immer wieder für einen passenden Soundtrack. Matthias Mertens am Mischpult spielte hin und wieder ein wenig heftig an den Knöpfen, worauf die Aufmerksamkeit der Zuhörer, die sich doch eher ihrem Tischnachbarn zugewandt hatten, wieder erschrocken der Bühne zuwandte. Und noch ein kleines Manko sei erwähnt: Die Polkas könnten sie ein wenig schneller spielen. So, das waren die beiden Haare in der ansonsten sehr schmackhaften Suppe, die ich mir gerne noch öfter bestelle. Never tire of Currach!

Frühere Rezis zur Currach von mir:
Konzert: 1. Celtic Attractions Festival
Celtic Attractions – 1. Irish/Scottish Folkfestival im Zirkuszelt am 8.4.2005 in Köln-Weiß
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/04/konzertrezension-celtic-attractions-1.html bzw. http://tinyurl.com/85qdj
CD: Currach. Farewell to Old Ireland
In: Folker! 06.06, S. 79.
online: http://www.folker.de/200606/rezi-d.htm#05
und: http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/11/cd-rezensionen-fr-den-folker-0606.html
und länger hier:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/10/cd-rezension-currach-farewell-to-old.html

MAS

Thursday, July 26, 2007

Konzertrezension: Funxion am 25.7.2007 im Parkrestaurent Rheinaue in Bonn

Funxion am 25.7.2007 im Parkrestaurent Rheinaue in Bonn

Nein, das ist eigentlich keine Rezension, sondern nur eine Notiz. Gestern waren Petra und ich mal in den Rheinauen beim Sommerfestival im Biergarten des Parkrestaurents Rheinauen. Dort spielte eine neunköpfige Combo guten Funk & Soul. Es waren eine Sängerin (Svenja Schmidt), ein Sänger (Ralf Alreuther), ein E-Gitarrist (Oliver Stark), ein E-Bassist (Roman Fuchß), ein Schlagzeuger (Garbit Langosch), ein Keyboarder (Gregor Szopa), ein Trompeter (Claus Thormälen) und zwei Sayophonisten (Lothar Paul und Luc Rod). Petra, deren Musikstil es ja eher ist als der Folk, den ich sonst so gerne höre, meinte, die seien nicht so gut wie Souled Out, aber mir gefielen die Bläsereinsätze, die oft aus kurzen, trockenen Trompeten- oder Saxophonstößen bestanden (Souled Out haben keine Bläser) und das wirklich groovige, oft leicht versetze, mit langen und kurzen Takten abwechselnde Rhythmusspiel von Schlagzeug und Bass sehr gut. Zwischendurch sangen zwei Kinder „Alle meine Entchen“ mit Begleitung der Band. Köstlich! Leider war die Akustik an unserm Platz nicht sehr gut und das Publikum schwätzte munter drauf los. Die Ansagen verstanden wir fast gar nicht. Aber es kostet keinen Eintritt, wofür das Bier mit 3,40 € für 0,4 l Sion Kölsch oder Radeberger Pilsner oder noch etwas mehr für eine Hofbräu Hefeweiße etwas teuerer als normal ist.
Und traf ich wen aus der Bonner Folkszene? Ja, Keth war da, und wir fuhren zusammen mit der Bahn zurück.

Funxion:
http://www.funxion-liveband.de/
Parkrestaurant Rheinaue:
http://www.rheinaue.de/

MAS

CD-Rezension: The Reel Bach Consort – Bach goes Celtic

The Reel Bach Consort – Bach goes Celtic

Eigenverlag 2007, http://www.kannmachmusik.de/
14 Tracks, 40:09, mit ausführlichen deutschen Infos und Foto

Nun haben sie eine CD draußen, unsere Bonner Experimentalisten, die deutsche Barockmusik, vornehmlich von Johann Sebastian Bach (1685-1750) mit Irish Folk zu verbinden suchen und selbiges auch gekonnt bewerkstelligen und die sich nun The Reel Bach Consort nennen. Irish Traditionals oder das Concerto vom Turlough O’Carolan (1670- 1738) werden mit Stücken aus dem Bachwerkeverzeichnis BWV zu Sets kombiniert, aber auch Bach selber widmete ein Stück Irland, das er wohl damit zu erwecken hoffte (Ja, schlief es denn, oder war Bach etwa ein Rebell und sein Stück somit ein Rebel Song?) Tom Kannmachers und Alexanders Mays Uilleann Pipes und Hubert Arnolds Cembalo bilden schon ein merk-würdiges Gespann, was nicht negativ gemeint sind, sondern besagt, dass man es sich merken sollte. Tom und Näx holen aus den Pipes raus, was irgend geht, um zum Beispiel ein Gavotte zu spielen, Julian Goertz’ Bodhrán gibt einer Bourée einen wilden Rhythmus. Die Bach’schen Stücke werden auf diese Weise ein wenig vom höfischen Zeremoniell zurück geholt auf den Dorfplatz. Teilweise erinnert mich ihr Spiel an die Chieftains, die ja auch eine Art traditionell irischer Kammermusik aufführten.

Wer also meine beiden Konzertrezis gelesen hat und noch nicht die Kurve kriegte, ein Bach meet Celtic-Konzert zu besuchen, der greife beherzt zu dieser Scheibe, die eine Live-Aufzeichnung ist, wie ich dem einen oder anderen Huster aus dem Publikum entnehmen kann. Bach und O’Carolan würden sich freuen, denke ich, oder vielleicht sitzen sie auch gerade in einem himmlischen Pub zusammen und freuen sich tatsächlich.

Die Musiker(innen) sind:
Hubert Arnold: Akkordeon, Cembalo, Orgel
Tom Kannmacher: Uilleann Pipes, Flute
Alexander may: Uilleann Pipes, Flute, Tin Whistle
Matthias Höhn: Bouzouki, Mandoline, Gitarre
Anne Lück: Harfe
Heike Kosmider: Fiddle, Vocals
Julian Goertz: Bodhrán, Spoons, Gitarre

Trackliste:
1. The Battle of Aughrim / Return from Fingal (Trad.)
2. Wake Ireland, awake! (BWV 645)
3. Marche (V Anh. 126) / Carolan’s Concerto
International Suite No 1:
4. Allemande (BWV 816)
5. Sarabande (BWV 816)
6. Gavotte (BWV 811/ BWV 808)
7. Bourée (BWV 820)
8. Gigue (Kesh Jig, Gigue BWV 816, Haste of Wedding)
9. The Wise Musette (Musette BWV Anh. 126 / The Wise Maid)
10. Major Minuets (BWV Anh. 114, The Munster Cloak, BWV Anh. 116, Si Bheag Si Mhore, The Disty Miller II)
11. Gavotte 1012 (BWV 1012, Quodlibet: Musette BWV Anh. 126)
12. Minor Minuet (BWV Anh. 114 / Eleanor Plunkett / Comb your Hair and Curl it)
13. My Llittle Bourée (Song: “My little Boat” / Bourée MWV 996)
14. Finale (George Brabazon / Carolan’s Draught/ Wir gehn nun, wo der Tudelsack in unsrer Schenke brummt BWV 212,14)

Meine bisherigen Rezensionen dieses Projektes (auch, weil ich mich bei der CD-Rezi nicht unnötig wiederholen wollte):
Bach meets Irish Folk am 3.12.2006 in der Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/12/konzertrezension-bach-meets-irish-folk.html
Bach meets Celtic am 3.6.2007 in der Nommensens-Kirche in Bonn-Beuel-Pützchen
(bisher noch nicht im Netz)

Im Zusammenhang von Irish Folk und Barock vielleicht auch interessant:
Pure Irish Drops am 8.10.2005 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/10/konzertrezension-pure-irish-drops-in.html bzw. http://tinyurl.com/csqne

MAS

CD-Rezension: Trio Manfred Ulrich. Hallo Freunde. Volkslieder pur

Trio Manfred Ulrich. Hallo Freunde. Volkslieder pur

Musikverlag Eifelkrone 2007, http://www.manfred-ulrich.net
12 Tracks, 60:15 mit deutschen Texten, Infos und Fotos

Ja, jetzt haben wir hier mal echte deutsche Volksmusik vorliegen, ohne das jetzt musikwissenschaftlich diskutieren zu wollen, was das denn ist und ob das überhaupt gibt. Es geht um traditionelle Lieder und um Eigenkompositionen und -dichtungen im Stile derselben, aber auch (eingedeutscht) ein französisches Volks- und ein italienisches Partisanenlied. Es ist Manfred Ulrichs Anliegen, seinen Zuhörern den Zugang zu echter, unverfälschter traditioneller deutscher Volksmusik zu erleichtern. Das machen er und seine Mitstreiter Thomas Kagermann, der dereinst Fiedel Michel mitbegründete, und Wolfram Cramer von Clausbruch bei Liveauftritten rein akustisch, sogar ohne Mikrophon. Ohne ein solches kamen sie für die Aufnahme der CD freilich nicht aus, genau so wenig, wie ich ohne Lautsprecher auskomme, wenn ich sie hören will. Solche Kompromisse muss man schon eingehen. Ulrich singt die Lieder in guter alter Bänkelsängermanier, schlicht, ohne viel Schnörkel, hier und da aber auch an volkstümliche Stars wie Ronny und Heino erinnernd, was ja rein gesangsmäßig kein Manko ist. Dank Thomas’ Geige oder Mandoline und Wolframs Akkordeon oder Bouzouki klingt die Instrumentbegleitung recht abwechslungsreich, bisweilen auch vielstimmig. Da sind Einflüsse von Bluegrass, Klezmer, Musette, Dixieland zu hören, und eigentlich ist es das, was vielen volkstümlichen Interpretationen des traditionellen Liedgutes oft fehlt. Ohne das wäre es hier und da doch ein wenig langweilig. So aber ist es eine fröhliche Musik auf dieser Scheibe, empfehlenswert auf jeden Fall für Freunde des besagten Liedgutes, denen Ronny zu langweilig und Achim Reichel zu rockig ist.

Die Musiker sind:
Manfred Ulrich: Gesang, Gitarre, Mundharmonika (Kärtnerland Harmonika)
Thomas Kagermann: Gesang, Geige, Mandoline, Flöte, Gitarre, Tasteninstrumente
Wolfram Cramer von Clausbruch: Gesang, Gitarre, Akkordeon, Bouzouki, Perkussion, Bass

Trackliste:
Jetzt kommen die lustigen Tage
Der Krauter zu Frankfurt
Oh Mariechen
Bella Ciao
Hallo Freunde
Die Krone in der Kapelle zu Niederkail
Scholaren auf Reisen
Sascha
So wie wir beide
Adam und Eva
Abschied
Abends im Tal

Thomas Kagermann hat auch eine einen Seite im Netz:
http://www.kagermann.com/

MAS

CD-Rezension: Finsbury Park. fading

Finsbury Park. fading

Eigenverlag 2007, http://www.finsbury-park.de
13 Tracks, 58:18 mit englischen Texten, Infos und Fotos

Folk ist ein weites Feld, sogar die Sparte Irish Folk lässt vieles zu. So kann man auch bei dieser CD des Kölner Trios Finsbury Park dem kleingedruckten Hinweis auf der Rückseite der Hülle folgen: file under: folk. Aber vielleicht ist es doch eher Pop; oder eben Folk Pop. Ja, in diese Schublade passen die 13 fast ausnahmslos von den Musikern selbst geschriebenen Stücke, die sich zum Teil am Irish Folk orientieren, aber ansonsten ganz frei mit den Stilelementen umgehen und dabei in ruhigen Rhythmen und getragenem Gesang dahin treiben. Ines Caffiers Gesang dominiert vor einem Klangteppich von E-Gitarren, Elektronik und Schlagzeug. Mich erinnert einiges an Filmmusik aus den 1980ern, etwa von „Patrick Pacard“ oder „Oliver Maas“, gerade das Titellied „Fading“ hat aber auch was von Gothic, und so wäre die CD vielleicht ja auch was für Antichrisis-Fans, vielleicht. Auch wer Sperris & Wicca mag, wird Gefallen an dieser CD finden. Sie ist vor allem sehr verträumt, was auch für die Texte gilt und für die schönen Naturfotos im Büchlein. Mir persönlich fehlt etwas der Drive, auch bei „Farewall To Ireland“ das eher so dahin plätschert, während der „Monaghan’s Jig“ mit etwas Orient- und Mittelalter-Rock-Flair sehr interessant klingt. Aber ich bin nicht das Maß aller Dinge. Meine siebenjährige Großnichte Sarah zum Beispiel, der ich eine meiner beiden CDs schenkte (ich erhielt zwei, da ich auch für den Folker! eine Rezi schreiben soll) war ganz hin und weg und hörte sich die Scheibe immer wieder von vorne an. Und da meinte meine Schwester, Sarahs Oma, ich solle ihr doch nicht immer so Musik schenken, die sei doch nichts für Kinder, ich hätte sie in dem Alter auch nicht gehört. Ich entgegnete, ich hätte auch keinen Onkel gehabt, der mich da heran geführt hätte. Nun ja, meine liebe Schwester hört immer Schlager und behauptete felsenfest, es gebe kein mallorcinische Volksmusik, nur weil sie solche in den Strandrestaurants in Palma de Mallorca nie gehört hat. Und Sarah, die ich frug, was ihr denn an dieser CD so besonders gut gefalle, erklärte: „Sie ist einfach schön!“

Die Musiker(innen) sind:
Ines Caffier: Vocals & Flutes
Volker Hauswald : Electric & Acoustic Guitars, Mandolin, Dobro, Percussion, Backing Vocals
Volker Müller: Akkordeon, Keyboards, Samples & Programing, Reed Organ, Percussion, backing Vocals
Und als Gäste:
Stefan Neldner: Frettless Bass
Christian Saettele: Clarinet
Andreas Lasonczyk: Percussion
Melanie Pickhard: Violin

Trackliste:
Semi-Cowgirl
Cuja
Fading
Morning Dew
Sweet Sir Galahad
The World Can Wait
Farewell To Ireland
Hills Of Clare
The Flower Of Magherallyo
Emma’s Garden
Goodbye
Monaghan’s Jig
Silly Dream

Anschließend gibt es noch einen Hidden Track, ein fröhliches, schwungvolles countryähnliches Lied namens “It’s a sunny day“, das mir wirklich gut gefällt!

MAS

Saturday, July 14, 2007

Konzertrezension: Urban Trad am 14.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Urban Trad am 14.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Das dritte keltische Konzert des diesjährigen Bonner Sommers, der seinen Keltenschwerpunkt wegen des derzeit in Bonn stattfindenden Keltologenkongresses erhielt, bestritt eine Band, die keine keltische Folkband im strengen Sinne ist, also weder aus einem heute keltischen Land stammt, noch sich ausschließlich oder auch nur schwerpunktmäßig der keltischen Musik verschrieben hat, aber die dennoch einen unverkennbaren Einfluss der keltischen Musik unterliegt. Es handelte sich um Urban Trad aus Belgien, und ja, die Belger waren Kelten, aber das ist lange her.

Der eigentliche Grund, Urban Trad zu buchen ist wohl in deren 2. Platz beim European Song Contest 2003 zu suchen. Das hatte mich damals sehr gefreut, dass eine Folkband bei diesem Schlagerwettbewerb so gut abschnitt. Umso enttäuschender war, dass Dervish, die dieses Jahr für Irland antraten, keinen einzigen Punkt erlangten. Ich hörte dazu verschiedene Meinungen, habe ihren Beitrag aber selber nicht gehört, und will dazu auch nicht mehr schreiben.

Der Marktplatz war kurz vor 20 Uhr bei weitem noch nicht so voll wie zur gleichen Uhrzeit vor dem Capercaillie-Konzert. Ist Capercaillie doch noch bekannter, auch beim „normalen“ Publikum, also nicht nur bei den Folkies? Aber auch bei Urban Trad füllte er sich schnell, nachdem sie erst mal angefangen hatten. Auch Bonner und Kölner Folkies waren dabei, wenn auch weniger als bei Capercaillie. Bijan war da, Till auch, und auch Ralf & Ellen.

Und wer war auf der Bühne: Aus Zuschauerperspektive stand zunächst links Dirk Naessens aus Leuven (Violine), Philip Masure aus Schoten (Gitarre), Yves Barbieux aus Gossellies (Blockflöte, Tin & Low Whistle, Sackpfeife, Bandleader), Sophie Cavez aus Woluwé (Diatonisches Akkordeon), dahinter von rechts nach links Cédric Waterschoot aus Elsene (E-Bass) und Michel Morvan aus Brüssel (Schlagzeug). Nach einem Instrumental traten noch Véronica Codesal aus Uccle und Soetkin Collier aus Beveren-Waas, die beiden Sängerinnen der Band hinzu. Außerdem gab es noch einen Musiker am Computer, der den eine oder anderen Rhythmus elektronisch beisteuerte. Das ging ordentlich ab, heftig, kräftig, groovig, folkig, poppig, etwas jazzig, und sich aus allerlei europäischen Musiktraditionen speisend, natürlich der irischen und schottischen, und auch der flämischen, wallonischen und französischen, der bretonischen, der galizischen, dann auch der bulgarischen, mazedonischen, ukrainischen, dass alles mal ordentlich von einander getrennt, mal in ungebremster Fusionsfreude. Die beiden Damen sangen auf Französisch, Englisch und in der Phantasiesprache, mit der sie besagten zweiten Platz des ESC gewonnen hatten, wobei das Lied „Sanomi“, das ihnen den Preis bescherte, in der Zugabe dran kam.

Sie verbreiteten eine ausgezeichnete und mitreißende Partylaune. Yves, Sophie und Dirk waren sehr gut auf ihren Instrumenten, sofern man das hören konnte, Philip und Cédric sicher auch, und die beiden Sängerinnen waren auch nicht ohne, aber leider leider übertönte nicht selten das Schlagzeug alles mit seinem dumpfen Rhythmus. Das war nicht schlecht, aber einfach viel zu laut im Vergleich zu den anderen Instrumenten. Und zu dumpf, zu schlagermäßig. Dass auch elektronischer Rhythmus zum Tragen kam, sei verziehen, wenngleich ich das bei Folk nicht sehr mag. Aber selbst Garmana erlebte ich mal darauf zurück greifend. Die Perfomance war profimäßig, vielleicht daher aber auch ein wenig zu showmäßig. Das sind so die kleinen Haare in der Suppe, die aber doch ganz gut schmeckte. Die Musik von Urban Trad ist meines Erachtens absolut massentauglich und kann Folkies, Schlagerfreunde, Volkstümliche und generell das partysüchtige Volk erreichen (Ferdi war außer Rand und Band), ähnlich wie DJ Ötzi oder die Zillertaler Schürzenjäger, aber doch zehnmal besser. Ich kann mir vorstellen, dass sie auf ihre Weise Leuten den Geschmack am Folk nahe bringen, denen der Einstieg zum Beispiel über Capercaillie zu schwierig wäre und die sonst schwerlich mit Folk in Berührung kämen. Ja, lasst Urban Trad das Musikantenstadl oder die Arena in Palma de Mallorca stürmen und erobern! Den Erfolg wünsche ich ihnen! Und nach Bonn können sie auch gerne wieder kommen, ich höre sie mir gerne wieder an.

Was Ferdi und mich auch besonders freute war, dass Cédric einen Rock trug, wenn auch unsommerlich einen langen schwarz-grünen. Damit zeigte er, dass er emanzipiert ist, und hoffentlich gucken sich das wieder mal ein paar Männer mehr ab. Es wird doch wirklich langsam Zeit, dass wir Männer uns vom Hosenzwang befreien, und zwar nicht nur Ferdi und ich und eine recht überschaubare Anzahl von Männerockbewegten, sondern generell!


Urban Trad:
http://www.urbantrad.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Urban_Trad
http://www.folker.de/200603/20urbantrad.htm

Bonner Sommer:
http://www.bonn.de/tourismus_kultur_sport_freizeit/bonn_ist_kultur/bonner_sommer/?lang=de

Keltologen-Kongress:
http://www.celtic-congress-2007.com/
http://www.kultur-in-bonn.de/nc/nachrichten/archiv/anzeige/article/1184495934.html


MAS

Saturday, July 07, 2007

17. TFF Rudolstadt 6.- 8.7.2007 – Eindrücke

17. TFF Rudolstadt 6.- 8.7.2007 – Eindrücke

Das TFF, also das Tanz & Folk Fest in Rudolstadt steht seit Jahren ganz fest in meinem Kalender, und nun zum dritten Mal besuchte ich es nicht nur als Musikfreund, sondern auch als Journalist für den Folker! und den folkigen Rundbrief. Meine journalistische Tätigkeit beschränkte sich nun aber in erster Linie auf das Fotografieren, denn zusätzlich zu der üblichen Doppelseite mit Fotos vom TFF, sollen künftig auf der Folker!-Homepage noch mehr Fotos veröffentlicht werden. Und wenn ich dann ein paar Lichtbilder dabei habe, die unserem Bildredakteur Ingo Nordhofen gut genug dünken, wird man sie demnächst irgendwann online begutachten können. Interviewaufträge hatte ich sonst keine, sperrte aber trotzdem nicht nur meine Augen, sondern auch meine Ohren weit auf, um zumindest im folkigen Rundbrief ein wenig von dem Fest berichten zu können. Anders als im letzten Jahr gehe ich jetzt nicht themenmäßig, sondern chronologisch vor.

Ankunft am Samstag und eine nicht offizielle Reggae-Band

Ich bin ja immer nur am Samstag und Sonntag vor Ort, so dass ich vom Freitag oder gar vom Sonderkonzert am Donnerstag nichts berichten kann. Aber am Samstag von 10 bis 23 Uhr und am Sonntag von 11 bis 23 Uhr war ich dort und bekam schon einiges mit von dem, was 125 Solisten, Ensembles, Band mit 1091 Musiker aus 29 Ländern bei 245 Auftritten auf 26 Bühnen darboten. Petra und ich übernachten ja immer bei unserm Freund Lothar in Suhl, was auch noch eine Autostunde entfernt liegt. Gerde rechtzeitg kam ich am Samstagmorgen zu Folker!-Mitarbeitertreffen, und konnte mich danach in den Musikgenuss stürzen. Den ersten Musikkontakt hatten wir mit einer Reggae-Band, die vor dem Kino außerhalb des eigentlichen Festivalgeländes spielte und gar nicht im Programm stand. U-Free hieß sie, spielte flott und rhythmisch, auch mit Trompete und Saxophon ein wenig jazzig, und zudem sehr laut.

Mein Höhepunkt direkt am Anfang – Alkinoos Ioannidis aus Zypern

Wir mussten erst noch die vorbestellten Karten in Armbändchen umtauschen und ich meinen Presseanstecker besorgen, spinxten mal kurz in den Tanzworkshop im Stadthaus, zu dem Tants in gartn eydn aufspielte, wobei es aber sehr stark nach dem Schweiß der Tänzerinnen und Tänzer roch, dann passierten wir die Absperrung in den Innenstadtbereich, passierten einige Straßenmusiker und den Marktplatz, auf dem gerade die Brassberries aus England spielten, stoppten kurz am Folker!-Stand, wo uns Lutz einen der Werbe-Luftballons mit der Aufschrift „Folker! liebt Dich“ mitgab, der kurz darauf als Folge der sich im Sonnenlicht ausdehenden Luft zerplatzte, und stiegen hinauf zur Heidecksburg, um einen zypriothischen Liedermacher zu hören, auf den ich durch die Sonder-Klingende Post von Old Songs New Songs aufmerksam geworden war. Und ja, dieser junge Bursche mit seinen drei Mitstreitern (ich lasse Aufzählung von Bandmitgliedern in diesem Bericht mal weg, aber wer sie haben möchte, mag mich fragen, sie stehen nämlich im Programmheft) bot eine Musik mit Gitarre, Laute, Cello, Perkussion, Keyboard, Bass und vor allem Stimme, die mich total begeisterte. Es waren teils traditionelle, teils eigene zypriotische und griechische Lieder mit allerlei mediterranen und orientalischen Einflüssen, mit Polyphonien, mit Satzgesang, mit viel- und mehrschichtigen Einsätzen der Instrumente: da war es gar nicht nötig, auch noch die Texte zu verstehen, um das genießen zu können. Die Moderatorin hatte gesagt, Alkinoos Ionannidis gebe keine Interviews und mache keine Werbung und habe erst durch sie erfahren, dass seine Fans eine Fanhomepage ins Netzt gestellt haben. Ich fragte ihn aber lieber selber mal, und nein, er habe schon viele Interviews gegeben, aber ja, er meine, es sei nicht notwendig, auf diese Art Werbung für sich zu machen, die mache er lieber nur durch die Musik, und die habe ihm auch schon Platin eingebracht. Die meisten seiner Fans lebten in Griechenland und auf Zypern, wo man auch seine Texte verstehe, aber er habe auch Fans in USA, und englische Übersetzungen der Texte wolle er auch mal ins Netz stellen, wobei es auch Deutsche gebe, die extra griechisch lernten, um seine Texte zu verstehen. Das liest sich hier jetzt so, als habe er von einem hohen Ross zu mir herab gesprochen, aber nein, er war sehr freundlich und offen.

Pause auf der Burgterasse mit Dziuks Küche im Hintergrund

Vom Innenhof der Heidecksburg mit der großen Bühne sind es nur ein paar Meter hinunter zur Burgterrasse. Dort spielte Danny Dziuk mit seiner Band Dziuks Küche eine Art deutschen Folkrock mit humorvollen Texten. Doch waren die Wiese vor der Bühne und die nun der Bühne gegenüber statt wie bisher an der Wiesenseite aufgebaute Tribüne proppevoll, so dass wir nur noch hinter der Tribüne Platz für unsere Faltstühle fanden, und da war die Akustik so schlecht, dass wir von den Texten nichts verstanden und auch die Musik nicht richtig mit bekamen. Aber es gab Thüringer Bratwürste und Apoldaer Glocken-Pils (auf der Burgterrasse ist der einzige Bierausschank, bei dem es kein Köstritzer gibt, wobei mit das Köstritzer Edel-Pils eigentlich doch besser schmeckt, da es nicht so bitter ist, aber so zur Bratwurst ist mit das etwas bitterere Apoldaer auch recht), zudem den Blick über die Stadt, von woher zwei, drei andere Konzerte herauf schallten, dann kam noch Folker!-Kollegin Sabine Froese mit ihrem Mann vorbei und wir tauschten Erfahrungen und Meinungen aus, und bald hieß es weiter gehen, zum nächsten Konzert.

Vertreter des ursprünglich geplanten Länderschwerpunkts Tansania – das Mlimani Park Orchestra

Das fand wieder auf der Bühne im Burghof statt. Gut, dass die Bühne wirklich groß ist, denn das Mlimani Park Orchestra spielte mit elf Leuten, und das ist nur die Sparbesetzung. Ursprünglich war ja Tansania als Länderschwerpunkt für dieses TFF geplant gewesen, aber es war wohl zu schwierig, genug Musiker von dort zu organisieren, so dass nun die USA den Schwerpunkt bildeten. Drei Sänger, etliche Perkussionisten und Gitarristen, ein Trompeter, ein Saxophonist spielten zum Tanzen auf. Man konnte aber auch sitzen bleiben, was wir auch taten, und während diese ungemein rhythmische und melodiöse, aber nicht sehr abwechslungsreiche Musik auf mich einwirkte, entspannte ich mich total und schlief ein, zwar nur ganz kurz, aber hinterher war ich wieder voll frisch und genoss die Musik weiter und konnte nicht aufhören, mitzuwippen. Es gibt meines Erachtens keine Musik, die so eine fröhliche und entspannende Wirkung zugleich hat wie afrikanische Musik in ihrer Mischung aus Traditioneller Musik, Pop und Jazz.

Navajo Punk: Blackfire

Durch eine Bemerkung Michael Kleffs neugierig geworden, wollten wir uns anschließend Blackfire anhören, wozu wir in den Heinepark mussten, also runter von der Burg, quer durch die Innenstadt, hinüber auf die andere Seite der Saale, an deren grünem Strande besagter Park liegt, der mit großer Bühne, Tanzzelt und Konzertzelt nebst Kinderspielplatz auch immer ein wichtiger Veranstaltungsort beim TFF ist. Unterwegs trafen wir Bijan beim Tanzzelt; wo sonst? Aus dem Konzertzelt dröhnte uns eine Musik entgegen, die ich als Heavy metal, Punk oder sonst was eingestuft hätte, niemals aber als Musik der Navajo. Aber doch, es war welche, erstgenanntes aber auch. Die drei Geschwister Klee, Jenenda und Clyson Benally gaben auf E-Gitarre, E-Bass und Schlagzeug und mit Gesang eine Metal- oder Punk-Musik zum Besten, bei der ich mir Typen wie ZZ Top vorgestellt hätte, aber es waren tatsächlich Navavo, ohne Bärte, aber mit langen Haaren. Wie kann so ein schlanker Bursche wie Klee so eine tiefe, röhrende Stimme haben? Die Ansagen zwischendurch wiesen auf die Benachteiligung der Indianer in den USA, auf die Zerstörung der Wildnis, auf Krieg und Terror überall auf der Welt und die Notwenigkeit der Solidarität aller fried- und naturliebenden Menschen hin. Aus der Musik konnte ich solche Themen nicht heraushören. Und dann kam doch noch etwas He-ya-ya-Gesang, wie man ihn sich vorstellt.

Ruth-Preisverleihung an Etta Scollo, Mike Kamp, Charlie Mariano und Achim Reichel

Und wieder ging es hinauf auf die Burg. Wie üblich, gab es dort nun am Samstagabend die Verleihung der Ruth, des Deutschen Weltmusikpreises. Wie schon anlässlich der 2005er Ruth-Verleihung erwähnt, ist Folk jetzt in „Weltmusik“ integriert, auch wenn eingefleischte Folkies das bedauern. Aber gerade die diesjährige Verleihung dürfte Folkies wieder versöhnen, denn zumindest zwei der vier Preisträger sind eindeutig Folkies und keine Welties oder integrieren letzteres in ersteres. Im Übringen gab es dieses Mal keine Newcomer-Ruth, da der neue Wettbewerb Creole dieser irgendwie das Wasser abgrub, aber es gab eine Globale und eine Deutsche Rurth und zwei Ehrenruths.
Die Globale Ruth ging an die in Deutschland und Italien aufgewachsene Sizilianerin Etta Scollo, die eine jazzbeeinflusste Version traditioneller sizilianischer Musik mit Gesang, Streichern, Mandoline, Rahmentrommeln und singender Säge zum Besten gab, natürlich das alles nicht alleine, sondern unterstützt durch drei Mitmusiker. Auf diese Weise rettet sie eine alte, bäuerliche Musiktradition, ohne sie zu viel zu verändern, in die Moderne.
Die erste Ehrenruth ging an Mike Kamp für seine musikjournalistische Arbeit seit 30 Jahren. Er begründete den Folk-Michel und gibt nun seit 1998 den Folker! mit heraus. In seiner Bescheidenheit lehnte Mike es ab, im Folker! selbst gefeiert zu werden, aber wir Mitarbeiter ließen wir ihm zu Ehren (und zu Werbezwecken) schon erwähnte Luftballons vor der Bühne in den Abendhimmel steigen. Das rührte ihn dann doch. Und es platzte (fast) keiner!
Die zweite Ehrenruth ging an den amerikanisch-deutschen Saxophonisten Charlie Mariano für sein Lebenswerk. Zusammen mit Musiker(inne)n aus Südindien bot er uns eine Mischung aus traditionell indischer Musik auf diversen Trommeln, Mridangam und Gesang und Jazz auf dem Saxophon. Ich hätte kaum gedacht, dass das geht und sich auch noch so gut anhört.
Die Deutsche Ruth ging an Achim Reichel für seine „Volxlieder“. Der Hamburger Folkrocker sang auf seine rockige Weise eigene und alte deutsche Volkslieder. Dabei erinnerte er mich mal an Hans Albers, mal an Shane McGowan von den Pogues, und auch die Instrumentalbegleitung mit Gitarren, Geige, Akkordeon, Schlagzeug, Mandoline, diversen Whisltles und Flöten war sehr irisch beeinflusst, zum Teil aber auch bluegrassig und countryähnlich. Das war echt mitreißend, zu erleben, wie er bekannte Lieder, ein wenig verfremdet, aber gut erkennbar präsentierte. Und wo erlebt man es sonst, dass in der ersten Reihe stehende Männer mit tätowierten Oberarmen und Piratenkopftuch auf dem Schädel „Der Mond ist aufgegangen“ mitsingen?
Ich möchte extra auch mal den Multiinstrumentalisten Frank Wulf erwähnen, der sowohl Etta Scollo, als auch Achim Reichel auf Gitarre, Mandoline, Tin Whisles, singender Säge und anderen Instrumenten begleitete. Hut ab!

Tagesabschluss mit Nathan & The Zydeco Cha Chas

Nach so einem Konzert kann man ja schlecht schon in die Heia gehen, sondern braucht noch was zum Nachtisch. Auf der total überfüllten Burgterrasse spielte noch Nathan Williams aus Lousiana mit seiner Band heiße Zydeco-Musik, die zum Runterkommen eigentlich nicht geeignet war, sondern nur noch mehr anheizte. Wir standen auf dem Abgang zur Burgterrasse und schauten von oben auf die Bühne und konnten kaum still stehen, so jagten uns die Two Steps und dergleichen in die Beine. Nathan mit einem riesigen weißen Akkordeon und Gesang, Mark William mit dem Waschbrett, zwei weitere Brüder und noch zwei Musiker mit Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und Bass holten die Swamps nach Rudolstadt. Was nun aber der Unterschied zwischen Zydeco und Cajun ist, ob es an der schwarzen Hautfarbe der Zydeco-Musiker liegt oder woran sonst, dass das hier nicht „Cajun“ hieß, dass muss ich noch heraus finden. Vielleicht frage ich mal Rainer Zellner, ihren Tourmanager, der mich ja auch in Bonn beim Capercaillie-Konzert auf diese hier aufmerksam machte. Oder ich lese mal den Zydeco-Artikel im TFF-Programm und sage Euch Bescheid, wenn es darin erklärt wird.
Ah, und schon schickte mir Rainer Zellner eine Erklärung:
„Cajun ist rein weiße Musik, abgeleitet von der Kultur der Acadiens, die per schicksalsvoller Geschichte aus Frankreich über Canada nach Louisiana kamen. Typisch sind Walzer und Two Steps. Hauptinstrument Knopfakkordeon, Geige. Rhythmus spielt die Triangel. Gesungen in altmodischem Französisch. Zydeco ist die Adaption von Cajun durch die Kreolen, abstammend durch die Vermischung von u.a. Südamerikanern und Afrikanischen Sklaven. Deswegen auch Blues, Rock'n'Roll und Karibische Rhythmen neben Walzern, Foxtrotts und Two Steps. Beides ist Tanzmusik!“
Leider hatte Lothar Kopfschmerzen, so dass wir uns doch los rissen und die einstündige Rückfahrt nach Suhl antraten.

Achim Reichel im Schminkkasten

Am Sonntag ging es noch mal mit Achim Reichel weiter, und zwar im Schminkkasten, einem kleinen Theaterraum, in dem Mike Kamp immer Musiker interviewt. Dieses Mal interviewte hier ein Ruthpreisträger den anderen. Achim zeigte sich ein wenig belustigt darüber, dass es doch tatsächlich Hörer gibt, die meinten, ihn darauf aufmerksam machen zu müssen, dass er die Volkslieder ein wenig verfremdet singt, als ob ihm das aus versehen unterlaufe und er das nicht absichtlich mache.

Country, wie man es nicht erwartet – die Old Time Music der Crooked Jades

Hier geht es nicht um Verfremdungen, die die Erwartungen ent-täuschen, sondern eher darum, dass wir uns so sehr an einen bestimmten, von Nashville geprägten Countrysound gewohnt haben, dass die alte Art, Country zu spielen, uns ungewohnt vor kommt. Diese alte Art, die so in den 1920ern Oldtime genannt wurde, wurde uns beim TFF im Konzertzelt im Heinepark von den Crooked Jades vorgeführt, einer Band von der amerikanischen Westküste, wo diese Art der Musik eigentlich nicht tradiert wurde. Statt in Cowboy- oder Westerkleidung standen sie da in Anzügen oder im weißen Kleid, Jeff Kazor, Robin Aigner, Josh Rabie, Seth Folsom und Charlie Rose, die übringens auch von Rainer Zellner gemanagt werden. Auf Fiddle, Gitarre, Ukulele, Slide Guitar und Kontrabass, sowie mit Gesang spielten und sangen sie Tanzmusik, wie sie anno dazumal auf dem Lande im Osten der USA zu Tanzveranstaltungen aufgeführt wurde. Instrumental überwogen, wobei manchem auch mal acht Takte gesungen wurde, mehr aber nicht. Seth sang aber auch mal ein langsames Lied, anderes erinnerte an Gospellieder, eine alles in allem sehr mitreißende Musik.

Norwegische Geiger – Majorstuen

Und wieder ging es hinauf auf die Heidecksburg, auf dessen großer Bühne sechs junge Norwegerinnen und Norweger, Ranhild Furebotten, Jorun Marie Kvenberg, Andreas Ljones, um nur die Hälfte zu nennen, uns eine reine, traditionelle norwegische Streichmusik zu Gehör brachten. Geigen und Cellos kamen zum Einsatz, mehr nicht. Aber auch das ging ab, urig, etwas schwerfällig und doch flott. Die mittlerweile einsetzende Mittagshitze ließ indes weniger uns Menschen tanzen als einen Schwarm fliegender Ameisen, der den Burghof bald erfüllte. Die Tierchen hatten anscheinend Orientierungsprobleme und stießen andauernd mit uns Zweibeinern zusammen und krabbelten dann auf uns herum. Das Ende des Konzerts warteten wir trotzdem ab, da die Musik einfach zu schön war, verließen dann aber die Stätte, auf der wir uns ohne die Ameisen sonst noch das Magie-Projekt „Magic Keyboards“ angesehen und -gehört hätten.

Deutsch-Kanadischer Singer/Songwriter – Delf Maria Hohmann

Ein paar Ameisen hatten sich auch in andere Orte der Stadt verirrt, aber dennoch waren wir Menschen im Amtgerichtshof, einem gemütlichen Innenhof, wieder mehr oder weniger unter uns, abgesehen von den Mauerseglern und Turmfalken, die über uns um die Häuser kreisten. Delf Maria Hohmann hatte ich tags zuvor im Medienbüro getroffen. Ich hatte ihn vor zwei Jahren in Rudolstadt kennen gelernt. Er ist ein alter Folker!-Mensch, lebt aber seit 1982 oder so in Neufundland, in Kanada. Hier nun trat er als Straßenmusiker mit Gitarre, Banjo und kanadischen Liedern auf, zumeist auf Englisch, mit skurillen Beziehungsgeschichten und anderem zum Inhalt, dann aber auch „Frère Jaques“ auf Inuktitut, der Sprache der Inuit. Leider waren die Musiker auf der Neumarktsbühne draußen vor dem Tor des Innenhofes so Laut, dass Delf dagegen schwerlich ankam. Seine Lieder kann man aber auch auf der CD „on both sides of the main“ bestellen.

Zum Abschluss – das Abschlusskonzert

Den Abschluss des diesjährigen TFF bildete zwar nicht das Abschlusskonzert, denn danach sang noch Laurie Anderson auf der Heidecksburg, aber für uns war es so. Michael Kleff führte durch das vierstündige Programm auf der großen Marktplatzbühne, ein Gewitter schien herauf zu ziehen, entschied sich aber zum Glück für einen anderen Weg, denn von den vielen Tausend Musik freunden, die sich hier noch versammelt hatten, hatte wohl kaum jemand Regenklamotten dabei. Ich traf auch Joergen W. Lang, der mir verriet, dass er sogar mehrmals aufgetreten sei. Schade, da hatte ich das Programmheft nicht ordentlich genug gelesen. Er spielte bei 3PO mit, einer Tanzband beim Tanzschwerpunkt Polonaise. Und ich traf Heijo Hütt vom Trio Plus aus Remscheid. Aber nun zum Abschlusskonzert: Hui, das kriege ich jetzt gar nicht mehr alles zusammen, wer denn da noch je drei, vier, fünf Stücke zum Besten geben durfte: Blackfire waren dabei, Dazkarieh, eine erstklassige Folkband aus Portugal, Rainald Grebe mit der Kapelle der Versöhnung, der deutsche Volkslieder satirisch auf die Schippe nahm und ein kritisches und doch lustiges Lied über Brandenburg sang, Majorstuen geigten noch mal, Shilpagya, eine but gekleidete Tanzgruppe aus Indien bot Akrobatisches zu langweiliger Musik an, eher was für’s Auge als für’s Ohr, Tutarchela, ein georgischer Frauenchor bezauberte durch Mehrstimmenpower, einige Musiker des Magic Keyboard-Projektes, zum Beispiel Lulinha Alencar aus Brasilien, boten noch Tango und dergleichen auf Akkordeons an, und zum Schuss des Abschlusses konnten wir mit Nathan & The Zydeco Cha Chas noch ein wenig abtanzen. Ich habe jetzt sicher wen vergessen, und bitte schon mal um Entschuldigung. Nicht vergessen hatte ich, dass mir Jutta Mensing noch gar nicht über den Weg gelaufen war. Die traf ich dann hinter der Bühne, doch war sie in heller Aufregung, weil einige ältere Musiker noch wohin chauffiert werden mussten und es da Probleme gab. Rainer Zellner beklagte sich bei mir, dass so viele deutsche Freunde der irischen Musik so enge Scheuklappen hätten, sobald es um amerikanische Musik gehe. Ich konnte ihm aber einige Namen von Bonner Irish-Folkies aufzählen, die da gar keine Berührungsängste haben.

Das war es dann also wieder für dieses Jahr. Wie immer habe ich mehr nicht gehört als gehört und manches musste ich mir mangels Bilokationsvermögen schweren Herzens verkneifen. Ich schwebte noch tage- oder gar wochenlang. Nun ja, nächstes Jahr – so Gott will – geht es wieder nach Rudolstadt. Und zwischendurch gibt es hier bei uns ja auch einiges an Musik.
Und ach ja: 2008 wird Israel der Länderschwerpunkt sein, die Rahmenprogramm das Magie-Instrument, der Rcok’n’Roll der Tanz des Jahres, und es wird auch mal wieder einen Deutschland-Regionalsschwerpunkt geben, nämlich Sachsen.



Hier noch ein paar Links zu Seiten des oder über das TFF und der oder über die oben erwähnten Musiker:

TFF
http://www.tff-rudolstadt.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/TFF.Rudolstadt
Wenn Ihr hier rein schaut, seht Ihr, wie klein der Ausschnitt ist, den ich beschrieben habe:
http://www.tff-rudolstadt.de/htm/07/07.htm
Ruth
http://www.weltmusikpreis.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Ruth_(Musikpreis)
U-Free:
http://www.kulturmuehle.de/fileroom/u_free.html
Tants in Gartn Eydn
http://www.gartn-eydn.de/
Alkinoos Ioannidis
http://www.rainaldgrebe.de/
Dziuks Küche
http://www.dziuks-kueche-de/
Mlimani Park Orchestra
http://members.aol.com/dpaterson/mlimani.htm
http://www.masala-festival.de/aktuell/kuenstler/mlimani.shtml
Blackfire
http://www.blackfire.net/
Etta Scollo
http://www.ettascollo.de/
Mike Kamp
http://www.schallplattenkritik.de/bio/kamp.html
Charlie Mariano
http://www.charliemariano.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_Mariano
Achim Reichel
http://www.achim-reichel.de/
The Crooked Jades
http://www.crookedjades.com/
Majorstuen
http://www.majostuen.biz/
Delf Maria Hohmann
http://www.biohof-gensler.de/Kunststation.html
Dazakrieh
http://www.dazakreih.com/
Rainald Grebe
http://www.rainaldgrebe.de/

Und wer wissen will, wer die Menschen sind, die ich dort so zwischendurch traf und im Text erwähnte:

Michael Kleff
http://www.wdr5.de/moderatoren/michael_kleff.phtml
Sabine Froese
http://komm.bildung.hessen.de/pipermail/politik/2004-December/002730.html
Bijan
http://www.bijan-derspielmann.de/
Joergen W. Lang
http://www.oreilly.de/catalog/csstdg3ger/translator.html
http://www.danmusic.de/band/joergen_d.html
Heijo Hütt
http://www.trioplus.de/seite1.htm

MAS

Wednesday, July 04, 2007

Konzertrezension: Beoga am 4.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Beoga am 4.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Qurilig-jazziger Irish Folk riß den Bonner Marktplatz aus der Siesta eines heißen Sommertages

Es war Halbzeit des Keltischen Sommers in Bonn, denn drei Konzerte lagen schon hinter uns und mit diesem drei vor uns. Nach Bretonen, Schotten und Belgiern waren nun die Iren dran, als deren Delegation Beoga fungierte, deren Mitglieder zu 4 zu 1 aus Nordirland stammen. Ganz links (aus Zuschaeuerperspektive) saß hinter seinem Keyboard Liam Bradley aus Tobermore im County Derry, dann folgten nach rechts Damian McKee aus Dunloe und Seán Óg Graham aus Portglenone, beide aus dem County Antrim und beide Knopfakkordeons, wobei letzterer auch mal zur Gitarre griff, dann weiter rechts Eamon Murray aus Randalstown im County Antrim, der eine Bodhrán bediente und als einzige Dame, einzige Republikirin und zugleich einziges Bandmitglied, das immer stehen musste, Niamh Dunne aus dem County Limerick, die mit ihrer Fiddle und ihrer Stimme die Frontfrau der Band war.

Bei so vielen sitzenden Musikern ist es klar, dass rein optisch nicht viel Bewegung zu vernehmen war, aber was da akustisch rüber kam, ließ kaum noch jemanden ruhig bleiben. Jigs, Reels, Polkas und andere schnelle Tanztunes in atemberaubender Geschwindigkeit und dazu noch akurrater Punktgenauigkeit, manchmal stakatohaft, manchmal fließend, und dabei trotz irisch-taditioneller Wurzelhaftung voller Anspielungen auf Ragtime und andere Jazzarten, die aber keineswegs als aufgesetzte Fremdkörper dienten. Niamh begeisterte zwischendurch immer wieder mit schnellen, aber auch ruhigen Liedern das Publikum, und auch ruhige Instrumentals gab es hier und da, so dass auch für die Zuhörer, für die Jigs&Reels wie ein gleichförmiges Dideldidelda klingen (solche Leute gibt es tatsächlich) keine Gefahr der Langweile bestand. Am ehesten noch dürften die Folkies mit dieser Musik unzufrieden sein, die entweder keine Jazzeinflüsse mögen oder die meinen, Folk müsse immer etwas fehlerhaft klingen und dürfe nicht minutiös ausgearbeitet sein (auch solche Leute gibt es).

Ich finde es immer interessant, wer von unseren Bonner Folkies, soweit ich sie kenne, zu welchen Konzerten geht. Bei Beoga waren derer viele da: Sabrina, Wini, Näx & Nicole, Ellen & Ralf, Herbert, Andreas mit Freundin, und wohl noch andere. Andreas, der ja bei den Tannahill Weavers vor allem wegen der Lautstärke der Highland Pipe im geschlossenen Raum Reißaus genommen hatte, sagte zu Beoga, das sei seine Musik, und die könne gar nicht zu laut sein. Ja, so sind die Geschmäcker in der Folkszene durchaus differenziert, so differenziert wie die Musikstile ja auch sind. Einige hofften im Anschluss an das Konzert noch auf eine Chance einer gemeinsamen Session mit den Iren. Ob es dazu kam, weiß ich nicht, aber Näx erzählte voller Freude und Stolz, dass es nach dem Capercailliekonzert zu einer Session mit Michael McGoldrick gekommen sei. Ha, da wäre ich gerne dabei gewesen!

Die Seite von Beoga:
http://www.beogamusic.com/
Die von deren Tourmanager:
http://www.magnetic-music.com/
Die vom Bonner Sommer:
http://www.bonn.de/tourismus_kultur_sport_freizeit/bonn_ist_kultur/bonner_sommer/?lang=de

Frühere Rezis von mir zu Beoga :
The Irish Folk Festival – Tunes for Tara Tour am 15.11.2005 in der Philharmonie in Köln
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/konzertrezension-irish-folk-festival.html bzw. http://tinyurl.com/bvnoe
CD: The Irish Folk Festival 05. Tunes for Tara.
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/09/cd-rezension-irish-folk-festival-05.html bzw. http://tinyurl.com/cnypa

MAS