Thursday, September 27, 2007

Konzertrezension: The Paperboys am 27.9.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

The Paperboys am 27.9.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Spanisch beeinflusster Irish Folkpop aus Kanada ließ die Tische wackeln

Zum zweiten Mal schon in diesem Jahr waren die Paperboys zu Gast im Bungertshof, und es waren tatsächlich auch Leute im Publikum, die ihren letzten Auftritt im Mai miterlebt haben und nun wieder kamen. Ich hatte sie vor einigen Jahren mal auf einem St. Patrick’s Day Celebration Festival in Köln gehört und auch ihre neuste CD rezensiert. Im Vergleich zu ihrem Auftritt im Mai, den ich nicht erlebt habe, und zur CD waren aber nun zwei Musiker ausgetauscht. Statt Kendel Carson bediente Miranda Mulholand die Fiddle und statt Geoffrey Kelly spielte David Gossage die Flute und Whistles. Bandleader und Frontsänger Tom Landa mit Gitarre und Jarana (einer kleinen mexikansichen Gitarre), Brad Gillard mit Banjo und E-Bass und Matt Brain als Schlagzeuger und Perkussionist waren selben. David Gossage war aberauch damals in Köln dabei und ebenso erlebte ich ihn beim SPDCF 2005 in Brühl zusammen mit Kirk MacGeachy im Duo. Als ich ihn herein kommen sah, freute ich mich noch mehr auf das Konzert als ich es ohnehin schon tat.

Ja, die Zeitungsjungen und das Mädel legten dann auch gleich kräftig los in ihrem ganz eigenen Stil: die Grundlage bildete moderne Irish Folk Musik, diese erhielt einen kräftigen Schuss spanisch-mexikanischen Einfluss – wenn auch spanische Texte nur die Ausnahme waren -, das Ganze wurde rockig-poppig aufgemischt und mit einer ordentlichen Prise Jazz verziert. Ganz zum Schluss kam dann auch noch etwas Rap dazu: „I say ‚paper’, you say ‚boys’ als Wechelgesang mit dem Publikum. Das ging wirklich ordentlich ab, in schnellen, aber nicht gehetzten, sondern eher ruhig wiegenden Rhythmen, mit denen sie auch gut und gerne eine große Halle in Wallung hätten bringen können. Und David Gossage verdoppelte zumindest für meinen Geschmack die Qualität der Band geradezu. Egal ob auf der hölzernen oder der metallenen Querflöte, auf der Tin oder der Low Whislte, er umspielte die Hauptmelodien so virtuos und abwechlsungsreich oder übernahm selber die Hauptmelodie, wechselte zwischen rasantem Reel und jazziger Improvisation hin und her, und zwischendurch spielte er auch noch Mundharmonika und E-Gitarre, wobei er während eines Stückes manchmal mehrmals die Instrumente wechselte. Das war einfach sagenhaft, oder wie Ralf Wolfgarten von den Lokal Heroes es ausdrückt: Ein Tier auf allem, was man blasen kann. Im Verleich zu dem Aufritt mit Kirk MacGeachy konnte er sein Können zwar nicht so richtig ausleben, da er sich ja an die Bandvorgabe halten musste, und dabei schien es so, als legten sie ihm Zügel an, aber er treib diese auch vorwärts, gab ihr also die Sporen, das es nur so eine Wonne war. Miranda Mulholands Fiddlespiel dagegen war auch gut, aber es lagen doch noch Welten dazwischen.

Fazit: Wer Irish Folk - Fusionen mag und kein Traditionspurist ist, der ist mit den Paperboys bestens beraten. Sie sind geniale Botschafter des Einwandererlandes Kanada, eine kanadische Mulitikulitband mit irischer Leitkultur sozusagen. Es ist somit eigentlich kein Wunder, dass im Publikum vier der Lokal Heroes saßen, die ja auch Meister der irisch-baltisch-folkig-rockigen Fusion sind. Unter dem Dach von Magnetic Music gibt es aber auch gemeinsame Projekte beider Bands. Eine solches Konzert würde ich gerne mal erleben!

Homepages der Paperboys:
http://www.thepaperboys.de/
http://www.paperboys.com/

Texte über sie:
http://folker.de/200602/07paperboys.htm
http://en.wikipedia.org/wiki/The_Paperboys

Rezensionen von mir:
CD: Paperboys. The Road to Ellenside:
online: http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2007/03/cd-rezension-paperboys-road-to.html
16. St. Patrick’s Day Celebration Festival am 9.3.2005 in Max Ernst Museum in Brühl (mit David Gossage):
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/03/konzertrezension-16-st-patricks-day.html bzw. http://tinyurl.com/bnmzt

Ach ja, ich traf auf dem Konzert den Fotografen Eckhard Henkel, der Bilder machte und sie ins Netz stellte:
http://www.foto-onkel.de/2007-09-27_The_Paperboys,_Bungertshof,_Koenigswinter/index.htm

Homepages der Veranstalter:
Magnetic Music, Petr Pandula:
http://www.magnetic-music.com/
Bungertshof:
http://www.bungertshof.de/

MAS

CD-Rezension: Geraldine Mac Gowan. Through the Years

Geraldine Mac Gowan. Through the Years

Eigenverlag 2007, http://www.geraldinemacgowan.de
14 Tracks, 66:26 mit verträumte verfremdeten Fotos von Shay MacGowan und Brian O’Connor und wenigen engl. Infos, aber ohne Büchlein und somit ohne Texte

„I won’t Stopp singing“ hatte mir Geraldine MacGowan in einem Interview für einen Folker!-Artikel gesagt. Das war vor zwei Jahren, und ja, es steht nicht nur wieder eine Deutschlanftournee an, sondern es liegt auch wieder eine CD vor. Es ist eine Art Best of, oder wie sie es selber auf der Rückseite des Covers schreibt: „’Through The Years’ is a collection of my favourite Irish songs & tunes.“ Nun, Tunes im Sinne von Instrumentals sind es nur drei, denn sie ist ja Sängerin, aber natürlich hat auch jeder Song seinen Tune im Sinne von Melodie. Ein solches Instrumentel bildet aber sogleich den Opener, eine modern arrangierte Synopse einige bekannter Jigs, der dann aber sogleich eines ihrer meiner Meinung nach besten Lieder folgt: „Go from my Window“. Bevor ich selber nach Worten suche, die dem Lied gerecht werden, zitiere ich lieber Elise Schirrmacher die im Folker! 05/2004 die Ballade beschrieb, „bei der MacGowans Stimme so samtig glänzt, wie das Fell einer schwarzen Katze, deren Schnurrhaare langsam grau werden“. Das passt! Und überdies ist es so melancholisch, dass ich beim Hören so richtig den Blues kriege. Und zugleich beginne ich zu verstehen, warum ich den bei so vielen Blues-Stücken nicht kriege, denn mit denen ist das passiert, was auch auf dieser CD mit Liedern wie „Lowlands“ (also „The Lowlands of Holland“) oder „Jealousy“ passierte, nämlich eine groovige Modernisierung, dass sie ihre ursprüngliche Melancholie verloren und zu mitreißenden Tunes wurden, voller Rhythmus und eben Groove. Daran sind selbstredend auch die Mitmusiker „schuld“, die Geraldine erstklassig begleiten, und deren sind es, die Gastmusiker mitgeechnet, nicht gerade wenige. So ist diese CD eine wunderbare Mischung zwischen melancholischen Texten und Melodien, feinen Gitarrenpickings und vorwärts treibenden und tief furchenden Rhythmen mit Gitarren, Flöten, Mundharmonika, Akkordeon, Banjo und Bodhrán. Sehr empfehlenswert für Fans moderner Irish Folk Music vorgetragen von einer reifen Frauenstimme und modernen, aber nicht zu rockigen und nicht zu jazzigen Instrumentalisten. Und als Best off-CD ist sie zugleich wohl auch ein guter Einstieg für Hörer, die noch nichts von Geraldine Mac Gowan kennen. Ich kann nur hoffen, dass Geraldine auch weiterhin ihr oben erwähntea Versprechen hält!

Leider hat die CD kein Büchlein und somit keine Texte zum Mitlesen oder merh als die Minimalinfos. Vielleicht habe ich ja nur eine Promo-Version, aber einen derartigen Hinweise fand ich nicht.

Die Musiker(innen) sind:
Garaldine MacGowan: Lead & Backings Vocals, Bodhrán
Shay MacGowan: Lead & Backings Vocals, 6 & 12 String Guitars
Brian O’Connor: Flute, Low Whistle, Backing Vocals
Anne Conroy: Accordeon
Chris Jones: Guitar, Backing Vocals
Gastmusiker(innen): Èamonn de Barra, Shane McGowan, Paddy Glackin, Tom McDonagh, Davy Spillane, Mick Davis, Mich O’Brien, Steve Cooney, Nolliag Bridgeman, Cormac de Barra, Maire Breathnach, Gerry “Banjo” O’Connor, Jimi Slevin, Frank Mulcahy, Wayne Sheady, Frieder Gottwald, Michael Witzel, Johannes Eichenauer.

Trackliste:
1. Doolin Harbour
2. Go From My Window
3. Lowllands
4. Jealousy
5. Johnny Miner
6. Jeannie C
7. Bonny Irish Maid
8. Inishfree
9. Lark In The Morning
10. Whatever Goeas Around Comes Around
11. Battering Ram/Kinneagad Slashers/Leg Of The Dug (Jigs)
12. Streets Of Derry
13. West Coast Of Claire
14. Aill Na Searrach – Hill Of White Horses

Die oben erwähnte Rezi von Elise Schirrmacher findet man unter:
http://www.folker.de/200405/rezi-eu.htm#02

Bisherige Texte zu Geraldine MacGowan von mir:
Geraldine MacGowan & Band am 15.6.2005 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/06/konzertrezension-geraldine-macgowan.html bzw. http://tinyurl.com/a3knf
„I won’t stop singing“. Geraldine MacGowan. Eine irische Sängerin und ihr Verhältnis zu Deutschland. In: Folker! 05.2005, S. 20f..
Zum Teil online unter http://www.folker.de/200505/05geraldinemacgowan.htm

MAS

CD-Rezension: Whisht! touchdown

Whisht! touchdown

Eigenverlag 2007, http://www.whisht.de
11 Tracks, 52:50 mit Fotos, deutschen und englischen Infos

Hochkarrätiger Irish Folk aus Bonn am Rhein

„So steht es nicht im Baedecker“, heißt es manchmal in Merian-Heften, und hier heißt es: So steht es nicht im Folker! Gut, so sowieso nie, denn im Folker! habe ich immer viel weniger Platz, aber eine Rezi dieser CD werdet Ihr im Folker! gar nicht finden. Nicht, dass die CD eine solche nicht verdiente, nein, es ist einfach so, dass zwei der Musiker, nämlich Johannes und Sabrina selber Folker!-Mitarbeiter sind, und über Produkte von solchen wird dort lediglich informiert, aber sie werden nicht rezensiert. Da nun aber keiner der Musiker Mitarbeiter(in) beim folkigen Rundbrief ist, kann ich sie also gnadenlos verreißen oder auch in den Himmel loben, wie ich es für richtig halte.

Was ich nicht gut finde an dieser Scheibe, und das gilt auch für die Whisht!-Konzerte, die ich bisher besuchte, ist, dass sich Sabrina partout weigert, zu singen. Lieber laden sie sich eine Gastsängerin ein, als dass Sabrina mal ihre Fiddle los ließe und ein Lied ihren Stimmbändern anvertraute. Das wäre es aber auch schon, was ich zu meckern habe. Oder? Na vielleicht fällt mir noch was ein ...

Nun ist sie also da, die lang angekündigte Scheibe. Und diese beginnt nahezu flookig mit tiefen Gitarren- und Bodhrán-Rhythmen, und dann mit einem Uilleann-Pipe-Reelset, wenn auch nicht flookig, so doch so groovig, da wähnt man sich sofort bei einer der Avantgardebands der Inseln oder von Übersee. Diese Qualität zieht sich duch alle Stücke hindurch, die Musik der Uilleann Pipes oder Whistles und der Fiddle fließt nur so dahin, ist aber durchaus versehen mit markanten Betonungen der Gitarre und des Cajon oder des Bodhrán, ähnlich wie bei einem Wildfluss voller Stromschnellen, hier und da aber auch mit ein paar verträumten langsameren Keyboard- und Harfen-Partien, die aber alsbald wieder Tempo aufnehmen, ohne aber auch nur einziges Mal gehetzt zu wirken. So muss irische Musik sein! Oder, um es nicht ganz so apodiktisch zu formulieren und da ja auch ein paar bretonische Stücke und ein englisches dabei sind: so gefällt es mir!

Vier der elf Stücke sind Lieder, gesungen von Johannes, Ekhart und Holger, sowie eine Strophe von Gastsängerin Gudrun Walther, eines davon das bretonische „Brocéliande“ von Alan Stivel. Gegen den Gesang ist nichts einzuwenden, er ist sauber und recht druckvoll vorgetragen, aber die Stärken von Whisht! liegen zweifeslohne bei den Instrumentals und auch bei den Zwischen- und Begleitspielen der Lieder. Hätte ich die CD für den Folker! besprochen, hätte ich sie vielleicht als Besondere vorgeschlagen, wenn auch der Gesang nicht die ausgesprochene Stärke der Band ist. Gudrun hat doch bestimmt schon mehr als genug Termine. Vielleicht sollte Sabrina doch mal mitsingen?

Auch erwähnenswert ist, dass fünf Melodien von Johannes sind, eine davon in Zusamenarbeit mit Ekhart, und besonders erwähnenswerte ist auch, dass zumindest Johannes kein Profimusikser ist, sondern sich seine musikalische Meisterschaft neben seinem Beruf als Arzt erarbeitet hat. Hut ab!!!

Lineup:
Sabrina Palm: Fiddle
Johannes Schiefner: Uilleann Pipes, Keyboards, Lead Vocal (Tracks 3 & 10)
Ekhart Topp: Guitar, Lead Vocal (Track 8)
Holger Ries: Cajon, Lead Vocal (Track 5) Bodhrán, Percussion
Gastmusiker:
Gudrun Walther: Vocals (Track 3) (im Büchlein fehlt das h von “Walther”; ich vergaß es bisher auch immer)
Tets Halbertsma: Celtic Harp (Track 11)
Dirk Neuhoff: Double Bass (Track 3), Frettless Upright Bass (Tracks 2 & 9)

Trackliste:
1. Islandbawn
2. Pigs & Jigs
3. Broomfield Hill
4. Reidées á 6 temps
5. The Evictions
6. Loughing Eyes
7. The Kesh Clone
8. The Lazy Farmer
9. Gleanntán
10. Brocéliande
11. Polcai an Domhain

Frühere Rezis von mir zu Whisht!:
3. Bonner Irish Folk Festival am 24.4.2004 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/04/konzertrezension-3-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/7a877
Whisht! am 9.10.2004 im Feuerschlösschen in Bad Honnef
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/10/konzertrezension-whisht-am-9102004-im.html bzw. http://tinyurl.com/aqjjt
Whisht! im Bungersthof am 16.12.2005 in Königswinter-Oberdollendorf
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/12/konzertrezension-whisht-im-bungersthof.html bzw. http://tinyurl.com/bnyt7
5. Bonner Irish Folk Festival am 29.4.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/04/konzertrezension-5-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/ftoh5

Zu Gudrun Walther (ja, auch ich vergaß bisher immer das h):
Deitsch am 6.9.2006 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/09/konzertrezension-deitsch-am-692006.html
Deitsch. Königskinder.
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/cd-rezension-deitsch-knigskinder.html bzw. http://tinyurl.com/ddp3h
Cara. in between times.
http://www.folker.de/200704/bescd.htm#01

MAS

Sunday, September 23, 2007

Konzertrezension: Sessioneers und Greenwood School am 23.9.2007 auf dem Münsterplatz in Bonn

Sessioneers und Greenwood School am 23.9.2007 auf dem Münsterplatz in Bonn

Das ist keine Rezension, aber doch eine Notiz. Letzten Sonntag spielten einige unserer Bonner Irish-Session-Musiker unter dem Namen „Sessioneers“ (Achim Weimer auf dem Bodhrán, ein Querflöter, dessen Namen ich nicht kenne, Alexander „Näx“ May auf Uilleann Pipes, Tinwhislte und Gesang, Nicole Maldonado auf Fiddle und Gesang und Werner Nitsche auf der Gitarre in einem Zelt auf dem Bonner Münsterplatz zum Tanze auf. Auf ihre Musik tanzten Teilnehmerinnen der Tanzkurse der Greenwood School unter der Anleitung von Jelea Haramis und Heike Fröhling, dann aber auch normales Volk, erst recht unter Anleitung. Das war sehr hünsch anzuschauen und sehr schön wie immer anzuhören. Zum Mittanzen hatte ich gerade keine rechte Lust. Dass auch Näx sang war ein Schmankerl besonderer Art. Die Veranstalung fand im Rahmen des NRW-Projekts „Ab in die Mitte“ statt. Sowas könnte es ruhig öfter geben!


Sessioneers (keine Gruppe, aber ein Überblick über die Irish Sessions der Region):
http://www.sessioneers.de/
Jelena Haramis & Heike Fröhling:
http://www.schottisch-gaelisch.de/texte/storas/Jelenaheike.html
http://www.khadira.de/greenwood/impressum.shtml
Ab in die Mitte:
http://www.mybonn.de/main.php?seite=top-events/news-2007-05-001

MAS

Saturday, September 22, 2007

Konzertrezension: 27. Lahnsteiner Bluesfestvial am 22.9.2007 in der Stadthalle Lahnstein

27. Lahnsteiner Bluesfestvial am 22.9.2007 in der Stadthalle Lahnstein

Kein Grund, den Blues zu kriegen – mitreißendes Festival im „Mekka der Bluesfreunde“

Den Blues könnte ich höchstens kriegen und mir selber in den Allerwertesten treten, weil ich, der ich doch aus Lahnstein stamme und bis 2001 auch noch meinen Zweitwohnsitz in der elterlichen Wohnung dort hatte, erst jetzt, in dessen 27. Jahr, das Lahnsteiner Bluesfestival zum ersten Mal besuchte. Da muss schon ein Bretone kommen, um mich, der ich ja sonst Celtic Folk-Fan bin, mit einer freundlichen Einladung mal zu diesem Zwecke zu bewegen, die mir durch viellerlei andere Veranstalungen bekannte Stadthalle in Oberlahnstein aufzusuchen. Der Bretone ist Yannick Monot und ist eigentlich Cajun-Musiker, Mitbegründer von Le Clou und lebt seit vielen Jahren im Rhein-Lahn-Kreis und trotzdem im Verteiler meines folkigen Rundbriefes für Bonn, Rhein-Sieg und Umgebung. Nun ja, was heißt „trotzdem“? Umgebung ist es ja noch.

Warum dieses so bedeutende Festival bisher nahezu gänzlich, also abgesehen von Radio- und Fernsehübertragungen, an mit vorrüber ging, ich kann es nicht begründen, zumal ich gerne Blues höre. Der Mensch ist endlich und hat Grenzen, wenn bislang auch ganz unnötige.

Lahnstein wurde tatsächlich schon „das Mekka der Bluesfreunde“ oder „des Blues“ oder so genannt, sogar in einer „Bilderbuch Deutschland“-Sendung über die Lahn ist das Lahnsteiner Bluesfestival erwähnt. Und tatsächlich standen zwei Autos vom SWR auf dem voll geparkten Saalhofplatz vor der Stadthalle. Ich dachte sofort ans Äffle und’s Pferdle und ihren „Hafer- und Bananenblues“. Gepäckkontrolle an Eingang, noch eine Absperrung zwecks Kartenkontrolle, dann hoch die Treppen über den 70er-Jahre-Teppichboden, der seine saubersten Zeiten längst hiner sich hat, hinein ins Gewühle der Blueser und Bluesfreunde, die teilweise recht bullige Typen, aber ansonsten ein guten Querschnitt des normalen Volkes. Die weiteste Anreise hatte laut Info des Moderators Thoma C. Breuer ein Ehepaar aus Fuerteventura.

Nun aber zur Musik: Yannick Monot hatte schon im letzten Jahr extra für das Lahnsteiner Bluesfestival eine eigene Combo auf die Beine gestellt, die sich Lahnstein Blues All Stars nennt. Diese, aber wenn ich es richtig verstanden habe, wieder mit anderer Besetzung oder zumindest zum Teil, eröffnete auch das diesjährige Festival. Yannick sang und spielte Gitarre, Mundharmonika (im Programmheft immer als „Harp“ bezeichnet, aber ein Harfe war weit und breit nicht zu sehen) und Akkordeon, wobei er vor allem letzterem, wenn auch ganz dezent, ein paar Cajun- oder Zydeco-Akkorde entlockte. Biber Herrmann, ein gelernter Winzer aus dem Rheingau, sang ebenfalls und spielte Gitarre und Mundharmonika, aber auch Dobro, also Metallgitarre. Er meinte zudem, dass man ja meinen könne, ein Weißer dürfe keinen Blues spielen, denn der sei die Musik der unterdrückten Afroamerikaner, aber wer im Rheingau bei 40°C im Weinberg Unkraut gejätet habe, könne die Arbeit auf den Baumwollfeldern im Süden der USA sehr gut nachvollziehen und wisse auch sehr gut, was ein Blues sei. Klaus Nol bediente einen Kontrabass und Peter Bingart ein Piano, sowie eine Melodica, das er vor sich auf dem Klavier liegen hatte und ihm die nötige Luft durch ein Mundstück mit Schauch zukommen ließ. Dann war noch ein Gitarrist dabei, nämlich Lulu Reihnard aus Koblenz, dessen Gitarrenspiel, auch bei einem musetteähnlichen Walter starke Flamencoeinflüsse aufwies. Lulu stammt aus einer Roma oder Sintifamilie, so wie der berühmte Chango Reinhard. Nina Thomas, auch aus Koblenz, bediente „nur“ ihre Stimmbänder, denen sie aber einen volltönigen Gesang entlockte, der auch einer schwarzen Gospelsängerin zur Ehre gereichen würde. Schließlich war da noch mit Gitarre und rauer, eigentlich kaum vorhandener Stimme, Werner Lämmerhirt, der dem Blues eine gute Portion nordeutschem Fingerpicking und Deutschfolk hinzu gesellte. Diese Combo spielte eine Musikmischung, die nach meinem Verständnis zur Hälfte aus Blues im engeren Sinn und zu anderen Hälfte aus Swing, anderem Jazz, Deutschfolk, Flamenco, Gospel, Country, Cajun und anderen Musikstilen bestand, ein buntes Mosaik also, und so gar nicht geeignet, einen traurig zu stimmen.

Der zweite Act war eine Preisrede von Reinhard Lorenz vom Internationalen Jazz- und Bluesarchiv Eisenach auf Günther Kieser, einen Künstler, der sich seit den 1950ern als Entwerfer von Konzertplakaten und Plattencovers einen Namen gemacht hat. Wie auch in Rudolstadt des öfteren erlebt, war das Publikum anschließend großenteils froh, als die Rede vorbei war und die Musik weiter ging. Dabei was das doch sehr interessant, die Vita eines Menschen zu hören, von dem ich noch nie etwas gehört hatte, der sich aber um die visuelle Darstellung musikalischen Schaffens so verdient gemacht hat. Bevor er sich an die konkrete Gestaltung eines Plakates gemacht hat, soll er sich zuerst tief in die Musik des betreffenden Musikers hineingehört haben, so zum Beispiel in die von Jimmy Hendrix. Es gab auch eine kleine Ausstellung in einem anderen Raum, die ich mir in einer Pause anschaute. Plakate aus der Zeit vor meiner Geburt, zum Beispiel vom American Folk Blues Festvial von 1962 und anderen Jahren, als Folk und Blues noch die Musik einer breiten Jugend war, neben Jazz, Rock, und Schlager die Massen erreichte. Oder wie war das damals? Das irische Folk Revival stand zu der Zeit jedenfalls noch bevor. Dem Künstler wurde dann natürlich auch ein Preis verliehen, eine kleine Skulptur, nicht unähnlich der Ruth, nur hier Blues-Louis mit Namen, benannt nach Louis Amstrong, den ich bislang nicht mit Blues in Verbindung gebracht hatte. Dieser Preis wird seit 1997 jährlich vergeben, und zu den Preisträgerinnen gehört auch die in Folk-Kreisen berühmte Hildegard Döbner, an deren Küchentisch in Witten dereinst Johannes Epremian erstmals auf Le Clou traf. Zur Feier des Preisträgers spielte eine Frankfurter Band namens Herbert Christ And His Bluesicians, bestehend aus Hebert Christ (Trompete, Horn und Gesang), Olaf Polziehn (Flügel), Achim Hamacher (ein riesiges Ding von Bass Saxophon) und Siggi Gerhard (normales Saxophon), sowie noch mal Biber Herrmann (Gesang und Gitarre) ein paar doch eher wieder jazzige Stücke zwischen Swing und Dixieland und vor allem in dem Stil von Louis Armstrong, doch auch ein paar eigentliche Bluesstücke, darunter ein von Biber auf Deutsch gesungenes Loblied auf den Preisträger.

Dann gab es die Pause, in der ich froh darum war, mit trotz des Sponserings und daher auch der Herrschaft über den Biersausschank von Bitburger ein Lahnsteiner Weizenbier zu ergattern und für Petra einen trockenen Silvaner und uns beiden Flammkuchenbaguettes. Lecker! Derweil war zwar Yannick, den ich natürlich begrüßen wollte, schon wieder entschwunden, aber ein Schulkamerad von mir, der seit 1983 fast jährlich das Bluesfestival besucht, und der Braubacher Bluesmundharmonikaspieler Willi Küppers, den wir schon ein paar Mal in Bonn, Siegburg und Lahnstein gehört hatten, kreuzten unsere Wege.

So gut uns schon die ersten beiden Band gefallen hatten, so sehr riss uns nun die Charlie Musselwhite Band mit, die nicht, wie ich erst dachte, nach einer Verenglischung des Koblenzer Stadtteils Moselweiß benannt war, sondern eben nach Charlie Musselwhite, einem Südstaatler Chaktaw-indianischer Herkunft (ja das Programmheft ist voller Hintergrundinfos), der seit Jugendzeiten in Chicago wohnt. Der 1944 Geborene spielte schon mit Muddy Waters, Howlin Wolf und John Lee Hooker – wem die Namen dieser Blueslegenden was sagen. Charlie spielte Gitarre, Mundharmonika und sang, Chris „Kid“ Anderson aus Norwegen spielte E-Gitarre, Randy Bermudes aus USA E-Bass und June Core aus USA Schlagzeug. Und wie man bei dieser mitreißenden Musik den Blues bekommen kann, ist mir echt ein Rätsel. Ja gut, die Texte, so man sie verstand, waren ernst bis traurig, aber die Melodien und Rhythmen wirkten zumindest auf mich eben mitreißend oder aber cool-entspannend-wiegend, blues-rockig. Petra und ich sagten spontan: „Das klingt nach Sommer ’97“, denn vor 10 Jahren und je (fast) 10 kg waren wir oft bei der Blues Session in der Jazz Galery in Bonn zu Gast, und der Rhythmus bestimmte den damaligen Sommer, den wir auch großenteils am und auf dem Rhein verbrachten, ahc ja, der war blau und der Himmel darüber auch und weit und groß, ja, das war auch eine Art Blues Feeling, aber ohne Traurigkeit, eher im Sinne von „blau machen“. Einiges erinnerte mich auch an Chris Rear oder war eher soulig, aber dann ging anderes so schnell ab, dass ich mal versuchte, die Takte zu zählen und dabei feststellte, dass es nach 16 Takten Wiederholungen gab, ja, 16/8, Reel-Rhythmus.

Den Blues bekamen wir aber dann, als ein Blick auf die Uhr uns zeigte, dass es Zeit zum Aufbruch war. Denn justament in diesem Monat zeigte es sich, dass mein 1988er Ford Scorpio nur noch mit hohem finanziellen Aufwand über den TÜV kommen würde und gerade der Kühlungsventilator kaputt war, so dass wir lieber mit Bahn und Bus hergereist waren, um nicht mitten in der Nacht irgendwo liegen zu bleiben. Dabei hätte ich die Rorymania so gerne gehört, denn das war eine Hommage an einen irischen Blueser namens Rory Galagher (1949-1995), und im Programmheft steht einiges über Parallelen zwischen afroamerikanischen und irischen Schicksalen in Amerika und zwischen Blues und Irish Folk. Aber nein, ich mochte selber eine Lamentation anstimmen, es half nichts, zwar nicht das Schiff nach Americae, aber der Bus zum Koblenzer Hauptbahnhof hatte einen Fahrplan, der keine Rücksicht auf unsere Bedürfnisse nahm, und auch so waren wir erst gegen 1.20 Uhr wieder in Siegburg, während das Bluesfestival noch bis nach Mitternacht zu dauern angekündig war. Jetzt hoffe ich sehr, die SWR-Fernsehübertragung nicht zu verpassen, wenn sie denn ausgestrahlt wird und vielleicht im nächsten Jahe meiner Heimatstadt wieder einen bluesigen Besuch abstatten zu können.

http://www.lahnsteiner-bluesfestival.de

MAS

Saturday, September 15, 2007

Konzertreznesion: An Rinn am 15.9.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

An Rinn am 15.9.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Irish Folk in MGV-Qualität aus Niedersachsen zu Gast beim FiF

Petra und ich waren froh, schon um 19.30 Uhr im Feuerschlösschen zu sein, denn ansonsten hätten wir wieder nur Stehplätze bekommen, wie so anderen Musikfreunden geschah, denn es wurde rappelvoll. Lag es an dem Wetter, das zu schön war, um zu Hause zu bleiben oder nicht warm genug zum Grillen im Garten oder für den Biergarten, lag es daran, dass es die erste FiF-Veranstaltung im 2. Halbjahr 2007 war oder lag es etwa an der Musik?

Zu Gast war an diesem Abend das Quintett An Rinn aus Bramsche in Niedersachsen, und dieses hatte vor allem Lieder aus Irland und Schottland und den USA dabei, aber auch einige Instrumenals aus eben diesen Ländern und aus Dänemark. Von links nach rechts aus Zuschauerperspektive saßen oder standen da Alexander Maßbaum (Vocals, Accordeon, Flute, Bodhrán, Low & Tin Whistle), Martin Czech (Vocals, Fiddle, Banjo, Guitar, Hammer Dulcimer), Brian McSheffrey (Vocals, Bodhrán, and other things), Matthias Malcher (Vocals, Guitar, Banjo, Dobro) und Helmut Henke-Tiede (Vocals, Bass, Guitar, Bouzouki, Madolin). (Ha, das brauchte ich jetzt nur aus der CD-Rezi zu kopieren). Und nein, das Steigerlied sangen sie leider nicht, sondern blieben englischsprachig, sangen ein-, zwei und mehrstimmig Balladen und Shanties, zumeist mit Inhalten von der Arbeit, der Seefahrt (soll ja auch Arbeit sein), dem (meist unfreiwilligen) Reisen, von Outlaws und unschuldig Verurteilten, man mochte glauben, sie seien überall dabei gewesen: Das Foyer des Feuerschlösschens wurde zum Bergwerk oder zum Segelschiff. Und das alles bekam durch die beiden, nicht gleichzeitig eingesetzten, Banjos (ein lang- und ein normalkurzhalsiges) einen Hauch von Bluegrass mit. Dann Jigs, Reels, ein dänischer Tanz und andere Instrumentals, flott gespielt, auch auf dem Dulcimer rasant gehämmert. Lustige Bemerkungen, gegenseitiges Auf-den-Arm-Nehmen lockterten es noch mehr auf. Und wem das immer noch nicht genug war, der wurde aufgefordert, mit zu singen, was wir auch alle taten, so dass Brian, der echte Ire der Truppe, strahlte vor Glück, als er wie ein Dirigent die Arme schwenkte. Dass anfangs Alexanders und Martins Instrumente zu leise waren, was nach entsprechendem Hinweis korrigiert wurde, sei nur nebenbei erwähnt. Dafür waren die fünf Stimmen, die teils wie ein ganzer Männergesangsverein klangen, um so lauter. Mike Kamp meinte: Nicht viel anderes als in den 60ern, aber sehr gut gemacht.

Ja, ihr lieben Rundbriefleser(innen), das Feuerschlösschen war auch ohne Euch voll, aber ich habe auch wirklich bewusst keinen von Euch da gesehen, außer Mike und Jutta, die das Ganze ja organisierten. Selbst Schuld!

http://www.anrinn.de/
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu

Früher Rezi von mir zu An Rinn:
An Rinn. Coal. Songs of the working man.
In: Folker! 02.06., S. 88.
online: http://www.folker.de/200602/rezi-d.htm#03

MAS

Saturday, September 08, 2007

Konzertrezension: Tri Yann am 8.9.2007 auf dem Bonner Marktplatz

Tri Yann am 8.9.2007 auf dem Bonner Marktplatz

Bretonisches Finale des Keltischen Sommers in Bonn

Bei der Keltischen Nacht am 11. August, das hätte ich noch erwähnen wollen, sah ich auf dem Fahnenmast auf dem Dach das alten Rathauses eine jener Seemöven (Silbermöve, Mittelmeermöve oder Hybride dazischen, wie mir mal ein Ornitologe erklärte), die seit einigen Jahren auch in Bonn zu Hause sind, sitzen. Unten auf der Bühne klang es gerade so richtig nach den Äußeren Hebriden, man roch förmlich die salzgeschwängerte Seeluft, da stieß die Möve plötzlich ihren langen, klagenden Eruf aus und vier oder fünf andere Seemöven tauchten hinterm Rahthaus auf, als hätte die eine Möve die anderen herbei gerufen, damit auch sie Musik aus ihrer maritimen Heimat hören konnten.

Die Möven hätten mal am 8. September vorbei fliegen sollen, dann hätten sie sich aber gewundert, denn auf der Bühne breitete ein riesiger Artgenosse seine Flügel aus. Freilich, ja, diese Riesenmöve war nicht ohne weiteres als solche zu erkennen, wir rätselten, was das wohl sei, ein indianscher Schamane im Adlerkostüm oder etwa der gallische Hahn. Nein, es war eine Möve, wie mir ein Tri Yann-Fan-Paar aus Stuttgart erklärte. Tri Yann kommen zwar von keiner Insel, aber die Bretagne wird ja auch Armor genannt – nein, nicht der Liebesgott Amor! – das Land am Meer, und Tri Yann haben sich gerade dies auf die Fahnen ihres Programms geschrieben. Gleichzeitig liebäugeln sie mit dem Barock, so dass das Mövenkostüm, aber nicht nur dieses, sehr barock aussah, auch das eines Adeligen, das eines Fischers und andere Kostüme feierten das 17. Jahrhundert.

Die Musik war nun eigentlich nicht barock, wenn man davon absieht, dass die Wurzeln der traditionellen bretonischen Musik weit zurück reichen, aber noch viel weiter als vierhundert Jahre. Sie war aber eher modern, recht rockig, etwas jazzig, die Wurzlen der Band in den 1970ern, der Zeit des Folk-Revivals auch in der Bretagne, hörte man gut heraus, und natürlich folkig. Ich kann jetzt nicht exakt sagen, wer von den acht Musikern wähend des Konzertes wo stand, da sie ja fast immer in Bewegung waren. Die drei Jeans, die der Band ihren Namen gaben, Jean Chocu, Jean-Paul Corbineau, Jean-Louis Jossic, bedienten auußer ihren Stimmbändern Gitarren, Manodline, einer auch Bombarde u.a., Gérard Goron das Schlagzeug, Jean-Luc Chevalier den E-Bass, Konan Mevel Flöten, Sackpfeifen, Saxophon, Fre d Bourgeois das Klavier und Christophe Peloil die Geige, wobei diese Instrumentaufzählung nicht volständig ist. Mein Fanzösisch ist nicht so gut, dass ich die Liedtexte verstanden hätte, doch die Ansagen waren teils auf Deutsch zusammengefasst, so dass ich erstmals vernahm, dass ein mir schon bekanntes Lied von einer Ölpest handelte. Bretonsich kann ich ja noch weniger, aber dass die vielen Leute im Publikum, die bretonische Flaggen dabei hatten, gerade bei dem Lied, in dem „Breizh ma bro“ (Bretagne, mein Land) besungen wurde, die Flaggen nicht wehen ließen, wunderte micht doch. Die Melodie gibt es übringes auch in Wales und ist dort die der Nationalhymne. Einige Lieder erinerten auch sehr an die Bläck Fööss oder die Höhner, was wohl auch daran liegt, dass die Kölner nicht wenige Melodien aus dem keltischen Kulturraum entlehnt haben. Und so ziemlich am Schluss – die Kostüme hatten sie längst ausgezogen und „zivil“ weiter musiziert – sangen sie „The Leaving of Liverpool“ auf Französisch, also zumindest die Melodie dieses irischen Klassikers, aber wohl mit ganz anderem Text.

Was aber wäre ein bretonisches Konzert ohne „Fingerhakentanz“, also An Dro? Unser Bonner Tanzmeister Jürgen Weihoven und seine Frau ließen sich den Spaß nicht nehmen, und prompt wurde daraus eine Polonaise, die auch quer durch die Menge ging und der sich immer mehr anschlossen, darunter auch Tom und Frau Kannmacher, Diarmuid Johnson, der gerade auf der Durchreise von Wales nach Polen, war, Ferdi, Eckhard, den ich seit einem halben Jahr elektronische kannte und nun erstmals leibhaftig, und ich. Oder auch eine Gavotte oder eine Laridée oder anderes. Das machte Freude hoch drei! Nicht dass ich das gut könnte, aber das störte niemanden.

Das war dann das letzte der keltischen Konzerte des diesjährigen Bonner Sommers, und ich nutze die Gelegenheit, der Stadt Bonn meinen Dank für diese schöne Konzertreihe, umsonst und draußen, auszurichten. Wir saßen dann noch in der Bonner Brasserie zusammen, und auch die Tri oder auch Acht Yans kehrten dort ein, begrüßt von vielen Gästen mit einem herzlichen Beifall. Sie aber eilten vorbei ins Innere, als wollten sie mit Fans nichts zu tun haben, oder einfach ihre Ruhe. Nun ja, jeder Jeck is anders.


Mehr Infos zu Tri Yann:
http://edoll.free.fr/
http://www.folker.de/9806/triyann.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Tri_Yann

MAS

Thursday, September 06, 2007

CD-Rezension: Woltähr. Mir schwaeze Platt

Woltähr. Mir schwaeze Platt

Op der Lay 2007, http://www.voltaire-woltaehr.de
20 Tracks, 63:30 mit Fotos, Texten je teils auf Hochdeutsch, Musselfränggisch, Lëtzebuergesch, Français, Breton (keine Ahnung, was „Bretonisch“ auf Bretonisch heißt) und Infos auf Hochdeutsch

Moselfränkische Mundartmusik mit keltischem Blues in der Seele

Wow, was für ein Intro! Keyboard und Bass legen einen rhythmischen Klangteppicch vor, eine Leier kommt von unten herauf mit der Melodie von „Son ar Christr“ (= „Was woll’n wir trinken“), und wie ein aus dem Schlaf erwachender Moselwassermann singt Walter Liederschmitt den bretonischen Text dazu, urig, etwas schräg, ein Schauer fließt mir den Rücken herunter. Walter, alias Woltähr, und seine Bande bieten mit dieser Scheibe wieder eine urige, phantasievolle, rockige, bluesige und folkige Melange und spinnt dabei Zusammenhänge, auf die nicht jeder sofort käme. Wieso zum Beispiel beginnt eine Moselfränkische Mundart-CD – und um eine solche handelt es sich hier – mit einem bretonischen Lied? Und wieso wird auf der CD auch Französisch gesungen? Und wo bitte liegt Austrasien? Und wieso singt der Kerl so schräg?

Zunächst ist zu vermerken, dass Woltähr in Trier zu Hause sind. Trier indes liegt einerseits an der Mittelmosel, nicht weit vom deutsch-luxemburgisch-französischem Dreiländereck und somit an der Euregio Saar-Lor-Lux, wenn als rheinland-pfälzische Bezirksregierungsstadt auch nicht direkt in dieser Region. Trier war zudem einmal Zentrum des Siedlungsgebietes der keltischen Treverer, dann wichtigste Stadt des römischen Imperium nördlich der Alpen, später Zentrum von Austrasien, wie man die Gegend in Fränkischer Zeit nannte, und aus dieser Zeit stammt dann auch die moselfränkische Mundart, die man dort in diversen Unterdialekten spricht, wovon ich aber schon in einer früheren Woltähr-Rezi geschrieben habe. Walter Liederschmitt nun bastelt sich aus diesen Elementen ein ganz eigenes Heimatgefühl, ein einerseits recht künstliches und verkopftes regionales Identitätskonstrukt, das andererseits aber so recht in Gemüt geht. Desweitern ist zu vermerken, dass Walter ein großer Fan von Bob Dylon ist, was er wiederum mit Wolfgang Nideggen gemeinsam hat, woraus sehr wahrscheinlich die recht ähnliche Singweise der beiden resultiert: schräg eben, ein wenig wie noch nicht ganz wach (was in „Et Schloofleed“ auch thematisiert wird), aber gewollt und gut gekonnt.

Ein wenig unglücklich bin ich darüber, dass ich die Texte beim Hören schlechter verstehe, als bei den vorherigen CDs, obwohl mir der Dialekt vertraut ist. Aber gottlob sind die Texte ja im Büchlein zum Mitlesen drin, und das großenteils auch in hochdeutscher Übersetzung. Und die Texte thematisieren auf recht unterschiedliche Weise eben die Besonderheit dieser Region in Rheinland-Pfalz, Saarland, Lothringen und Luxemburg mit häufigem Blick westwärts über Paris bis zur Bretagne. Da mischen sich Moselwein mit Cidre, bretonische Tanzrhythmen (An Dro, Hanter Dro, Laridée 6 temps, Dans Leon, Ront de Saiunt-Vincent und Gavotte) mit rockiger Instrumentik und moselfränkischem (Delsches Platt und Lëtzebuergesch) Text, da mischt sich ein französischer Text dazwischen, dort wird ein jiddischer Klassiker eingemoselt. Ach man möchte sich mit de Schwatz Kaatz in de Kesse wenzele und sich moselwein- und viezselig im Kreise drehen!

Gesponsert scheint die Scheibe von einigen Winzern zu sein, denn für diese wird im Büchlein unaufdringlich, aber deutlich geworben. Leider sind es aber nur deutsche Winzer, keine Luxemburgischen, obgleich dort auch Moselwein wächst. Ob in Lothringen auch, weiß ich nicht. Grenzübergreifende Winzerwerbung hätte den Dreiländerrecks-Charme der CD noch erhöht. Und welche Moselschleife das Coverbild ziert, fand ich leider nirgends erklärt.

Und wer musiziert sonst noch mit?
Uwe Heil (Gitarren, Blues Harp)
Carsten Söns (Bässe)
Christian Meissner (Schlagzeug + Gedöns)
Gert Bukowsi (Keyboards)
Daniel Bukowski (weitere Bässe)
Dorle Schausbreitner (Gesang und Gitarre)
Florian Schaubreitner (Bass)
Markus Mihc (Gesang, Gitarre)
Patric Ludwig (Gesang)
R. Gollo Streffen & Renée Weber (Gesang)

Trackliste:
01. Son ar chistr
02. Et Platt-Leed
03. Austrasien
04. Lothrénger Meedchi
05. Les sabots d’Hélène
06. Et Schloofleed
07. Bei mir bes de scheen
08. Ich haon de Kir kréit
09. Schwatz Kaatz
10. Marion se pomène
11. Kouke mer mol
12. Saarburjer Viezleed
13. Wie Bloo Maathes freie ging
14. H[ae]dekuhr-Knepp
15. Danz danz Quiselchi
16. Echtern-Aacher Springprozess
17. Spillmannslidd
18. Zu Arel op der Knippchen
19. Et Goddelfr[ae]cheleed
20. Konzer-Delsches-Leed


Frühere Woltähr-Rezis von mir:
CD: Woltähr. Trierer Venus
CD: Woltähr. Trier by night
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/07/cd-rezension-wolthr-trierer-venus.html bzw. http://tinyurl.com/axchx
und
http://www.folkig.de/reviews/woltaehr.php3
CD: Walter Liederschmitt & Andreas Sickmann. Treverer Barden. Trier/Mosel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/02/cd-rezension-walter-liederschmitt.html bzw. http://tinyurl.com/977wx
CD: Woltähr. Trier night & day. bonus tracks 2001 – 2005
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/02/cd-rezension-wolthr-trier-night-day.html bzw. http://tinyurl.com/9ype6

MAS

DVD-Rezension: Ben Bulben. Finest Irish and Celtic Traditionals. live

Ben Bulben. Finest Irish and Celtic Traditionals. live

DVD, Eigenverlag/Cut Production 2006, http://www.ben-bulben.de
13 Tracks, 69:12 Konzertlänge, 73:16 mit Abspann, mit 5:53 Minuten Dia-Show

Bonner Irish Folk Band live in der Balver Höhle

Am 5.8.2006 wurde diese DVD in der Balver Höhle aufgezeichnet, also vor über einem Jahr. Seit Januar 2007 ist sie in meinem Besitz, aber erst jetzt vor ein paar Wochen im August ’07 kaufen wir uns einen DVD-Spieler, so dass ich sie mir endlich ansehen konnte. Deshalb kommt nun die Rezension so spät, wofür ich um Entschuldigung bitte.

Ben Bulben, die sich nach einem Tafelberg in Irland benannten, ist nun abgesehen von einer Demo-DVD von den Lokas Heroes meines Wissens die erste Bonner Irish Folk Band, die eine DVD herausbrachten. Nun habe ich nicht all zu viel Erfahrung mit DVDs, merke aber schon, dass es da in Kameraführung, Schnitt, Ton und so weiter Qualitätsunterschiede gibt, also nicht nur welche, die an der Musik selber liegen. Hier ist es so, dass drei Cameras das Geschehen auf der Bühne für die Nachwelt fest hielten, eine vom Eingang zur Höhle her, über das gesamte Publikum hinweg, eine von fast direkt vor der Bühne aus und eine meist seitwärts von der Bühne selber her. Zwischen diesen drei Einstellungen springt die Perspektive hin und her, wobei erst genannte am seltensten gezeigt wird. Der Ton scheint von einem zentralen Mikrophon her aufgenommen zu sein, so dass man nicht jeden leisen Ton so hört, wie man ihn hören könnte, wäre die Aufnahme über die Mikros auf der Bühne erfolgt. So sitzt man also vor dem Fernseher und guckt und hört sich das Konzert an, lacht beim ersten Mal über die Gags in den Ansagen, zum Beispiel über den roten Mitsubishi, der auf dem Weg nach Balve vor den Musikern her trödelte, so dass sie beinahe zu spät gekommen wären, wobei die Insassen dieses Autos auch das Festival besuchten, hört die Lieder und Tunes, kann sich einen Eindruck von der Räumlichkeit machen, die ich zum Beispiel noch nicht in natura kenne, und hat somit ein schönes Dokument eines Konzertes vorliegen. Nur rein optisch bietet die DVD nicht das, was man von Profis eventuell kennt (ich habe da nur eine DVD von Fiddler’s Green und eine von einer Keltischen Nacht in Lorient zum Vergleich), aber das Budget ist sicher auch ein ganz anderes. Die Live-Stimmung kommt natürlich auch nicht so rüber, als wäre man dabei, das geht ja auch gar nicht. Ganz sicher ist die Scheibe ein Muss für Fans, aber die werden sie schon haben, und interessant generell für Interessierte an deutscher Irish Folk Musik auf der Bühne, und für all die, die mehr Ben Bulben-Konzerte verpasst haben, als sie gerne besucht hätten ist sie zumindest ein Trostpflaster.

Die Musik selber ist eine bunte Mischung aus Songs und Tunes, besonders gefallen mir Ulis Low Whistle- und Claudias und Judiths Querflöteneinsätze. Die Mission Impossible-Melodie, für deren Einbau in einen Tuneset Ben Bulben berühmt sind, ist auch dabei. Nur ist die Spielweise ein wenig abgehackt, nicht so fließend, wie ich es bei irischen Tunes so gerne mag, und es gibt nicht viele Variationen eines Themas beim zweiten oder dritten Durchgang. Es ist also eher gute Hausmannskost als Haute Cusine, aber eben doch gute Hausmannskost, keine schlechte.

Dann gibt es noch eine Diashow mit Fotos eben aus Balve, aber auch vom Konzerten im Bungertshof, in der Gesamtschule Bonn-Beuel, auf dem Bonner Münsterplatz und aus Twist, geographisch wild durcheinander, sortiert aber nach den Musiker(inne)n.

Ja, die Musiker und Musikerinnen sind:
Claudia Anthony: Flute, Keyboard, Vocals, Percussion
Judith Bergerhausen: Flute, Vocals, Keyboard, Percussion
Joe Thar: Acoustic & Electric Guitars, Vocals
Christoph Anthony: Fiddle, Bass & Acoustic Guitar
Uli Wisnitza: Bodhran, Cajon, Tin & Low Whistles, Bass

Trackliste:
Men of the House
Next Market Day
Paddy (da ist das Mission Impossible-Thema eingebaut)
Black is the Colour
Cooley’s Butterfly
Star of the County Down
Dunmore Lassies
Wind that shakes the Barley
Fanmore
Toss the Chickens
Holy Hipp/Congress
Blackbird
Tamlin

Frühere Rezis von mir zu Ben Bulben:
1. Bonner Irish Folk Festival am 20.4.2002 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2002/04/konzertrezension-1-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/8oltl
Ben Bulben am 8.9.2006 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/09/konzertrezension-ben-bulben-am-892006.html



MAS