Konzertrezension: 16. St. Patrick’s Day Celebration Festival am 9.3.2005 in Max Ernst Museum in Brühl
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Dieses 16. SPDCF war, wenn ich keines vergesse, das 7., das ich besuchte. Es war ja lange das Frühlingspendant zum im Herbst tourenden Irish Folk Festival, und seit 2000 sind ja beide in der Hand von Petr Pandula, der das SPDCF aufgebaut, das altehrwürdige IFF aber von Carsten Linde übernommen hat. Seit 3 Jahren hat das SPDCF aber im Frühling Konkurrenz durch Rainer Zellners Irish Spring – Festival of Irish Music bekommen, Konkurrenz insofern, als gelegentlich beide Festivals geographisch nahe beieinander und in engem zeitlichem Abstand voneinander gastieren, wir Musikliebhaber aber nicht immer genug Zeit und Geld haben, beide zu besuchen und so auswählen müssen. Ich habe in diesem Jahr beide Festivals besuchen zu können, und so kann ich nun beide Festivals vergleichend beschreiben.
Irish Folk Music ist nun wirklich zu einer internationalen Angelegenheit geworden. Petr Pandula, der Veranstalter, ist Tscheche, lebte lange in Deutschland und nun in Irland, die Musiker(innen) dieser Tour II des diesjährigen SPDCF leben in Kanada, England und Deutschland, und stammen nur teilweise aus Irland oder Schottland.
Als erstes erschien das Duo Kirk MacGeachy & David Gossage aus Quebec auf der Bühne, ersterer aus Schottland nach Kanada ausgewandert, mit einer Gitarre, letzter zuerst mit einer Querflöte bewaffnet, und boa ey, was David da seinem Rohr entlockte elektrisierte mich auf Anhieb. Ich hatte ihn wohl auch schon mit den Paperboys vor einigen Jahren beim SPDCF erlebt, aber in einem Duo fällt ein Musiker mehr auf als in einer Gruppe. Er spielte auf traditionell irischem Boden mit einer Hand voll Balkanerde (die von Franz Schubert so genannte „Balkan Connection“ der irischen Musik lebt) aufbauend dermaßen jazzig, dass er sich nicht hinter Sarah Allen (Flook) verstecken muss. Später tat er desgleichen auch noch mit einigen Tin Whistles, und auch eine Mundharmonika hatte er dabei. Kirk stand eher felsenfest da mit seiner Gitarre, sang alte Songs, die David improvisierend umspielte, so dass mich der Anblick etwas an das Colonia Duett erinnerte mit David als Süper und Kirk als Zimmermann, nur dass letzterer seiner Gitarre nicht nur langsame Akkorde, sondern rasante Tonartenwechsel entlockte. David kam mir aber auch wie ein etwas groß geratener Hobbit vor, der fröhlich seine Flöte spielt, wobei er nicht nur irisch spielte, sondern auch mal ins Spanische bzw. Lateinamerikanische abdriftete, was meinem Sitznachbarn nicht gefiel. Ihm hatte beim letzten IFF die Musik vom Carlos Nunez auch nicht gefallen. Mir gefiel alles was er spielte, auch die ruhigen Sachen. Fantastisch!!!
Nach der ersten Pause spielten dann vier Damen auf Geigen (Elaine Conwell und Karen Ryan) Querflöte (Dee Havlin) und Knopfakkordeon (Maureen Linane) und ein Mann (Pete Quinn) auf Keyboard in Pianoeinstellung traditionelle Ceilidh-Musik, also Jigs, Reels, Slipjigs und Walzer, unterbrochen von zwei ebenfalls traditionellen Liedern einer fünften Dame (Kathleen O’Sullivan). Der Name der Band lautet The London Lasses & Pete Quinn, wobei die vier Damen die Lasses sind und Pete extra erwähnt ist, weil er, wie Elaine sagte, keinen Rock tragen wolle. Nun, von den Damen trug nur Kathleen einen Rock, die anderen Hosen, und trotzdem nennen sie sich Lasses und nicht Lads. Sie stammen alle aus Irland, leben aber in London. Ihre Tunes waren schnell, rasant schnell, vor allem machte es mir Freude, Maureens Finger über die Akkordeonknöpfe tanzen zu sehen. Mein Platznachbar meinte, das sei ihre Musik, also die von ihm und seiner Band. Teilweise empfand ich es als etwas langweilig, wenn die drei Melodieinstrumente haargenau zueinander passend die gleichen Töne hervorbrachten und auch bei den Wiederholungen nicht variierten, begleitet von Pianoakkorden, die auch in sich gleich blieben. Dann aber hatten sie Stücke, bei denen die Instrumente nacheinander oder abwechselnd einsetzten, was wiederum spannender war. Und das erste Lied von Kathleen, eine Lamentation, begleiteten Dee und Karen mit zwei Tin Whistles in zwei Tonlagen. Wirklich gut! Kathleen schnappte sich zwischendurch auch mal den einen oder andere Zuhörer für einen Walzer. (Ich hoffe, die Namen der Damen nicht verwechselt zu haben.)
Die dritte Gruppe brach mit brachialer Lautstärke über unsere Ohren herein. Eine langhaarige Rockband, wie geradewegs aus den 1970ern auf uns gekommen, aber eben aus dem heutigen Osten unserer wiedervereinten Republik: The Aberlour’s, angekündigt als Celtic Rock Band. Zuerst erklangen nur Geige (Steffen Knaul) und E-Bass (Kai Büttner), dann aber schlug der Schlagzeuger Matthias Schemetzek zu, und meine erste Assoziation war die australische Bush Wackers Band, dann Toss the Feathers, und Andreas Fabian Querflöte erinnerte an Ian Anderson (Jethro Tull). Als aber Klaus Adolphi anfing zu singen, kam mir eine ganz andere Assoziation, nämlich Christoph Pelgen (Adaro), und damit nicht Celtic, sondern Mittelalter Rock. Ja, auch die folgenden Stücke, seien sie auch irischer Provenienz, wurden wenig (oder gar nicht) filigran, sondern bombastisch und dabei doch sehr treibend vorgetragen. Im Endeffekt sind die Aberlour’s ein Tipp für Fans von Gruppen wie Subway to Sally. Als ob das Schlagzeug nicht schon genug wäre, griffen auch Klaus und Kai ihre Gitarre bzw. Bouzouki und E-Bass zur Seite legend zur weiteren Pauke und Trommel, und es wurde stonkmäßig draufgehauen, so dass dabei sogar ein Schläger zu Bruch ging. Zum Ausgleich spielte Klaus auch mal Blockflöte. Interessant! Dass aber Klaus in einer Ansage meinte, für die Iren während der großen Hungersnot im 19. Jahrhundert sei es schlimmer gewesen, keinen Whiskey brennen zu können als nichts zu essen zu haben, war meines Erachtens eine auch für eine Band, die ihren Namen von einer Whiskysorte ableitet, nicht sein müssende Mitgefühlslosigkeit den damals Verhungerten gegenüber.
Klaus bat sodann als vierten Teil des Konzerts nach und nach alle Musiker(innen) des Abends auf die Bühne zurück zur Festival Session, bei der dann alle, die konnten, ein paar schnelle traditionelle Tunes zum Besten gaben, was auch ganz gut klappte, obwohl dies das erste Konzert der Tournee war und vorher keine Zeit bestand, gemeinsam etwas einzustudieren. Aber so soll es doch auch sein auf einer Session, gell?! So ging ein spannungs- und abwechslungsreicher international-irischer Abend zu Ende, der wieder mal zeigte, wie wunderbar vielfältig auf Traditionen aufbauende Musik sein kann.
Wer jetzt vielleicht noch neugierig ist, was ich denn da für einen Platznachbarn hatte, dem sei es mitgeteilt: Der Herr ist aus Bergheim und spielt dort in einer neuen Band namens Skyrig. Vielleicht hört man sie demnächst mal. Auf jeden Fall hört man demnächst – wie oben angekündigt – das ISF (am 19.3. in der KAH), und ich werde davon berichten.
Infos im Internet unter:
http://www.st-patricksday.de/
http://www.orealis.ca/
http://www.londonlasses.net/
http://www.concertidee.de/aberlours/
Und bzgl. meines Platznachbarn:
http://www.skyrig.de/
MAS