Das 1. Irish Folk Fest im Brückenforum am 12.12.2000
Das 1. Irish Folk Fest in Bonn ...
... war nichts für Puristen vom Schlage eines WR aus BN oder eines PP aus RT. Nein, es war etwas für Leute, die Spass an deftiger Folk-Rock-Kost haben. Aber eines nach dem Anderen:
Rainer, seines Zeichens Wirt der Musiktruhe in der Maxstrasse in der Bonner Altstadt, hatte dieses Fest organisiert und dazu extra die grosse Halle im Beueler Brückenforum gemietet. Selbige wurde nicht so voll, wie er es sich gewünscht hätte. Nun, ein Dienstagabend in der Advents- (neudeutsch: Vorweihnachts- und damit sehr stressige Zeit) war auch nicht sooo günstig. Aber so hatte jeder genug Platz zum Tanzen, und es tummelte sich einiges auf der Tanzfläche.
Drei deutsche Gruppen spielten also zum Tanze auf: Den Anfang machte die Bantree Band aus Worms. Das war wirklich Rock (obwohl sie alle Hosen trugen): Gitarre, E-Gitarre, Bass-Gitarre, Schlagzeug und Keyboard, gespielt von vier Musikern, darunter eine -in, und zwar eine Irin, die nicht schlecht sang. Aber manchmal war vor lauter Bass und Heavy die eigentliche Melodie kaum noch zu vernehmen, und das, obwohl sie fast ausschliesslich Traditionals spielten. Das letzte Stück war eher eines aus dem Country-Rock-Bereich, und mir scheint, da liegt ihr eigentliches Talent.
Die Lokal Heroes aus Bonn überraschten mich. Ich hörte sie zum vierten Mal, und sie schienen besser als je. Fünf Musiker mit Gitarren, Keyboard, Tinwhistles, Blockflöten, Sackpfeifen (ein französischer und einer aus der Renaissance), Akkordeon, Schlagzeug gaben schwerpunktmässig Pogues-Versionen bekannter Songs zum Besten, die sie mit Jigs und Reels abwechselten, sowie einer wunderbaren Air auf der Tinwhistle. Die besonders gute Imitation der Pogues hatte aber auch den Nachteil, dass ich gelegentlich auf eine besondere Stelle erpicht war, die dann doch anders gespielt wurde. Matthias, der u.a. Sackpfeifer der Gruppe, sagte mir... Nee, das lasse ich lieber, denn das war vielleicht doch nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Jedenfalls spielt er noch in einer anderen Band mit, auf deren Homepage er aufmerksam machte: http://www.morris-open.de. Die Lokal Heroes spielen wieder am 27.1.2001 in der Harmonie in Bonn-Endenich.
Dann, von ihrer Fangemeinde sehnsüchtig erwartet: Paddy goes to Holyhead aus Darmstadt. Was soll man sagen? Ihre aus irischen Pub- und Rebel-Songs hervorgegangene Musik ist ja nicht mehr so eindeutig einzuordnen. „German Folk-Rock“ und „Irish Folk-Pop“ sind Begriffe, die ich mal las. Ihre Eigenkompositionen lassen slavische Einflüsse erkennen, nicht nur wenn „Ivan Kalaschnikow“ die Geige spielt. Sie heizten mit Geige, Gitarren, Mundharmonika, Tinwhistle, Keyboard und einem superguten Schlagzeug dem Publikum ordentlich ein, und das ohne dabei hektisch oder grell zu werden. Nein, die Musik wogte in ruhigen und kräftigen Wellen durch den Saal, wenn auch noch nicht so, wie man es vielleicht von Rawlins Cross kennt, aber die Richtung stimmt. Kalle erinnerte mich hinter seinem Schlagzeug an Pilote von „Farscape“, der mit seinen vielen Armen (oder waren es nur zwei?) das Raumschiff sicher durchs Weltall steuert. Der könnte auch alleine den Saal unterhalten, was er auch in einer ca. zehnminütigen Soloeinlage tat. Ich wünsche ihm, dass er seinen Studienabschluss in Chemie nächstes Jahr genau so gut hinkriegt!
Der 1. Irish Folk Fest in Bonn war also etwas ganz etwas anderes als die Irish Folk Festivals, an die der Name doch erinnert. Wenn ich mir selber auch wünsche, dass beim nächsten Mal, so es ein solches gibt, auch etwas weniger rockige, dafür mehr traditionelle Musik dazu käme (wie wäre es z.B. mit den Rolling Waves aus Bonn), so bin ich mir doch nicht sicher, ob es das selbe Publikum ansprechen würde. Eine Gruppe mit weniger aufwendig aufzubauender Technik zwischendrinn würde wohl auch die Umbaupausen verkürzen, die mit 20 Minuten doch sehr lang waren. Bei den Irish Folk Festivals lösen sie dieses Problem jedenfalls auf die Weise ganz geschickt.
So, ich hoffe, nicht so viel Unsinn Geschrieben zu haben! Falls doch möchte ich mich damit entschuldigen, dass ich eben kein Musik-, sondern Religionswissenschaftler bin.