Friday, December 16, 2005

Konzertrezension: Whisht! im Bungersthof in Königswinter-Oberdollendorf am 16.12.2005

Whisht! im Bungersthof in Königswinter-Oberdollendorf am 16.12.2005


„Interessiert sich überhaupt einer dafür, was ich hier labere?“ Nein, diese Frage stellte niemand an diesem Abend im Bungersthof, sondern es war zwei Tage später Tumalon, alias Mathias Aring auf dem mittelalterlichen Weihnachtsmarkt in Siegburg, als das Publikum ein wenig passiv auf seine Fragen reagierte. Er meinte es scherzhaft, denn sein Publikum war sehr aufmerksam, aber einige der Leute, die am Freitagabend das Konzert von Whisht! im Bungertshof besuchten, hielten die Musik wohl eher für Tafelmusik zur hintergründigen Untermalung ihrer Tischgespräche, die sie auch dann nicht unterbrachen, als die Musiker die Inhalte der je folgenden Lieder erklärten. Erst nach einer doch diesbezüglichen Bitte Johannes Schiefners wurde es in der zweiten Hälfte etwas besser.

Nun, dafür konnten die vier Musiker vorne auf der Bühne nichts, sie gaben ihr Bestes, und das war so gut, dass auch das Ehepaar aus Ulmen in der Eifel, das an unserm Tisch saß, seine eineinhalbstündige Herfahrt nicht bereute. Ekhart Topp (Gitarre, Gesang), Holger Ries (Percussion, Bhodrán, Gesang), Johannes Schiefner (Uilleann Pipes, wooden Tin Whistles, Keyboard und Gesang) und Sabrina Palm (Fiddle) präsentierten ihre schon in den Rezensionen vom 3. Bonner Irish Folk Festival am 24.4.2004 und ihrem Konzert im Feuerschlösschen am 9.10.2004 beschriebene Mischung aus Tunes und Songs (Ekhart erklärte fachkundig, Tunes seien Melodien ohne und Songs Melodien mit Text) im Rhythm&Reel-Stil, moderne Arrangement traditioneller Stücke, vor der Pause evtl. ein wenig unter zu lauter Percussion leidend, was aber laut Info von Johannes in der Pause daran lag, dass die anderen Instrumente zu leise seien, so dass das nach der Pause behoben war, lustige Ansagen zwischendurch, sehr flotte Hornpipes (das waren doch welche, oder?) und Reels, gefühlvolle Liebeslieder, wieder das mystische „Broceliande“, bei dem man Sabrinas schaurig gekratzte Geige leider nicht so deutlich hörte wie sonst, auch wieder die Laridée, auf die aber leider niemand tanzte, ein seemännischer Shanty, bei dem das Publikum den Refrain so kräftig mitsang, dass wir dafür eigentlich einen Segelschein bekommen müssten, und besonders zu erwähnen, Irish Step Dancing-Einlagen zweier Damen namens Antje und Anike, die einen Hauch der großen Tanzshows in die Gaststube brachte. Das Einzige was nun eigentlich noch fehlte, war, dass auch Sabrina mal sang, denn während die drei Männer sich nicht scheuten, auch ihre natürlichen Instrumente, erklingen zu lassen und nicht nur die künstlichen, erklang Sabrinas Kehlkopf nur für ihre Ansagen. Zum Ausgleich hüpfte sie aber ab und zu wieder ausgelassen beim Geigespielen, während die drei Herren die meiste Zeit nur saßen oder vielleicht auch mal kurz standen.
Nee, es fehlte eigentlich nichts, außer, dass sie endlich mal ein Whisht!-CD produzieren sollten. Na, die wird bestimmt eines Tages kommen.

Der Bungertshof mausert sich immer mehr zum folkigen Szenelokal, das nächste irische Konzert mit Nadja Birkenstock am 22.12. soll schon ausverkauft sein, aber am 25.12., also nicht am Stephen’s Day, sondern einen Tag davor, am 1. Weihnachtsfeiertag soll die monatliche Session statt finden. Ansonsten, wie schon mal angekündigt, wird am 3.2.2006 die wohl dienstälteste Bonner Folkband ihr 30. Bühnenjahr im Bungertshof einleuten, und wer den Geiger auf unserer Homepage noch immer nicht erkannt hat, wird ihn dann leibhaftig kennen lernen dürfen.

http://www.whisht.de/
http://www.bungertshof.de/

MAS

Thursday, December 15, 2005

CD-Rezension: The Duggans & Friends. Rubicon

The Duggans & Friends. Rubicon

MDM Records 2004 mit Fotos und Infos (engl.)
15 Tracks, 64,12 Minuten

Die Brüder Pádraig & Noel Duggan (Gesang, Mandoline & Gesang, Akustische Gitarre) legen mit dieser Scheibe eine großenteils ruhige, nur in wenigen Liedern etwas temporeichere CD vor, die sehr gut in das Kielwasser der Clannad-Veröffentlichungen passt. Im Büchlein ist auch erzählt, wie die beiden dereinst die heute als Cultband gehandelte Familiencombo gründeten. Dass die beiden in den vergangenen drei Jahrzehnten ihrer musikalischen Karriere aber nicht alles nur auf das eine Pferd setzten, beweist die lange Reihe der Freunde, die als Gastmusiker mitwirken: Eamonn de Barra (Holzquerflöte), Kerstin Blodig (Gesang, Akustische Gitarre, Bouzouki, Bhodrán), Máire Breathnach (Fiddle, Viola, Hintergrundgesang), Brídín Brennan (Gesang), Deidre Brennan (Gesang, Bones), Moya Brennan (Gesang), Ciaran Byrne (Hintergrundgesang), Paul Byrene (Percussion, Akustischer Bass), Orlagh Fallon (Gesang), Urs Fuchs (Percussion, Akustischer Bass), Finbar Furey (Gesang, Uilleann Pipes), Peter Jack (Bass), David James (Cello), Ingolf Kurkowski (Trommeln, Percussions), Thomas Loefke (Keltische Harfe), Patsy Dan MacRuidhrí (Gesang), Ian Melrose (Akustische & Elektrische Gitarre), Sean More (Piano), Aidan O’Brian (Uilleann Pipes), Ian Parker (Piano), Andres Roberts (Hintergrundgesang).
Diese hier wie im Büchlein alfabetisch wieder gegebene Liste zeigt sehr schön die Verzahnung irischer und deutscher Musiker, und Fans wissen ja eh, dass die Duggans auch Mitglieder der in Berlin ansässigen Norland Wind sind. Das besondere an dieser CD scheint mir in Abgrenzung zu den Clannad-CDs weniger der Stil zu sein, als viel mehr, dass die beiden Brüder, obwohl Nichte Moya auch in einigen Liedern mitsingt, ihre eigenen Stimmen mehr zu Gehör bringen. Und auch Kerstin Blodig, die dabei Norland Wind sie Hauptsängerin ist, hält sich hier sehr zurück. Nun sind die beiden aber wohl bessere Instrumentalisten als Sänger, denn die Lieder wirken großenteils eher gehaucht als markant gesungen. Lustig klingt das 70er-Jahre Pop-Lied „Lisa“ aus der Feder der Duggans, das mich an manche Blääck Fööss-Lieder aus dieser Zeit erinnert. Hauptsächlich sind es aber traditionelle Lieder in gälischer Sprache, und für Könner dieser Sprache ist die CD bestimmt ein poetischer Genuss, aber das kann ich nur erahnen. Das müsste z.B. Michael Klevenhaus beurteilen. Nützlich wäre eine zweisprachige Widergabe der Texte im Büchlein. Es gibt auch ein englisches Lied, in dem es heißt: „A bird can sing with a broken wing but not with a broken heart“, was mich an „These broken wings wont’t fly“ von Cherish the Ladies erinnert. Nun mag man den Vogel fragen, was für ihn wichtiger ist, das Fliegen oder das Singen.
Die CD ist ein Muss für Clannad- und Norland Wind-Fans und überhaupt sehr empfehlenswert für Freunde ruhiger, verträumter und dabei gleichzeitig traditioneller und moderner Musik aus dem mystischen Irland.

http://www.clannad.ie/
http://www.thomasloefke.de/
http://www.concertidee.de/norlandwind/

MAS

Thursday, November 24, 2005

Konzertrezension: Norland Wind im Bungertshof in Oberdollendorf am 24.11.2005

Konzertrezension: Norland Wind im Bungertshof in Oberdollendorf am 24.11.2005

„Der liebe Gott hat die Zeit erschaffen, und er hat genug davon gemacht.“ An dieses irische Sprichwort dachte ich wirklich nicht, als ich um 19.15 Uhr an der U-Bahn stand, die nächste Bahn erst um 19.36 Uhr kommen sollte, und ich beschloss das Auto zu nehmen, um rechtzeitig um 20 Uhr am Bungertshof zu sein, das Auto aber nicht ansprang, ich so die Bahn um 20.06 Uhr nehmen musste und um 20.30 Uhr am Bungersthof ankam. Aber die Musiker waren so freundlich, mit dem Konzert noch nicht angefangen zu haben. Das lag aber doch nicht an meiner Verspätung, sondern daran, dass sie von Berlin kommend zehn Stunden auf der Straße verbracht hatten, davon drei im absoluten Stau. Nun, sie mussten erst einmal das ganze elektronische Equipment aufbauen und einrichten, einige hatten zwischendurch auch noch Zeit für ein Schwätzchen, das Publikum in dem vollständig besetzen Raum, inklusive einer Hochzeitsgesellschaft, wartete geduldig, die Leute unterhielten sich, aßen und tranken, ganz im Sinne einer französischen Mittagspause, wie David Michel von Le Clou, die am 3.2.2006 im Bungertshof spielen werden, es gerne sagt, und schauten den Musikern beim Aufbau zu. Nachdem ich so eine Stunde da stand, mit Wirt und Wirtin, sowie den Duggan-Brüdern sprach, dann plötzlich Matthias Klose von Till Nine auftauchte und sagte, an ihrem Tisch ganz vorne sei noch ein Platz frei, begann dann so gegen 21.30 Uhr das Konzert, und es wundert nun eigentlich nicht, dass mir da oben zitiertes irisches Sprichwort einfiel.

Eine der besten deutschen oder – besser gesagt – in Deutschland ansässigen – da ja deutsch-irisch-norwegisch-schottisch/englisch besetzt – Irish Folk-Gruppen zu hören, nimmt man doch gerne mal etwas in Kauf, zumal ich sie noch von ihrem Konzert 2001 in der Harmonie in angenehmster Erinnerung hatte, und Kerstin Blodig zwischendurch noch in der Brotfabrik mit Kelpi und in Rudolstadt mit Malbrook gehört hatte. Und als sie da nun mit ihrer Gitarre wieder vor mir stand und ihre faszinierende Stimme erklingen ließ, neben ihr, aus Publikumsperspektive links Noel Duggan mit einer Mandoline, hinter ihm Matthias Kießling am Keyboard, rechts von Kerstin Thomas Loefke an seiner Harfe, etwas versteckt hinter ihm Pádraig Duggan mit Bongos, rechts von Thomas Máire Breathnach mit ihrer Geige und ganz rechts Colin (den Nachnamen habe ich jetzt leider nicht) an der Low Whislte, und zwar in Vertretung für Ian Melrose, der sich lieber auf einem Gitarrenfestival herum trieb, als uns die Ehre zu erweisen, nahm mich die Magie dieser Musik sofort wieder gefangen. Wie schon 2001 beschrieben, spielen sie einen sehr an die frühen Clannad erinnernden Sound, ohne sie einfach nachzuahmen. Kerstins Stimme ist auch etwas schärfer als die von Moya Brennan, der berühmten Nichte der Duggan-Brüder, und diese klare Stimme verbunden mit dem recht harten Klang der Harfe, die beide rhythmisch und melodisch zugleich klangen, oft unterstützend ein mehrstimmiger Satzgesang der Duggans und Máires, der Klangteppich des Keyboards, dann die Geige und die Whistle entschädigten sofort für die Wartezeit. Zwischendurch gab es auch einige Soli, leider nicht von Colin, der an diesem Abend seinen ersten Gig in dieser Formation hatte und extra von Mönchengladbach, wo der Engländer wohnt, nach Berlin geflogen war, um sich für drei Tage der Tour anzuschließen. Ein solches hoffe ich doch irgendwann mal hören zu dürfen, denn der junge Mann spielte genau so erstklassig wie die anderen.

Für Gitarristen dürfte es interessant gewesen sein, Kerstins Gitarrenspiel zu beobachten, das sie bei einem norwegischen Trollsang, welcher besseres Wetter herbei rufen sollte, einsetzte: Sie tippte zuerst die Saiten mit den Fingernagelspitzen an, strich dann einen harten Akkord mit den Fingernägeln, dann einen weichen mit den Fingerkuppen. Der Till Niner Bernd meinte, das machten Rockmusiker manchmal mit E-Gitarren, aber Kerstin hatte eine elektroakkustische, und ihr ruhiges, aus sehr langen Vokalen bestehendes Lied wurde dadurch rhythmisch und um noch eine Spur sphärischer, als es eh schon war. Die meisten Lieder wurden natürlich nicht auf Norwegisch, sondern auf Gälisch gesungen, wenige auf Englisch. Dass die Duggans Gälisch können, ist ja allgemein bekannt, und auch bei Máire Breathnach wundert es nicht, aber auch Kerstin Gälisch hörte sich für meine Ohren authentisch an. Das Besondere am Norland Wind- und frühen Clannad-Sound ist meines Erachtens, dass sich selbst die ruhigen und eher langsamen Stücke sehr rhythmisch und vielschichtig anhören. In dieser Art ist auch eines der Stücke aus Thomas Loefkes Feder, zugleich eines meiner Lieblingsstücke überhaupt. Es wurde von Thomas mit der Geschichte angekündigt, dass am 2. Weihnachtsfeiertag in Dublin viele Leute mit Geigenkoffern unterwegs seien, die Träger eines geheimen keltischen Wissens seien, nämlich, welche Kneipen an diesem Tag offen hätten und dass man diesen Geigenkofferträgern in Dublin dann ruhig folgen sollte, was in Palermo nicht anzuraten sei. Das Publikum lachte, so dass wohl auch viele zum ersten Mal Norland Wind hörten und den Witz noch nicht kannten. Natürlich kam nach dieser Ankündigung kein Pubsong, sondern ein filigran-rhythmisches Harfenstück namens „Stephen’s Day Session“.

So ging das Konzert dann bis ca. 23.30Uhr ohne Pause, und irgendwie wollten die Leute das nicht so richtig begreifen, und es war wohl eher der Gedanke, dass der Freitag ein Arbeitstag sei, der sie dann aufbrechen ließ, und bestimmt ging ihnen am Freitag die Arbeit viel besser von der Hand als sonst.

Pádraig Duggan konnte mir übrigens während der Wartezeit am Anfang eine Frage beantworten, die ich schon mit vielen Musikern und Irish Folks-Fans diskutiert hatte, ohne eine befriedigende Antwort zu erhalten: Wie wird „Clannad“ ausgesprochen, „Clännäd“, wie die meisten meinten, oder „Clannâd“, wie Ted Furey es 1974 beim 2. Irish Folk Festival in Deutschland ankündigte und dem ich immer geglaubt hatte? Weder noch, sondern schlicht und einfach „Clannad“, also schnell und kurz, auf dem ersten a betont, aber nicht mit ä. Pádraig meinte, Ted Furey habe es warum auch immer falsch ausgesprochen damals vor 32 Jahren. Die Duggans gaben mir dann auch noch ihre neue CD „Rubicon“ zur Besprechung mit. Die folgt dann also auch noch demnächst.

Wer die angenehme Mischung aus gemütlichem Restaurant mit guter Wein- und Bierauswahl und irischer Musik demnächst noch mal erleben will, kann das am 16.12., denn dann werden Whisht! dort spielen, und am 22.12., wenn Nadia Birkenstock mit ihrer Harfe da sein wird.


http://www.thomasloefke.de/
http://www.concertidee.de/norlandwind/
http://www.kerstinblodig.de/
http://www.clannad.ie/
http://www.mairebreatnach.com/
http://www.bungertshof.de

Nachtrag:

Margret Hüffer beantwortete die im folkigen Rundbrief rund geschickte Rezension:
"Hallo Michael,
wenn es sich bei Norland Wind um Colin aus MG handelt, ist es Colin Goldie, der die Overton- Whistles in Lizenz baut und selbst ein ganz exzellenter Whistlespieler ist. Schade, hätte ich gewußt, daß er dabei ist, hätte ich es mir glatt noch überlegt...Colin hat übrigens eine ganze Reihe von Whistlern hier ([Namen lasse ich hier raus; MAS] mich selbst etc) mit seinen Whistles versorgt.
Nun weißt Du was Neues, schönes Wochenende
Margret"

Ja, nun weiß ich was Neues. Derartige Rückmeldungen auf Grund sorgfältig gelesener Rundbriefe sind mir immer willkommen.

Und hier deshalb gleich der Link auf Colin Goldies Seite:
http://www.overton.de/texte/csghomedeu.html

MAS

Saturday, November 19, 2005

Konzertrezension: Gambrinus beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 19.11.2005

Konzertrezension: Gambrinus beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 19.11.2005

Das letzte FiF-Konzert in diesem Jahr bestritt die Gruppe Gambrinus, deren Mitglieder nicht so weit anreisen mussten, wie die der anderen Gruppen aus England, Schottland und Schweden, sondern im engeren Umkreis zwischen Asbach im Westerwald und Dormagen am Niederrhein wohnen. Ulrich Joosten, der schon in den Gruppen Rhodochrosit, Seidelbast und Filou spielte und auf Deutschfolk spezialisierter Autor im Folker! ist, Matthias Götze-Wittschier, ehemals Musiker bei Whyr, Zaunkönig und auch Filou, Ralf Mrazek, Ex-Skiffle Train , -Maddox und –Stringdance, sowie als „Anstandsdame“ Sylvia Stephan, ehemals Musikern bei Die Lauten, Trumscheyd, Till Nine und Boncompagno nennen ihr Gambrinus-Programm „Kontrastissimo“, und wahrlich, der Name trog nicht.

Uli bediente die Dreheleier und zwei Gitarren, Sylvia ihren Kehlkopf (Instrumentbeschreibung siehe auf deren Homepage) und Percussion, Ralf Banjo und Gitarre und Matthias Geige, Cister und diatonisches Knopfakkordeon und auch die drei Herren ihre Kehlköpfe (Instrumentbeschreibung siehe ...). Und was produzierten sie dabei? Nun zum Beispiel französische, galizische und deutsche Tanzstücke mit Drehleier, Banjo und Geige, wobei sich die ungewöhnliche Drehleier-Banjo-Kombination besonders gut anhörte, man müsste nur, wenn die Drehleier so richtig lauf zu schnarren anfängt, dem Banjo ein Mikrophon extra noch hinstellen, aber das ist ein dermaßen schmissiger Sound, dass ich mich wundere, warum es so was nicht öfter gibt. Oder gibt es das? Oder vierstimmigen Gesang, sogar ein Madrigal auf Kölsch. Mit vier Stimmen vierstimmig zu singen, ohne sich gegenseitig raus zu bringen, das will geübt sein – und war es auch. Oder Übertragungen von tragischen Tierliedern aus der Feder von Eric Bogle ins Deutsche, schottische und quebecoische Lieder in Originalsprachen, eine reine Instrumetalversion des jiddischen „Bei mir bist du schön“, Vertonungen von Gedichten von Fritz Grasshoff, das Till Nine-Fans bekannte „My Johnny was a shoemaker“, das Sylvia in deren Repertoire hinein gebracht hat und anderes mehr. Kontrastissimo eben.

Eigentlich war es schade, dass das Konzert so gut besucht war, dachten wir am Schluss, nachdem das Publikum weg war (Petra und ich waren noch da), als Sylvia und Tontechniker Alex Thieme noch ein paar zweistimmige mittelalterliche Lieder sangen und zusammen mit Mathias eine Schnulze aus dem 20. Jh., denn so ohne die ca. 80 schallschluckenden Körper wirkte die Akustik der Aula (ich habe sonst immer „Foyer“ geschrieben, aber offiziell heißt es „Aula“) noch besser. Aber im Grunde waren doch alle Beteiligten froh, dass so viele Leute kamen, und wenn ich von mir auf andere schließe, waren auch diese 80 froh, gekommen zu sein. Und die von Gambrinus können auch gerne noch öfter kommen.

http://www.gambrinus-folk.de/
http://www.inter-times.de/Components/Vereine/Vereine_Bad_Honnef/Stapelseiten_Bad_Honnef_/stapelseiten_bad_honnef__33.html

MAS

Tuesday, November 15, 2005

Konzertrezension: The Irish Folk Festival – Tunes for Tara Tour in der Philharmonie in Köln am 15.11.2005

Konzertrezension: The Irish Folk Festival – Tunes for Tara Tour in der Philharmonie in Köln am 15.11.2005

Man könnte meinen, eine Tournee durchzuführen ist wie Flöhe hüten, denn waren schon Rüdiger Oppermann beim Klangwelten-Festival vier Damen abhanden gekommen bzw. erst gar nicht erschienen, so traf es Petr Pandula zwar nicht ganz so hart, aber auch bei seinem Irish Folk Festival fehlte eine angekündigte Musikerin, nämlich Phamie Gow, auf deren Gesang, sowie Harfen- und Pianospiel wir somit leider verzichten mussten. Als Vertretung fungierte Alan Burke, der ganz folkig mit Gesang und Gitarre den musikalischen Einstieg in das diesjährige IFF in Köln bescherte. Irgendwie wirkte er von der obersten Sitzreihe her gesehen ja winzig klein da unten auf der runden Bühne der Philharmonie, aber seine kräftige Stimme erfüllte mit elektronischer Unterstützung trotzdem die ganze Halle. (Ich erinnere mich noch an Noel Hill mit der kleinsten Concertina der Welt beim 1990er IFF in der riesigen Schwabenlandhalle in Fellbach.) Ihm folgten mit Gesang, Gitarre und Fiddle Kevin Burke & Ged Foley, auch „the high kings of tradition“ genannt, verbindet der Kenner/die Kennerin ihre Namen doch mit Formationen wie der Bothy Band, der Battlefield Band und Patrick Street, also altehrwürdigen Gruppen der irischen und schottischen Folkszene. (Die Battlefield Band wird übrigens am 1.2.2006 in der Bonner Brotfabrik spielen, natürlich in aktueller Besetzung, wenn es stimmt, was da im IFF-Programmheft steht.) Puristische Freunde traditioneller Musik hätten sich nach diesen beiden Acts eigentlich auf den Heimweg machen können, aber solche Spezialisten finden eh immer seltener den Weg zu einem IFF.

Beoga nämlich, eine fünfköpfige Band aus Nordirland, machte sowohl der Bedeutung ihres Namens „lebendig“ als auch der Zusatzbezeichnung „new folk wizards“ alle Ehre. Liam Bradley (Piano, Keyboard), Sean Óg Graham (Knopfakkordeon), Damian McKee (auch Knopfakkordeon), Eamon Murry (Bhodrán) und Niamh Dunne (Gesang, Fiddle) legten nicht nur ein schnelles Tempo vor, sondern mixten Stile unterschiedlicher ethnischer Provenienz zur einem Irish Stew zusammen, dass ich mich gar nicht satt hören konnte. Die beiden Akkordeons wurden so gespielt, dass jedes einzeln heraus zu hören war, das Bhodránspiel erinnerte mich an Jatinder Thakurs Tablaspiel beim Klangwelten-Festival, die Fiddle und vor allem auch der druckvolle Gesang der Gastmusikerin hätte mich beinahe aus dem bequemen Sitz gerissen. Wirklich sehr, sehr schade, dass dann viel zu schnell die Pause kam.

Die zweite Hälfte des Festvials bestritt Solas alleine, aber auch wenn der Name so klingt, so hat Solas nicht mit solo zu tun, sondern viel mehr mit Licht, und hatte Beoga den akustischen Luxwert schon in blendende Höhe geschraubt, so war man bei Solas der Gefahr ausgesetzt, einen musikalischen Sonnenbrand zu bekommen, ach was heißt Gefahr, vielmehr war diese Bestrahlung ein Hochgenuss. Die irisch-amerikanische Truppe, bestehend aus Seamus Egan (Flöte, Tenorbanjo, Mandoline, Tinwhistle, Lowwhistle, Gitarre, Bodhrán), Winifred Horan (Ex-Cherish the Ladies; Fiddle), Mick MacAuley ( Knopfakkordeon, Concertina, Akkordeon, Lowwhistle, Hintergundgesang), Deidre Scanlan (Gesang), Eamon McElholm (Gitarre, Gesang, Keyboard) legten auf die Vorlage von Beaga noch einen drauf, und gefielen mir auch noch besser als im letzten Jahr, als sie auch schon dabei waren. Vielleicht habe ich mich ja auch verhört, aber ich habe hauptsächlich ungerade Rhythmen in Erinnerung, als läge zwischen Amerika und Irland nicht der Atlantik, sondern der Balkan. Aber was ist schon Geographie bei einer Gruppe, die ein Stück, das nach Österreich-Ungarn klingt „The highlands of Holland“ nennt? Aber Amerikaner dürfen das, denn auch Willy Schwarz, in Deutschland lebender amerikanischer Liedermacher bescheinigt seinen Landsleuten nicht eben die besten Geographiekenntnisse (Vgl. Folker! 6.05 S. 63).

Viel zu schnell war auch dieser Act vorbei, und es blieb nur noch die Festival-Session aller beteiligter Musiker, in der sie bewiesen, dass sie neben dem Spaß auch den Ernst des Lebens zu würdigen wissen. Die Folk-Szene ist heutzutage ja nicht mehr so politisch, wie sie mal war, aber das diesjährige IFF war ja den durch den geplanten Bau eines Motorways gefährdeten Hügeln von Tara gewidmet, dem irischen Nationaldenkmal schlechthin, das in einer Archäologenherzen höher schlagen lassenden Landschaft liegt, und warum auch immer noch nicht als Unesco-Kulturerbe der Menschheit geadelt wurde. Dias von Thomas Frühwacht, umspielt von dem extra dafür komponierten „The hills of Tara“, das auch die Festival-CD so unendlich melancholisch beginnen lässt und „The march of Brian Born“, versuchten, die Herzen des Publikums für die Rettung Taras zu gewinnen. Man konnte dann auch gleich eine Petition unterschreiben. Das Programmheft enthält zudem noch ein paar andere Schauergeschichten historischer und aktueller irischer Politik, Wirtschaft und Religion, geschrieben von Petr Pandula und Gabriele Haefs (Folker!-Lesern bekannt), in denen es um lebensgefährliche Ölpipelines und inhaftierte Anwohner, die sich nicht fügen wollen, geht, und um eine englische Religionsgemeinschaft namens „British Israelites“, die die Engländer für einen verschollenen Stamm Israels hielt und in den Hügeln von Tara die verloren gegangene Bundeslade vermutete, was sie zu Raubgrabungen veranlasste. Heute ist Tara auch ohne solchen religiösen Wahnwitz gefährdet durch pekuniäres Kalkül korrupter Politiker irischer Nationalität. Ich meine, solche aktuelle Politik gehört nicht minder in ein Folks Festival, als Rebelsongs vergangener Zeiten.

http://www.irishfolkfestival.de/
http://www.tradmusic.com/artistinfo.asp?artistID=525
http://www.kevinburke.com/
http://www.gedfoley.com/
http://www.solasmusic.com/
http://www.beogamusic.com/
http://www.savetara.com/
http://www.taraskryne.org/
http://www.protect-tara.org/
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/09/cd-rezension-irish-folk-festival-05.html
http://www.folker.de/200506/16magneticmusic.htm
http://www.magnetic-music.com/http://www.koelner-philharmonie.de/

MAS

Monday, November 14, 2005

CD-Rezension: Deitsch. Königskinder.

CD-Rezension: Deitsch. Königskinder.

(rough trade) 2005, 14 Tracks, 55,47 Minuten mit Texten, Infos und Fotos




Das schrieb ich ganz spontan am 31.10.205 im folkigen Rundbrief:

„Hi Folks,

eben war die neue Klingende Post im Briefkasten mit 22 Stücken aus 22 CDs von Old Songs New Songs in Bochum, darunter eines, auf dass ich in dieser Runde aufmerksam machen muss. Jürgen Treyz und Gudrun Walter, bekannt als Musiker bei Adaro, La Marmotte bzw. Lynch the Box, More Maids u.a. haben sich zu dem Duo Deitsch zusammengefunden und auf der CD "Königskinder" alte deutsche Lieder eingespielt und -gesungen, und zwar in einer solchen Qualität (zumindest nach dem Hörbeispiel der Klingen Post aus zu urteilen), dass mir Tränen der Begeisterung kamen. So zeigt es sich, dass die beiden viele Jahre die irische und französische Musik geübt haben, um nicht nur den Gesang, sondern auch die Instrumentalpartien mitreißend zu spielen, was ja bei Deutschfolkbands oft zu wünschen übrig lässt. Ich kann die CD nicht rezensieren, da ich sie nicht selbst habe, aber lest mal die Rezi von Klaus Sahm und Erich Schmeckenbecher unter:
http://osns.sam-ip.com/detail2.asp?Produkt_ID=453373192.

Wie ich unter http://www.deitsch.de lese, ist es nicht nur ein Duo, sondern auch dabei sind:
Johannes Uhlmann: diatonisches Akkordeon
Henrik Mumm: Fretless-Bass, Akustik-Bass, Kontrabass, Cello
Herbert Wachter: Perkussion, Schlagzeug
Christoph Pelgen: Dudelsäcke (Schäferpfeife, Hümmelchen)
Andreas Uhlmann: Posaune
Konstanze Kulinsky: Satzgesang
Hans Ehrenpreis: Satzgesang

Konstanzes Drehleier ist also leider nicht dabei.“
[Ich habe gegenüber dem Original ein paar Tippfehler korrigiert und den Klaus Sahm eingefügt.]

Und nun, da mir die CD vorliegt, die zwei Tage später kam, ergänze ich zunächst die Instrumente der beiden Hauptprotagonisten:
Gudrun Walter: Gesang, Violine, Viola, Satzgesang
Jürgen Treyz: Akustik-Gitarre, 12-saitige Gitarre, Dobro, Telecaster, Mandoline, Mandola, Satzgesang

Potzblitz, was ist denn da der Esslinger Musikschmiede entstiegen? Eine Stimme wie Nena, ein Bandsound wie Altan, eine Liedauswahl wie bei Garmana oder Triakl, nur eben keine Neue Deutsche Welle und auch keine Irish Folk Music oder Svensk Folkmusik, sondern deutsche Volksmusik, und zwar Lieder, die auch meine Schwiegermutter kennt und mir am Telefon vorsingt, als ich ihr von der CD erzähle. Na zumindest das Titellied „Es waren zwei Königskinder“ singt sie, aber schon geht die Diskussion los: War es nun eine falsche Norne, die die Kerzen ausblies, so wie im Text der CD, oder vielmehr eine falsche Nonne, wie meine Schwiegermutter meint? Ich recherchiere im Internet und finde eine Version von „Deutsche Volkslieder“ von 1807, in der die Norne bestätigt ist, aber auch eine lateinische Version, in der eine monacha falsa, also eine Nonne die Übeltäterin ist, desgleichen in der plattdütschen Version im „Hausbuch deutscher Balladen“, das ich neulich beim Bücherbasar der ULB Bonn erstand, in der es eine Nunne ist. Lassen wir die Frage offen, ob es nun eine germanische Schicksalsgöttin oder eine christliche Ordensfrau war, zumal die Herkunft der Geschichte im antiken Griechenland liegen soll, und schauen, was es sonst noch gibt:

Gesungene Lieder und rein instrumental gespielte Melodien, zumeist Tänze, wechseln einander ab, d.h. Lieder sind es etwas mehr, nämlich acht der 14 Stücke. Gudrun singt hochdeutsch, eines ist von Jürgen auf Schwäbisch. Die Texte, in denen es nicht nur um besagte Königkinder, sondern auch um ein um ihren untreuen Geliebten trauerndes Mädchen, einen Wassermann (ein sehr beliebtes Motiv deutscher Balladen, nicht nur bei Achim Reichel und Johannes Mayr), ein Mädchen das Brombeeren pflückt und dabei schwanger wird, ein anderes Mädchen, das lieber einem jungen Reiter folgt als bei der Mutter zubleiben, einen heimgekehrten Mann, der seine wartende Geliebte hart auf ihre Treue prüft, die Schönheit der Maienzeit und einen schwäbischen Schumacherburschen geht, sind alle traditionell und auch die Liedmelodien, abgesehen von „Der Lindenbaum“, und während die tradierten Melodien recht einfach sind, wie man sie so kennt, werden sie von komplexen und rhythmischen Instrumentaleinlagen begleitet, komplex vor allem dahin gehend, als sie sich dem jeweiligen Textinhalt anpassen, bei dramatischen Stellen an Intensität zunehmen oder ihre Stimmung je nach inhaltlicher Wendung ändern. Mit einfachen Begleitakkorden hat das nichts zu tun, sondern ist Kunst in Hochform. Man merkt den Musikerinnen und Musikern eine langjährige intensive Beschäftigung mit irischer, französischer, balkanischer und anderer Musik an, wobei sich alle diese Einflüsse harmonisch der deutschen Leitlinie anpassen und sie bereichern, ohne exotisch oder zu experimentell zu wirken. Es ist eher so, wie auch irische Musiker sehr viel Fremdes importieren und verarbeiten und zu Eigenem machen. Das gilt auch für die Instumentals: Zwiefacher, Schottische, Rheinländer, Polkas (na, die eine spontan im Studio geschriebene Polka könnte aus Kerry stammen) und anderes (ich kann nicht alles genau identifizieren, da fehlt mir noch etwas Sachverstand), auch mal ein ganz ruhiges Stück mit oben aufgelisteten Instrumenten, wobei Christophs Sackpfeifen etwas sehr zurückhaltend sind, aber Geige und diatonisches Akkordeon verbreiten eine so gute Laune, die bei der doch sehr zu Herzen gehenden Dramatik der Balladen sehr gut tut, und dabei ist der Klang so voll, wie eben bei Altan und anderen der irischen Spitzengruppen.

Fazit: Auf so eine CD habe ich lange gewartet. Endlich widmen sich mal wieder Spitzenmusiker(innen) auch außerhalb der Mundart-, Kabarett- und Bordunszene der deutschen Volksmusiktradition und katapultieren sie ins 21. Jahrhundert, so dass „wir“ endlich mal wieder auf einer Ebene mit unseren europäischen Freunden stehen. Ich setze das „wir“ in Anführungszeichen, weil ich von Kollektividentitäten wie bei „Wir sind Papst“ nicht sehr viel halte, aber etwas Wir-Gefühl ist doch dabei, nicht nur, weil ich die Texte verstehe. Jedenfalls haben wir wieder etwas zum Vorzeigen, wenn wir woanders zu Gast sind: Guck mal, bei uns gibt es auch sehr gute Volksmusik, jenseits von Tümelei, Museum und Kindergarten. Und da sie auch meine Schwiegermutter mit 74 anspricht – wobei sie auch Jazz und Soul hört und El Hussein Kili – könnte diese Musik die Generationen wieder verbinden, und vielleicht auch die Folk- und die volkstümliche Szene, es sei denn letzterer ist diese Musik zu ernst, zu tief, zu bewegend. Wenn sie Schule macht, könnte sie auf jeden Fall eine Neue Deutsche Folkwelle in Gang bringen. Behalten wir es im Ohr!

Interessant zu wissen wäre es, wie sich Deitsch life anhört, nur als Duo, oder ob nicht doch eine größere Band daraus wird, damit der schöne und volle Bandsound erhalten bleibt. Im Folker! 1/06 wird ein Artikel über Deitsch von Uli Joosten erscheinen. Darauf bin ich sehr gespannt. Im Übrigen hat der Folker! die Entstehung der CD unterstützt.

http://www.deitsch.de
http://osns.sam-ip.com/detail2.asp?Produkt_ID=453373192

MAS

Tuesday, November 08, 2005

Konzertrezension: Klangwelten-Festival in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn am 8.11.2005

Konzertrezension: Klangwelten-Festival in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn am 8.11.2005

Rüdiger Oppermanns Klangwelten-Festival tourt dieses Jahr nun schon zum 19. Mal durch Deutschland, für mich indes war es eine Premiere, es einmal zu besuchen. Oppermanns Dialekt kam mir als im Rhein-Lahn-Kreis Aufgewachsenem sehr heimatlich-vertraut vor, hatte er doch den hessischen Einschlag, der auch in meiner Kindheitsheimat ansatzweise durchzuhören ist, die an diesem Abend zu hörende Musik aber war alles andere als heimatlich und vertraut, sondern exotisch, ungewohnt und meisterhaft schön. Und das, obwohl zwei Fünftel der angekündigten Musiker bzw. Acts nicht anwesend waren. Das inuitische (gibt es das Adjektiv überhaupt?) Katajaq Duo aus Kanada war wegen Krankheit verhindert, die deren Gesang auch beherrschende und als Ersatz angekündigte Toni Pope aus San Fransisco war wieder abgereist, weil ihre Großmutter gestorben war, und die kasachische Sängerin Uljana Baibusjnova war auch nicht da. Nun kündigte Oppermann an, dass die Inuit-Frauen doch noch kämen, aber erst am nächsten Tag, und wer sie hören wolle, dürfe mit dem Bonner Ticket zum halben Preis ein beliebiges anderes Klangwelten-Konzert dieser Tour besuchen.

Anwesend waren aber Rüdiger Oppermann selber, das Ranga Panga Trio aus Madagaskar, benannt nach einem Reiswassergetränk ihrer Heimat, der indische, in Wien lebende Trommler Jatinder Thakur, und nicht angekündigt und Irish Spring Festival-Besuchern bekannt – nein, kein Ire, sondern – Enkh Jargal, besser bekannt als Epi, aus der Mongolei, aber wohnhaft in Karlsruhe. Oppermann erklärte ein wenig, was es mit der jeweiligen Musik und den Instrumenten auf sich habe, aber übertrieb es damit nicht, denn es war weder eine musikwissenschaftliche Vorlesung, noch eine musikethnologische Museumsführung, sondern ein Konzert, bei dem die Musik absolut im Mittelpunkt stand. Das kleine Programmheftchen aber gibt umfangreiche Auskunft. Madagaskar soll musikalisch und auch sonst kulturell viel von indonesischem Erbe bewahrt haben und weniger von afrikanischem, aber die Musik des Ranga Panga Trios mit Monjamahafay Zeze (kurz Monja), Sammy Andriamalalaharijaona Samoela und Jean Bosco Rakotonirina kam meinem Gehör sehr afrikanisch vor, wohl weil sie von der mehr afrikanisch beeinflussten Südküste der Insel stammen. Mehrstimmiger Gesang, im besten Sinne es Wortes merk-würdige Saiteninstrumente (z.B. die Maro-Vaani, ein Kasten mit an zwei Seiten angebrachten Fahrrad-Bowden-Zug-Saiten, die Vailiha, ein runder Bambusstamm (oder sagt man „Bambushalm“, da es doch ein Gras ist?) mit aus diesem herausgeschnittenen Saiten rundherum, die Jejy Voatavo, ein schmaler Kasten mit Saiten an allen vier Seiten und einem Kürbis als Klangkörper und die Jeji Iava, ein Baum oder ein Ast mit gespannten Basssaiten und Tonabnehmer), ein Blasinstrument, ein sehr einfaches Percussionsinstrument, nämlich ein Büschel trockenen Grases. Das alles zusammen klang arachaisch und hochmodern zugleich, besonders auch, wenn der Gesang durch ein eingeatmetes Jiha oder durch ein Hahnenkrähen ergänzt wurde. Epi spielte seine mongolische Pferdekopfkniegeige und sang in Unter- , Ober- und normalen Tönen mongolische und kasachische Lieder, so dass man akustisch und gefühlsmäßig vom madagassischen Urwald in die zentralasiatische Steppe wechselte. Thakur bewies sich als rasanter Tablavirtuose, dass es nur so staubte (er hatte die Trommelfelle mit Talk eingepudert), aber auch als Stimmenpercussionist, denn nach indischer Tradition lernt man die Trommelpartien durch gesungene Parteien eben der selben, und Oppermann spielte einige Tunes auf einer großen und einer kleinen keltische Harfe, teilweise mit elektronischen Loops, Echos usw. gedehnt und wiederholt. Und wenn das dann alles zusammen erklang, also nicht ordentlich ethnologisch und geographisch getrennt, sondern crossover vermischt, ohne dass die Eigenarten der jeweiligen Stile (zumindest für meine Ohren) verloren gingen, dann wurde daraus das, was ich eigentlich als „Weltmusik“ bezeichne: multiethnische, jazzige-jam-session-mäßige, traditions-innovative, mitreißende Arrangements, die die Halle zum Beben brachten. Interessant war dabei auch ein auf der Harfe statt einer Sitar gespielter Raga mit Tablabegleitung.

Fazit: Die Klangwelten sind nichts für Puristen und nichts für Leute, die vorher schon wissen wollen, was sie erwartet, aber sehr zu empfehlen für Liebhaber experimentierender musikalischer Vielfalt, die ihre traditionellen Wurzeln zwar kräftig gedehnt, aber noch nicht aus dem Boden gerissen hat.

http://www.klangwelten.com/
http://www.folker.de/200406/07opper.htm

MAS

Saturday, October 22, 2005

Konzertrezension: The Midden beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 22.10.2005

The Midden beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 22.10.2005

Am Samstag dem 22.10.2005 konnte oder musste – je nach Betrachtungsweise – man sich als Bonner Folkie ja entscheiden, ob man sich den Allan Taylor im Kloster Steinfeld, Currach in der Museumsnacht der Kelten im Rheinischen Landesmuseum oder The Midden im Feuerschlösschen anhören wollte. Ich entschied mich für letzteres und – nicht wissend wie die andern beiden Konzerte waren, so dass ich Rezensionen darüber gerne lesen würde – bereue meine Entscheidung nicht. Drei junge Damen aus Glasgow, Kate Reid mit Gesang und Gitarre, Meggan Reid mit Geige und Gesang und Hazel Reid mit Whistles, E-Bass und Gesang und als einzigem Mann der Truppe Jay (Nachname?) aus Ayreshire mit einer arabischen Trommel, deren Name mir nicht einfällt (Moustafa Osh spielt eine solche bei Sahara; ah es ist eine Darabuka) boten ein abwechslungsreiches Konzert aus traditioneller und moderner schottischer und etwas irischer Folkmusik. Die drei Schwestern bilden eigentlich die Band, während Jay anscheinend für diese Deutschlandtournee dazu stieß, aber so genau wurde das nicht erklärt. Sie spielten – abgesehen vom E-Bass – rein akustisch, gänzlich ohne Mikrophon, was sie, so Kate, die ihre Ansagen gemischt auf Deutsch und Englisch hielt, ansonsten nur zu Hause zu Weihnachten tun, so dass die gute Akustik des Feuerschlösschen-Foyers voll zum Zuge kam. Vor allem Kates Gesang und Meggans Fiddlespiel bildeten den Hauptpart der Musik, aber Bass und Whistles gaben hier und da eine besondere Note hinzu, wobei die Whistles gegen die Geige meistens ein bisschen zu leise blieben, außer in dem Stück, in dem Hazel eine Susato einsetzte. Ja, Näx hat recht, die sind wirklich lauter. Besonders bei den Jigs, Reels und anderen schnelleren Tunes gab die arabische Trommel als Alternative zur Bodhrán dem Ganzen einen besondern Touch, der gut passte und zeigte, wie weltoffen traditionelle Musik sein kann. Die Tunes waren großenteils typische Sessionmusik, dabei auch das Eine oder Andere von Michael MacGoldrick. Die Lieder hatten eine große Spannbreite von alten Traditionals, auch welchen von Robert Burns, bis zu modernen poppigeren, jazzigeren, teils auch souligeren Songs, deren Stil denen vertraut sein dürfte, die z.B. Gruppen wie Tarras oder Tamalin kennen. Was davon nun Eigenkompositionen und was von anderen Band übernommen war, erkannte ich nicht immer. Nur mit Bier kennt Kate sich nicht aus: Überlegend, ob „The Lark in the Morning“ ein irisches oder ein englisches Lied sei, meinte sie, es sei irisch, da darin ein Porter erwähnt sei, und Porter sei ein alter Name von Guinness. Das stimmt aber nicht, denn Porter ist eine alte englische Biersorte, dunkel, recht stark und obergärig, während Guinness ein irischer Firmenname ist, dessen berühmtestes Produkt ein Stout ist, eine ebenfalls dunkle und obergärige Biersorte, die ursprünglich stärker (stouter) war als ein Porter, heute aber meistens etwas alkoholärmer ist. Ungeachtet dieser Überlegung ist „The Lark in the Morning“ wirklich ein irisches Lied, da hat sie Recht, trotz des fehlerhaften Lösungsweges. Fazit: Bevor die drei Schwestern und ihr Trommler nun back to Caledonia reisten, bezauberten sie hier am Rhein die Besucher des total ausverkauften Feuerschlösschens und dürfen gerne wieder kommen!

http://www.the-midden.com/
http://www.folker.de/200305/rezi-eu.htm#11
http://www.folker.de/200406/rezi-eu.htm#07
http://www.the-midden.com/press_pack/Folker!%20live%20review%20german.pdf
http://www.regenbogenklang.de/img/Darabuka01.jpg

MAS

Monday, October 10, 2005

CD-Rezension: Günter Hochgürtel. Troubadour. Günter Hochgürtel singt eigene und andere gute Lieder.

Günter Hochgürtel. Troubadour. Günter Hochgürtel singt eigene und andere gute Lieder.
(Eigenverlag) 2005.
17 Tracks, mit Coverfoto

Wer vom Wibbelstetz-Frontsänger Günter Hochgürtel Lieder in Nordeifeler Mundart oder unter dem Titel „Troubadour“ mittelalterliche Minnelieder erwartet, wird von dieser CD zunächst enttäuscht sein, wer Günter aber mal als Solosänger mit Gitarre und Mundharmonika erleben will und sich in der deutschen Liedermacher- und der französischen Chanson-Szene wohl fühlt, für den ist sie genau richtig. Zwölf hochdeutsche, drei französische, ein englisches und dann doch noch ein ripuarisches Lied, allesamt angenehm anzuhören, sind hier versammelt. Leider gibt es keinerlei Infos darüber, welche Lieder nun von ihm selbst und von dem die anderen sind. Gut, „Heute hier, morgen dort“ ist von Hannes Wader, „Ma Liberté“ von George Moustaki, „Time in a Bottle“ von Jim Croce, anderes z.B. von Jacques Brel und von Berthold Brecht, aber ich denke, man kann nicht voraussetzen, dass das jeder weiß. Trotzdem ist es eine schöne Platte, die zum Nachdenken und Träumen einlädt, und Günter teilte mir mit, dass er auf seinen Livegigs auch lustige Kommentare zwischendurch bringe, die auf der CD nicht drauf seien.

MAS

Saturday, October 08, 2005

Konzertrezension: Pure Irish Drops in der Brotfabrik in Bonn-Beuel am 8.8.2005

Pure Irish Drops in der Brotfabrik in Bonn-Beuel am 8.8.2005


War das 16. Pure Irish Drops – Konzert im letzten Jahr Micho Russel gewidmet, so stand in diesem Jahr beim 17. Turlough O’Carolan (1670- 1738) im Mittelpunkt, jener Ire, der als junger Mann erblindete und, um mit seiner Behinderung überleben zu können, das Harfespiel erlernte und im Nachhinein der berühmteste Komponist Irlands wurde. Sein Name fällt oft in Irish Folk – Konzerten, aber zumeist wird er eben als traditioneller Musiker vorgestellt und nur selten als das, was er eigentlich war, nämlich ein Barock-Komponist, der manchmal auch als „der Vivaldi Irlands“ bezeichnet wird. Kathleen Loughnane, die auch 2003 bei den Pure Irish Drops dabei war, auf der Harfe, ihr Sohn Cormac Cannon auf Uilleann Pipes und Whistles und ihr Neffe Martin Hughes auf der Querflöte brachten dem Publikum, das den Konzertsaal der Bonner Brotfabrik an diesem Abend füllte, diese Seite O’Carolans zu Bewusstsein. Gleich das erste Stück klang zugleich so barock und so irisch, dass ich ins Träumen geriet und mir eine Kutsche vorstellte, die durch eine Allee auf ein barockes Schloss in einer grünen Hügellandschaft zufährt, und aus der dann Männer mit Dreispitzen auf den Köpfen und in langen Gehröcken und Kniebundhosen aussteigen. Im Laufe des Abend gab es dann auch Stücke italienischer Barock-Komponisten, wie z.B. Arcangelo Corelli (1653-1713), der auch eine Zeit lang in Irland lebte, aber O’Carolan nicht kennen lernte, dann aber auch „normale“ Traditionals, die Besuchern der Fiddler’s Session nicht unbekannt sind. Dass Martin eine metallene, statt einer, wie beim Irish Folk üblich, hölzernen Flute spielte und Cormac keine metallenen, sondern Kunststoff-Whistles von Susato, die einen etwas blockflötenartigeren Klang haben, passte auch in den Ohren der im Publikum anwesenden Sessionmusiker sehr gut in diese Arrangements hinein. Es kam dann die Frage auf, ob das nun Crossover-Musik sei, wenn man barocke und traditionelle Musik so miteinander vermische. Florian Fürst, der Tourmanager, meinte dazu, diese Musik sei so zu Zeiten O’Carolans gespielt worden, und nur uns heute sei das etwas ungewohnt. Crossover ist es demnach eigentlich nicht, es sei denn, man spielte damals Crossover, dann schon. Wenn ich eine traditionelle irische Band nennen müsste, deren Musik der an diesem Abend gebotenen am ähnlichsten ist, dann fällt mir keine geringere als die berühmten Chieftains ein, die musikalischen Kulturbotschafter Irlands, nicht nur was das Harfespiel des leider mittlerweile verstorbenen Derek Bell anbelangt, sondern auch die Spielweise der Blasinstrumente. Das Wort „Chieftains“ fiel an diesem Abend auch des öfteren, aber nicht als Name der Band, sondern als Bezeichnung der Adeligen Irlands, an deren Höfen sich die Musiker, und so auch O’Carolan verdingten und ihren Lebensunterhalt verdienten. So passt der Vergleich auch von da her, aber nichts desto trotz muss ich sagen, dass ich eine genau so gespielte Musik noch nie gehört habe, so dass diesem Konzert beigewohnt zu haben, eine echte und wertvolle Bereicherung meiner musikalischen Erfahrung ist.


http://www.ffmusik.de/
http://www.brotfabrik-bonn.de/
http://www.breizh.de/aktuell/aktuell_188.htm

MAS

Friday, September 30, 2005

Konzertrezension: Rheinpiraten und Liederjan im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf am 30.9.2005

Rheinpiraten und Liederjan im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf am 30.9.2005


Mario Dompke, einer der Musiker, die auch beim Bonner Folktreff aufgetreten waren, kontaktierte den Wirt des Bungertshofes in Oberdollendorf mit der Beschwerde, dass im Musikangebot des Bungertshofes zu wenig deutsche Folkmusik angeboten werde, worauf dieser ihm anbot, ein solches Angebot doch zusammen zu organisieren, und so kam es, dass am 30.9.2005 Liederjan daselbst auftrat.

Der Name „Liederjan“ klang für mich wie „Zupfgeigenhansel“, „Folkländer/Bierfiedler“, „Fiedel Michel“ und andere Vertreter des deutschen Folkrevivals der 1970er, die mir allesamt weniger bekannt und sozusagen exotischer sind, als Namen wie „Dubliners“, „Planxty“, „Bothy Band“, „Chieftains“ und andere irische Folkrevivalisten, die auch stets Vorbilder und Ansporner ihrer deutschen Gesinnungsgenossen waren.

Als Vorgruppe für Liederjan war nun aber zunächst Mario Dompke mit seinen Rheinpiraten an der Reihe. Es waren derer drei, nämlich außer Mario mit Gitarre und Gesang noch Thomas Bandholz ebenso singend und Gitarre spielend und Tilman Schmidt, der mit seiner Geige das Ganze noch untermalte. Die sangen fünf Lieder aus den Jahrhunderten zwischen Oswald von Wolkenstein und Johann Wolfgang von Goethe, allesamt aber in heutiges Neuhochdeutsch übertragen, und im Großen und Ganzen für Piraten, wie ich sie mir vorstelle, eher untypische ruhige Balladen, Lamentationen und Liebeslieder, wonach sie sich bescheiden ins Publikum zurück zogen, um Liederjan die Bühne zu überlassen.

Dieses norddeutsche Trio zog dann mit viel Tamtam und brummender Tuba, die eher bayerisch als norddeutsch anmutete und mich an die Biermösl Blosn erinnerte, durch den Saal und begann sein Konzert mit der Aufforderung, die Zuhörer mögen sich zunächst einmal vorstellen. Da dieser Aufforderung niemand folgte, stellten sich ganz spontan die drei Musiker dem Publikum vor und zwar in Form kleiner Anekdoten, ähnlich, wie Rabih Abou Khalil seine Combo immer vorstellt. So soll Klaus Irmscher mal Nähmaschinenmonteur, dann Arbeitsamtangestellter und zuletzt Kammerjäger gewesen sein, Jörg Ermischs Berufziel soll es gewesen sein, ein Bestattungsunternehmer zu werden, wie der, der in den Lucky Luke Comics immer wieder auftaucht, nur dass er nun statt der Särge lieber Instrumente baut, und Hanne Balzer soll eine Eskimorolle mit Tuba beherrschen. Während Jörg zum 30 Jahre alten Urgestein der Band gehört, sprang Hanna für den 2003 verstorbenen Anselm Noffke ein, und Klaus ist erst im 31. Jahr, also 2005, dazu gekommen.

Um nun das Konzert sinnbewahrend aber kurz darzustellen, sei gesagt, dass sie außer ihren angeborenen Stimmbändern eine ganze Reihe unterschiedlicher Instrumente mitgebracht haben, natürlich Gitarren, aber auch Ziehharmonikas – darunter eine zwei Meter lange, die man zu zweit spielen muss – die schon erwähnte Tuba – die übrigens von Hanne bedient wurde – Keyboard, Tin- und Lowwhistle, Klarinette und noch mehr. Darauf spielten sie Melodien die ihre Heimat hier und da in der deutschen Musikgeschichte haben, aber auch 7/8taktig Balkanisches und irisch Verwurzeltes war darunter. Ja, das Irische war tatsächlich mit dabei, nicht nur in dem Lied, in dem die Band nostalgisch auf die Zeit zurück blickte, als sie von 1969 bis 1975 als „Tramps und Hawkers“ noch von der grünen Insel schwärmend eine Irish Folk Band war, sondern z.B. dem auf oberlausitzischem Dialekt vorgetragenen Lied über einen Oberlausitzer, der in einem Hamburger Baumarkt vergeblich nach Spackschrauben sucht, und dessen Melodie, wenn ich sie richtig erkannt habe, die von „Paddy’s not at work today“ war. Neben dem Oberlausitzischen – dessen R ähnlich gerollt wird wie das des Siegerländischen – beherrschte vor allem Klaus diverse Dialekte, und dieser sang auch das einzige plattdütsche Lied über die Sehnsucht, mit einem Schiff dahin zu fahren, wo die Papageien fliegen und die Mangos wachsen. Ansonsten gab es z.B. eine Mordgeschichte an einer Havelschleuse, eine Parodie auf den rheinischen Karneval, eine auf das Restaurieren alter Wehrmachtsfahrzeuge, eine auf den Schlankheitswahn und allerlei Parodistisches sonst noch, das die Grenzen zum Kabaret auch mal überschritt, ähnlich wie bei den Biermösl Blosn aber nicht so direkt politisch und nicht so regionalthematisch. Es gab noch vieles mehr, es wurde viel gelacht, und was die drei Nordlichter musikalisch drauf haben ging neben all den lustigen Texten und Ansagen fast unter, aber ganz am Schluss zum Beispiel – wirklich nur zum Beispiel! – zeigten sie ihr Können in einem mehrstimmigen Gesang im Stile des Frühbarock – meines Wissens war es die Melodie von „Salzbug ich muss dich lassen“. Da ging der humorvolle neue Text fast neben der Schönheit des Gesangs unter. Das passte zu den Kronleuchtern an der Decke und den Kerzen auf den Tischen! Ja, auch das ist Folk oder Volksmusik, die man ja nicht so bierernst nehmen muss.

Apropos Bier: Im Bungertshof gibt es Jever Dark. Aber noch erwähnenswerter ist das Sortiment an Weinen die gerade um die Ecke bei Broehl-Blöser wachsen, am nördlichsten Mittelrheinweinberg, das muss so am Rande des Weinbaugebietes ja doch auch mal besonders erwähnt werden. Und obwohl es nicht ein Saal ist, sondern drei Räume mit breiten Durchgängen dazwischen, kann man auch vom hintersten Raum die Bühne ganz vorne gut sehen und dank der Lautsprecher in jedem Raum hört man alles gut, obwohl die Architektur nicht so akustisch ist wie z.B. im Feuerschlösschen mit seinem Gewölbe. Ich kann schon alleine wegen dieser sehr angenehmen Atmosphäre diesen Veranstaltungsort auch für andere Konzerte nur weitrer empfehlen. Z.B. wird im Dezember Le Clou dort spielen.

Interessant in Bezug auf Liederjan und auf Show of Hands (15.9.2005 im Feuerschlösschen) finde ich interessant, dass beide Bands mit Irish Folk anfingen, von dort her beeinflusst aber die eigenen ethnischen und regionalen Musiktraditionen wieder entdecken und beleben wollten. Die irische Musik bleibt als Bezugsgröße auch für die, die sich dann von ihr abgewandt haben, auch für Mario Dompke, der meint, man höre überall irische, aber fast nirgends deutsche Folkmusik (abgesehen vom Musikantenstadl und dergleichen, wovon man sich ja wirklich vehement zu distanzieren bemüht ist). Und wir „Endverbraucher“ stehen bar jeder eigenen musikalischen Traditionsanbindung vor diesen diversen Angeboten wie vor einem Supermarktregal und wählen je nach Geschmack oder sonst wie begründeten Vorlieben was wir mögen. Die einen lieben die Vielfalt, andere mögen nur das eine, nicht aber das andere oder gar innerhalb einer Provenienz nur das Instrumentelle oder nur das Gesungene. So ist bei der Musik wie beim Bier oder Wein: die einen produzieren und geben sich mal mehr mal weniger Mühe damit, sind traditionstreuer oder kreativer, eigensinniger oder marktorientierter, und die anderen konsumieren, wählen aus, genießen oder legen es beiseite. Und wie es Hobbybrauer und Hobbywinzer gibt, so gibt es auch Hobbymusiker, die gerade im Folkbereich besonders wichtig sind. Und so hoffe ich, dass auch Mario Dompke mit seinem Vorhaben, die deutschen Liedgüter wieder mehr ins Bewusstsein der Leute zu bringen, auf wohlgeneigte Hörerinnen und Hörer trifft, sei es mit seinen Rheinpiraten oder mit den Musikern, deren Tourneen er organisiert!

http://www.rheinpiraten.de/

http://www.folker.de/200102/liederjan.htm

http://www.folker.de/200405/04liederjan.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Zupfgeigenhansel

http://www.folker.de/200104/folkl.htm

http://www.folker.de/9805/fiedel.htm

http://www.bungertshof.de/

http://www.weingutbloeser.de/

Fotos vom Konzert folgen noch.

MAS

Friday, September 23, 2005

CD-Rezension: The Irish Folk Festival 05. Tunes for Tara.

The Irish Folk Festival 05. Tunes for Tara.



(Magnetic Music) 2005
16 Tracks, 69,00 mit Fotos und Infos (engl.)

Melancholischer geht es kaum. Die Gruppe Beoga startet diese Scheibe mit einem auf einer Concertina mit Keyboardbegleitung als Air gespielten Barnd Dance namens „The hills of Tara“, als gäbe man dieses von einem Autobahnbau bedrohte irische Nationaldenkmal schon verloren und gedenke nur der verlorenen Vergangenheit. Das diesjährige, also 2005er Irish Folk Festival ist nun auch der Rettung der Hügel von Tara gewidmet, und schon das zweite Stück, „The factory girl“, gesungen in einer druckvollen, an einige Countrysongs erinnernde Weise mit eingestreuten Jigpartien, vermittelt in seiner fröhlichen Weise wieder mehr Hoffnung, desgleichen der darauf folgende Jig, der dann aber wieder von einem traurigeren Liebeslied gefolgt wird. Die Harfenistin, Pianistin, Whistlespielerin und Sängerin Pamie Gow setzt mit einigen Begleitmusikern diese Wechselstimmungen fort, die ja auch das Wunderbare an irischer Musik ausmachen und so auch seit dem ich die IFFs besuche zu deren Grundstimmung beitragen. Das traurigste Lied der CD ist die Nr. 7 „Goodbey to sea and sailors“, während das vom Text her noch traurigere „The last of the great whales“ hier von Solas zu fröhlich begleitet wird. Ja, Solas, die auch 2004 die geheimen Stars des IFF waren, sind wieder dabei und geben nach der nicht so gut gelungenen Leviathanlamentation zwei ihre typischen balkangeschwängerten, äußerst spannungsreichen Tunesets zum Besten, gefolgt von einer wirklich schönen Ballade. Den Abschluss bilden Kevin Burke & Ged Foley mit Geige, Gitarre und Gesang mit zwei Songs und zwei Tunesets, wobei Kevin Burkes Fiddlespiel vom feinsten ist, was sonst? Wer also nicht bis zum 15. November warten will, an welchem das IFF in Köln gastiert, kann sich mit dieser wunderbaren, stimmungsvollen CD die Zeit verkürzen, sie ist eine würdige Vertreterin dieser Reihe. Ich nehme indes an, das beim Festival selber die Reihenfolge der Band eine andere sein wird. Warten wir es ab.

MAS

CD-Rezension: Wibbelstetz. De Kopp voll Dröhm

Wibbelstetz. De Kopp voll Dröhm


(Pavement Musikverlag) 2005
12 Tracks, 52,04 mit Texten und Fotos

Rechtzeitig zum mit einem Jahr verspätet gefeierten 20-jährigen Bandjubiläum präsentierte die nordeifeler Band Wibbelstetz ihre neue CD. Rund zehn Jahre jünger als die Bläck Fööss und die Höhner kommen auch die Wibbelsteze allmählich in die Jahre und blicken auf ihre Jugend in den wilden 60ern und 70ern zurück, als Che Gueavara und John Lennon die Helden waren und man „jedes Wochenengk am Stöck op jöck“ war. Jetzt liebt man es schon gemütlicher und häuslicher, hat den Widrigkeiten des Lebens gegenüber eine Gelassenheit entwickelt, sehnt sich danach, noch einmal den Sonnenaufgang zu sehen, und weiß eine treue Frau mehr zu schätzen als einen Millionengewinn. Religiös wird man deswegen aber noch nicht, sondern denkt mit Schaudern an die Kirchgangspflicht der Kinderzeit zurück. Diese und andere Themen singen und spielen Günter Hochgürtel (Gesang, Akustikgitarre, Mandoline, Banjo, Mundharmonika), Linus Krämer (Akkordeon), Jürgen Schröder (Gesang, Schlagzeug, Percussion), Michael Metzele (Gesang, Stromgitarre) und Georg Zwingmann (Gesang, Bass) wie immer in nordeifeler Mundart, einer Version des Ripuarischen, zu dem auch Kölsch und Bönnsch gehören, nur ein Lied ist hochdeutsch. Fast alle sind Eigenkompositionen, nur eines von John Hiat wurde aus dem Englischen und eines von Georg Danzer aus dem Österreichischen übertragen und eingeeifelt. Musikalisch ist es fast durchgängig Rockmusik, Eifelrock eben, aber sehr melodiös. Mir fehlen etwas die Schottischen, Rheinländer und anderen alten Tanzmelodien, die sie ansonsten so gut drauf haben, oder höre ich sie nur nicht heraus? Nun gebe ich bei all der in den Liedern vorgetragenen Kömerei die Hoffnung nicht aus, dass die Aussage„die beste Johre, die senn jetz vorbei“ nicht stimmt, sondern die gute Luft in der Eifel den Wibbelstetzen so schnell nicht den Atem ausgehen lässt. Meine Gratulation zu den 20 Jahren und dem zwölften Tonträger! Ein Bericht von mir über das Jubiläumskonzert am 20.8.2005 in Nettersheim folgt im Folker! 6/05.

MAS

Thursday, September 15, 2005

Konzertrezension: Show of Hands beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 15.9.2005

Show of Hands beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 15.9.2005


Am 15. September 2005 gab es das 50. Folk im Feuerschlösschen – Konzert, und die Bad Honnefer Zeitschrift „Rheinkiesel“ widmete dem FiF nicht nur eine Anzeige, sondern gleich einen richtigen Artikel, in welchem man nachlesen kann, wie denn Jutta Mensing und Mike Kamp auf die Idee der Folk-Konzerte kamen und wie es bislang gelaufen ist (vgl. Paulus Hinz. Musik kennt keine Grenzen. In: Rheinkiesel Sept. 2005, S. 8f.). Und Mike Kamp, der ja auch Herausgeber des Folker! ist, schrieb für diese Musikzeitschrift einen Artikel über Show of Hands, das englische Duo, das an diesem Abend im FiF auftrat (vgl. Mike Kamp. Vier Hände für England. Show of Hands. BBC-Preisträger wollen Deutschland erobern. In: Folker! 05.05., S. 11ff.)

Ich hatte besagtes Duo schon mal vor einigen Jahren in Rudolstadt auf dem Tanz & Folk Fest gehört. 1996 sollen sie die Royal Albert Hall in London mit ihren Fans gefüllt haben, und das Foyer im Feuerschlösschen war auch voll, obgleich sie so viele Fans hierzulande ja noch gar nicht haben. Steve Knightley und Phil Beer boten nun auch eine Musik, die einerseits sehr von den Texten lebte, andererseits aber auch durch ihre Stimmen und Instrumente einen musikalischen Hochgenuss generierte. Steve ist der Hauptsänger, und spielt zumeist Gitarre oder Mandoline oder auch mal eine kleine südamerikanische Gitarre, deren Spezialname mir jetzt nicht einfällt, und auf der er – so hat er es dem Chilenen, von dem er sie hat, versprochen – keine Yankeemusik spielen darf. Auch eine Mundharmonika kam einmal zum Einsatz. Phil beherrscht die Zupfinstrumente nicht minder gut, aber begleitete und umspielte Steves Gesang vor allem mit seiner Geige, mal in der gleichen, mal aber in einer zweiten Stimmlage. Das alles ergab einen mal flotten, mal melancholischen, zumeist sehr druckvollen Klangteppich, der von der Gewölbedecke wieder hallte. Von den Texten verstand ich nicht alles, da ich gesprochenes Englisch besser verstehe als gesungenes, aber dank der Ansagen konnte ich so doch erahnen, worum es in den Liedern ging. Da war z.B. ein Vater und sein Sohn, die vor der cornischen Küste nach Muscheln suchten, wobei es dem im Boot wartenden Sohn aber zu langweilig wurde, und er weg fuhr, so das der wieder auftauchende Vater vergeblich nach dem Boot Ausschau hielt. Irgendwie kam er aber wieder an Land. Ein anderer junger Mann in einem anderen Lied hingegen verbrannt in einem gestohlenen Auto. Ja, es waren eher ernste Lieder vor allem vom Sudwesten Englands, aus Corwall, der Heimat des Duos. Reine Instrumentals waren weniger dabei, ich habe nur zwei in Erinnerung, einen sehr schnell gespielten Morris Dance und einen schottischen Reel.

Nach der Pause vergrößerte sich das Duo zu einem Trio, denn Miranda Sykes gab mit ihrer weiblichen Stimme und einem nicht nur zu dieser, sondern auch zu den Instrumenten der beiden Männer einen Kontrast bildenden Kontrabass, das sie strich und zupfte, der Torte das Sahnehäubchen auf. Obwohl englische Folkmusik hier bei uns weit weniger bekannt ist als irische und schottische, was Steve etwas neidisch bemerkte, kam sie doch recht vertraut vor. Teils gibt es Gemeinsamkeiten mit kontinentaleuropäischen Folktraditionen, teils erkennt man in ihr eine Wurzel der angelsächsischen Pop- und Rockmusik, teils bemerkt man aber auch, dass sie und ihre nördlichen und westlichen keltischen Nachbarn zusammen einen nicht nur musikalischen Kulturraum bilden. Steve sagte auch, er habe früher mal mit Irish Folk in Irish Pubs sein Geld verdient, und ein von ihm in dieser Zeit komponiertes Lied habe er später auf einer irischen Webseite als „Irish traditional“ bezeichnet wieder gefunden. Von dieser Modewelle inspiriert hätten sie sich dann aber auf ihr eigenes ethisch- und regional-musikalisches Erbe besonnen, und es kam dann ja auch Ordentliches dabei heraus. Übrigens hat Steve Ähnlichkeit mit Michael Fitz, der im Münchner Tatort-Team den Kriminaloberkommissar Carlo Menzinger spielt, und Miranda (wenn auch viel jünger!) mit Rita Russek, die in der Stuttgarter Tatort-Serie die Hannelore Schmiedinger spielt, Ernst Bienzles treue Freundin und Beraterin, so dass auch Tatort-Freunde bei diesem Konzert auf ihre Kosten kamen. Phil – wenn wir schon mal bei Filmen sind – könnte sehr gut in Piratenfilmen und Western mitspielen, und am Tisch einer Hafenspelunke oder eines Saloons dem Helden der Geschichte ein windiges Geschäft vorschlagen. Steve meinte, in Cornwall gäbe es noch mehr davon.

Nicht nur Musik-, sondern auch Bierfreunde kommen im Feuerschlösschen auf ihre Kosten: wenn auch nicht vom Fass so wird dort gelegentlich Guinness Extra Stout oder Newcastle Brown Ale geboten und – was mich eigentlich noch mehr freut – Steffens Casbacher Braunbier aus Linz, wenige Kilometer rheinaufwärts und doch in Bonn recht unbekannt. Wer will, kann unter http://www.biertest-online.de/cgi-bin/show/ebs.pl?Bier=Steffens+Casbacher+Braunbier

http://www.showofhands.co.uk/

http://www.longdogs.co.uk/news/

http://www.folker.de/200505/01showofhands.htm

http://www.inter-times.de/Components/Vereine/Vereine_Bad_Honnef

http://www.rheinkiesel.de

http://www.brauerei-steffens.de/


Hier sind ein paar Fotos:


Konzertplakat


Phil Beer und Steve Knightley


Phil Beer und Steve Knightley


Phil Beer bedankt sich mit ausschweifender Geste für die von Jutta Mensing anlässlich des 50. FiF-Konzertes überreichte Torte


Phil Beer, Steve Knightley und Miranda Sykes


Steve Knightley, Mike Kamp, Jutta Mensing, Miranda Sykes und Phil Beer










MAS

Tuesday, August 30, 2005

CD-Rezension: Publiners. in Publin

CD-Rezension: Publiners. in Publin
Eigenverlag 1996 mit Fotos und wenigen Infos (dt.)
14 Tracks, 44,52 Minuten



Der Name verrät das Programm: Irish Pub Songs im Dubliners-Stil. Dubliners-Epigonen gibt es zu Hauf, auch in Deutschland, und auch die Publiners aus Jena ragen nicht durch sonderlich Eigenarten aus dieser Menge heraus. Songs die jeder kennt, der sich auch nur ansatzweise mit irischer Musik beschäftigt, wie „I’ll tell me ma“, „Whiskey in the jar“, „All for me grog“ und „The auld triangle“ sind auf dieser Scheibe versammelt. Aber, was höre ich da beim „Whiskey in the jar“? Trompeten wie aus einer Mexikoszene eines Westerns? Nun, da drücken sie dem doch einen eigenen Stempel auf. Auch sind einige Instrumentals darauf, darunter auch ein An Dró aus der Bretagne, alles sauber gespielt, nicht sehr fetzig, eher weich, und – ja das muss ich sagen – sehr angenehm zu hören. Fazit: Wenn auch nicht herausragend, so ist diese CD doch ein Beispiel gut gespielte Irish Folk Music, gute Volksmusik eben, nicht mehr und nicht weniger.




Die Publiners bestehen aus
Tim „Latzhose“ Liedert (voc. mand, bj) (Was heißt denn bj?)
Ray „Mutz“ Barra (whistles, bodhrán, voc)
Ekbert „Eki“ Kretzschmar (voc, g. bodhrán)
Mario „Schmied“ Flügel (g. bouz, mandola, voc)
Gerd „The Geige“ (fiddle, mand, voc)
(Na, wo ist denn die Trompete?)






Trackliste:

01. Tarry Trousers
02. Brian Boru’s March / The Road To Lisdoonvarna
03. Fanny Power
04. Weile Waile
05. Rattlin Roarin Willi A The Atholl Highlander March
06. I’ll Tell Me Ma
07. Champion At Keeping Them Rollin’
08. Britches Full Of Stitches / The Mulcair Bank’s / Falls Of Doonass
09. Whisky In The Jar
10. Lovers Ghost
11. Madam I’m A Darlin’
12. An Dró
13. All For Me GrogThe Auld Triangle

Internetpräsenz:
http://www.polyfolk.de/Katy/musiker/publiners/publiners.html

(Das hier sind Namensvettern aus Norwegen: http://www.publiners.com/, also nicht verwechseln!)

MAS

CD-Rezension: Tosnu. Tosnu

CD-Rezension: Tosnu. Tosnu
Eigenverlag 2004 mit Fotos und Infos (engl.)
12 Tracks 46,42 Minuten



„Tosnu“, eine Zusammenführung der gälischen Wörter „tosaigh“ = „Anfang“ und „nua“ = „neu“ ist der Name des Duos, das aus Audrey Darby und Gunnar Nilson besteht, deren geographische Herkunft mir leider nicht bekannt ist, ah doch, ein Blick auf die Homepage von Flaxmill klärt darüber auf, dass Gunnar in Jena wohnt. Die CD wurde jedenfalls in Dublin eingespielt, aber in Deutschland zu Ende gestaltet. Die Musik besteht hauptsächlich aus traditionellen irischen Liedern, zumeist auf Englisch, zum Teil auf Gälisch gesungen, sowie aus ein paar fröhlich auf der Tinwhistle mit Gitarrenbegleitung gespielten Tunes. Zumeinst singt Audrey, seltener Gunnar, und zwar auf eine feine, schöne Weise, aber großenteils ohne besondere Höhepunkte der Stilistik. Am ehesten fällt mir „The call and the answer“ als ungewöhnlich gesungen auf. Audrey trägt es in dem für religiöse Lieder der Bahá’í typischen jazzigen und zugleich getragenen Weise vor. Ob sie aber Bahá’í ist, geht daraus nicht hervor, das muss ja auch nicht sein, und wenn es so wäre, wäre das ja auch nicht schlimm. Jedenfalls ist es eine schöne Volksmusik, die die beiden da präsentieren, größenteils eher zum Träumen, als zum Tanzen geeignet, eine Musik zum gemütlichen Zuhören.

Eine eigene Internetpräsenz von Tosnu habe ich nicht gefunden, aber hier ist die CD präsentiert: http://www.flaxmill.de/veroeffentlichungen.html

CD-Rezension: Flaxmill. all it takes...

CD-Rezension: Flaxmill. all it takes...
Eigenverlag 2004 mit Fotos und Infos (engl.)
13 Tracks, 55,09 Minuten




Diese Flachsmühle steht an der Saale und zwar in Jena. Die darin gemahlene CD bietet einen vielstiligen Mix traditionell irischer und einiger Musik anderer Provenienz, z.B. schottischer, bretonischer und südfranzösischer. Sie beginnt mit einer getragenen Air auf der Whistle, geht aber bald über in flotte, teils ceilidhgeeignete Tanzmusik, in der Whistle, Fiddle und auch Bouzouki den Ton angeben, begleitet von Gitarre, Bodhrán und anderem. Auch Lieder sind dabei, zumeist langsame Balladen. Da kann dann auch schon mal ein Cello dröhnen, gefolgt von mehrstimmigem Gesang. Eine wirklich schöne CD, der man in gewisser Weise anmerkt, dass sie aus einer der Städte der deutschen Klassik stammt, denn ich könnte mir sehr gut vorstellen, wie Goethe und Schiller am Kamin sitzend dieser Musik lauschen.

Die Band besteht aus:
Gunnar Nilson
Katharina Liborius
Christina Bartl
Marko Schmidt
Toni Schilling
Internetpräsenz: http://www.flaxmill.de

Friday, July 15, 2005

Festivalrezension: 3. Weltkulturfestival „Horizonte“ am 15./16. Juli 2005 auf der Festung Ehrenbreitstein

HORIZONTE

Das 3. Weltkulturfestival „Horizonte“ am 15./16. Juli 2005 auf der Festung Ehrenbreitstein wurde zum vollen Erfolg. Das Konzept, durch freien Eintritt auch andere, nicht folk- und weltmusikerfahrene Besucher zu erreichen, ging auf. So kamen pro Tag ca. 4000 Besucher, die durch den kostenlosen Bustransfer von Koblenz zusätzlich angelockt wurden. Alle Hochachtung dem Horizonte-Team von Koblenz-Touristik und Förderverein Kultur im Café Hahn, die mit Hilfe etlicher Sponsoren organisatorisch, logistisch, auch verkehrsmäßig und vor allem mit dem Programmangebot ein wahres Meisterstück vollbrachten!
Durch die hohen Festungsmauern war es auf Ehrenbreitstein auch diesmal möglich, gleichzeitig auf zwei Bühnen spielen zu lassen, ohne dass Soundprobleme entstehen. Durch die halbstündigen Überschneidungen konnte man auch von der parallel spielenden Gruppe etwas Musik kosten, was die Besucher sicher freute.
Die Musiker bedienten ein breites Spektrum – vom leisen Folk über Jazz und wilden Rock bis hin zu Reggae, lateinamerikanischen Rhythmen und traditionellen Klängen aus Indien, Asien, Afrika oder Bulgarien. Neben neuen Namen brillierten und begeisterten bekannte Größen – die holländisch-brasilianische Elektrofunk-Formation Zucco 103, der algerische Worldbeat Virtuose Djamel Laroussi, die wilde russische Band Markscheider Kunst aus St. Petersburg, die spanische Sängerin Amparo Sanchez mit ihrer Band Amparanoia und last not least Quadro Nuevo, die tolle Tangotruppe aus der Schweiz. So wurden wie Horizonte wirklich erweitert. Zwar fehlte der Blick in die Nähe, deutsche Gruppen und Liedermacher waren nicht vertreten – doch das war wohl auch das Konzept.
Wie auf solchen Festivals üblich, boten auch auf Ehrenbreitstein einige Stände Kleidung, Waren und Speisen aus fernen Ländern an. Wem das alles zu viel wurde, der konnte das Festivalgelände verlassen und in Ruhe auf dem Vorhof der Festung die wunderschöne Aussicht auf Rhein und Mosel bei Sonnenuntergang genießen.
Es lohnt sich, das Festival zu besuchen – allerdings sollte man Getränke zu Hause lassen. Die Taschenkontrollen verzögern den Eintritt in die Festung erheblich.

Jutta Mensing

Wednesday, June 15, 2005

Konzertrezension: Geraldine MacGowan Band am 15.6.2005 in der Brotfabrik in Bonn

Geraldine MacGowan & Band in der Brotfabrik in Bonn-Beuel am 15.6.2005

Geraldine MacGowan sang am Mittwoch, dem 15. Juni 2005 in der Bonner Brotfabrik zusammen in Begleitung ihrer dreiköpfigen Band bestehend aus Eamonn de Barra (Klavier, Flöte), Shane McGowan (Gitarre) und Brian O’Connor (Flöte). Schon von Kindesbeinen an singend, zwischendurch aber ein paar Jahre als Kneipenwirtin ihren Lebensunterhalt verdienend, merkte man ihrer Stimme diese biograpfischen Ereignisse durchaus an, denn sie klang geübt und einfach schön in den meisten Partien, aber erreicht auch ihre Grenzen vor allem in den höheren Tönen. So traf sie den gewollten Ton zu Beginn von “Blackwaterside” nicht, und – so Ralf Wackers Beobachtuzng – erschrak selbst darüber. Diesen einen Patzer glich sie mit der Ballade “Go from my window” aber mehr als aus, „bei der MacGowans Stimme so samtig glänzt, wie das Fell einer schwarzen Katze, deren Schnurrhaare langsam grau werden“ (Elise Schirrmacher. Rezension der CD „Somewhere along the Road“ in Folker! 5/2004, http://www.folker.de/200405/rezi-eu.htm#02).
Es kamen aber keineswegs nur die Freunde irischen Gesangs auf ihre Kosten, sondern auch die der Instrumentalmusik, denn Eamonn, Shane und Brian beschränkten sich nicht darauf, Geraldines Lieder zu begleiten, sondern bliesen, zupften und schlugen zudem noch einige flotte Tunes, die den Saal zum Beben brachten. Brian erwies sich dabei seinem Vornamensvetter Brian Finnegan von Flook zumindest fast ebenbürtig. Auch Geraldine machte bei den Tunes nicht immer eine Pause, sondern bediente sehr gekonnt die Bodhrán.
In dieser Mischung aus Songs und Tunes, langsamen und schnellen war das Konzert bestens dazu geeignet, irische Musik zu repräsentieren, in all den Stimmungslagen, die wir so an ihr lieben.
Im Anschluss an das Konzert durfte ich Geraldine und Eamonn auch noch interviewen, und den Artikel, den ich daraus zimmerte, kann man im Folker! 5/2005 lesen. Hier gibt es eine Vorschau darauf: http://www.folker.de/200505/05geraldinemacgowan.htm

Hier folgen nun noch ein paar Bilder, die ich an diesem Abend machte:


Geraldine MacGowan

Brian O’Connor, Eamonn de Barra, Geraldine MacGowan und Shane McGowan




Geraldine MacGowan und Eamonn de Barra













Ralf Wackers, Ellen D. Jeikner und Geraldine MacGowan

MAS

http://www.geraldinemacgowan.com/

Wednesday, June 08, 2005

CD-Rezension: Faust. vildsint

CD-Rezension: Faust. vildsint
Eigenverlag, 2005, mit Infos engl. schwed. u. Fotos
12 Tracks, 54,46 Minuten



Wer meine Rezension vom Faust-Konzert vom 3.5.2005 im Feuerschlösschen gelesen hat und sich nun ärgert, dass er das Konzert verpasst hat, sei getröstet, denn mit der neuen CD vildsint bekommt man 12 Stücke dieser urigen und doch so kunstvollen Musik zum dauerhaften Anhören. Auf mich wirkt die CD noch schwedischer als das Konzert, was auch, aber nicht nur an den von Anders Ådin gesungenen vier schwedischen Liedern liegt, sondern auch an den vier Polskas, aber auch andere Instrumentalstücke vermitteln eine durch und durch schwedische Stimmung, die einen rote Holzhäuser auf grünen Wiesen an blauen Seen sehen lässt. Traditionelle Stücke und Eigenkompositionen von Alban Faust und Christer Ådin bilden die Mehrheit, an sonstigen Komponisten sind genannt: J.C. & B. Blanc, Gilles Chabenat und T. Theuns, die allesamt keine Schweden, sondern Franzosen und ein Belgier sind. Damit, aber auch mit dem von Christer komponierten „Bretonska Mardrömmer“ („Bretonischer Alptraum“) wird die Brücke zu weiteren westeuropäischen Bordunmusik gebaut, wobei vor allem Chabenats Schottischer „La grand bête“ („Das große Tier“ oder „Der große Dummkopf“) dermaßen groovig mit Drehleier, Sackpfeife und Percussion gespielt ist, dass sie die CD schon allein deshalb lohnt.

Kurzum: dieses CD ist ein Muss für die Schnittmenge der Liebhaber skandinavischer Folkmusik und westeuropäischer Bordunmusik, ein Soll für die, die nur eines von beiden mögen und auch denen zu empfehlen, die von alle dem noch keine Ahnung haben, aber gerne hätten. Jutta Mensing vom Folk im Feuerschlösschen müsste noch welche auf Kommission da haben. Sie kostet allerdings 18,- €.

Die Besetzung der CD:
Alban Faust: schwedische Sackpfeife, Dalsland Pfeife, Schlüsselfiedel, hölzerne Low Whistle;
Christer Ådin: Bordunmandola, mandola, Akkordeon, Maultrommel
Anders Ådin: Drehleier, Gitarre, Gesang, Stuhl
Gastmusiker Ulf Gruvberg: Maultrommel, Gesang
http://www.faust.se

Tuesday, May 03, 2005

Konzertrezension: Faust bei Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 3.5.2005

Konzertrezension: Faust bei Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef am 3.5.2005



Svensk Folkmusik, schwedische Volksmusik, hört man hierzulande weitaus seltener als Irish Folk Music, irische Volksmusik. So war ich sehr erpicht auf das Konzert des Trios Faust am 3. Mai 2005 im Feuerschlösschen in Bad Honnef. Die ersten Klänge erinnerten mich indes viel mehr an Mittelaltermärkte, denn an das, was ich bisher an schwedischem Folk kannte. Alban Faust blies eine Sackpfeife, begleitet von Anders Ådin auf einer Drehleier. So mancher deutsche Zeitgenosse ordnet, wenn er schon darüber hinaus ist, Sackpfeifen einseitig als schottisch einzustufen, die Kombination aus Sackpfeife und Drehleier einseitig der Mittelaltermusik zu, denn Bordunmusik ist leider nicht sehr bekannt in unserm Land. Das schwedische Trio dieses Abends setzte aber noch einiges bordunmäßig drauf, denn nicht nur die Nyckelharpa, die Schlüsselfiedel, bei welcher ja unter den Spielsaiten auch spezielle Bordunsaiten mitklingen, kam zum Einsatz, sondern auch eine Mandola war ein Borduninstrument, mit einer Bordunsaite neben jeder Spielsaite. Außer diesen Bordun-, kamen auch noch „normale“ Instrumente hinzu, nämlich Gitarre, diatonisches Akkordeon, Flöte (eine Art hölzerner Low Whistle), Maultrommel, elektronische Percussion (aber nur bei einem Stück), und die menschliche Stimme. Auf diesen Instrumenten gaben Alban Faust, Anders Ådin und dessen Bruder Christer Ådin ein uriges, volltönendes, oft temporeiches, manchmal bedächtigeres Konzert. Tänze wie Walzer, Polskas, Schottische, sowie Hochzeits- und Liebes- und Kinderlieder hallten durch das wegen seiner guten Akustik berühmte Foyer des Feuerschlösschens.

Von drei verschiedenen Sackpfeifen, die Alban spielte, waren zwei Ellbogensackpfeifen, gewissermaßen also Uilleann Pipes, aber durchaus im Stehen zu spielen, nicht im Sitzen. Alban ist ja auch Instrumentenbauer, und hat diese beiden Ellbogenpfeifen selbst entwickelt, und die eine mit einem schwedischen, die andere mit einem französischen Chanter versehen. Er sagt mir in der Pause, die Ellbogenpfeifen seien bei Konzerten mit häufigerem Instrumentwechsel stabiler gestimmt zu spielen als die Mundpfeifen. Übrigens hat auch unser Bonner Matthias Höhn Sackpfeifen von Alban, der früher mal einige Jahre in Bonn lebte. Wer also mehr darüber wissen will, möge ihn fragen. Auch Christer ist Instrumentenbauer, Anders Musiklehrer. Für meine Ohren klangen neben den Liedern natürlich die Polskas am schwedischsten. Viele der anderen Stücke hätte ich genau so gut nach Frankreich oder Belgien einordnen können, was teilweise auch tatsächlich so war, aber doch wurden auch von denen für mich nicht so schwedisch klingenden Stücken die Meisten von Musikern komponiert, die vor 100 Jahren oder so dort lebten, wo die drei heute zu Hause sind: in Dalsland, Südwestschweden, nahe der Riksgränsen nach Norwegen. Somit war es eine Mischung aus regional verwurzelter und allgemein europäischer Bordunmusik. Einen Walzer meinte ich, wenn auch in einer etwas anderen Variation, aus der Filmmusik des Fantasyfilms „Zeit der Wölfe“ („Company of Wolfs“) wieder zu erkennen, dort „Village Wedding“, hier „Steklåten“ genannt, also einmal „Dorfhochzeit“ und einmal „Bratenstück“, wobei damit der beim Hochzeitsgelage herein getragene Braten gemeint ist.

Diese wirklich wunderschöne Konzert, das eventuell mit schwedischem Folk Namen wie „Garmana“, „Triakel“, „Groupa“, „Hoven Droven oder „Den Fule“ oder aber die riesigen Geigenformationen mit Bezeichnungen wie „Spelmanförbund“ oder „Spelmanslag“ verbindenden Zuhörern einen anderen musikalischen Eindruck bot, der Fans von deutscher, französischer oder belgischer Bordunmusik vertrauter klang, war indes leider nicht sehr gut besucht. Der kleine Saal war nur ca. halbvoll. Ohne eine in Bad Honnef ansässige schwedische Firma als Sponsor wäre das Konzert dieser drei Profimusiker kaum zu realisieren gewesen, und uns wäre wirklich etwas entgangen.

Eine Rezension der neuen CD von Faust, die ich mir noch mitnahm, folgt demnächst. Die habe ich mir bis nach dem Schreiben dieser Konzertrezension noch nicht angehört, um von der CD unbeeinflusst zu sein.

Infos im Netz:
http://www.faust.se
http://www.inter-times.de/Components/Vereine/Vereine_Bad_Honnef/Stapelseiten_Bad_Honnef_/stapelseiten_bad_honnef__33.html

Saturday, April 23, 2005

Konzertrezension: 4. Bonner Irish Folk Festival am 23.4.2005 in der Harmonie in Bonn-Endenich

4. Bonner Irish Folk Festival am 23.4.2005 in der Harmonie in Bonn-Endenich



Zum vierten Mal lud Sabrina Palm zum Bonner Irish Folk Festival ein. Das ursprüngliche Konzept, ein Festival von Bonner Musikern für Bonner Musiker zu sein, war ja schon beim 2. BIFF durchbrochen worden, aber erstmals waren die Bonner Musiker in diesem Jahr in der Minderheit, denn von den drei Bands war nur noch eine aus Bonn. Ob so auch der gestiegene Eintrittspreis zu erklären ist, weiß ich nicht.

Ryan’s Airs eröffneten den Reigen. Wie schon in der Rezension von dem Konzert am 13.4.2005 erwähnt, ist Ryan’s Airs die Nachfolgeband von Rolling Wave und besteht aus Sabrina Palm (Fidddle), Näx = Alexander May (Uilleann Pipes, Tin Whistle, Flute, Gesang), Stefan Hennes (Gitarre, Gesang), Andrea Fritz (Gitarre, Gesang) und Andreas Schneider (Bhodrán). Stilistisch bewegen sie sich zwischen den ihnen von ihrem ehemaligen Lehrer Tom Kannmacher nahe gebrachten Einfluss von Chieftains und Planxty und moderneren Einflüssen der Bands, bei denen Michael McGoldrick mitspielt(e). Zwischen den traditionell bis jazzig interpretierten Tunes boten sie einige Lieder, nicht nur von Andrea, sondern auch von Stefan und sogar von Näx gesungen. Letzterer, der ja sonst als virtuoser Piper berühmt ist (übrigens auch zu hören in der Filmmusik der Neuverfilmung von „Das Gespenst von Canterville“), hatte während seines Studienaufenthaltes in Glasgow ein lustiges Lied über Fußballer aufgeschnappt, das wirklich gute Laune verbreitete. Andrea sang ein Antikriegslied, das ich vor allem von Clannad kenne, und Stefan eines von Dan Ar Braz, dem bekannten bretonischen Gitarristen. Extra erwähnen möchte ich aber auch das Bhodrán-Spiel von Andreas (der in o.g. Filmmusik auch mitspielt), das nämlich nicht einfach nur schnell und rhythmisch, sondern sogar melodiös ist, so wie ich es mal bei den Rezension der Flook-Konzerte beschrieben hatte. Na ja, ganz so weit wie John Joe Kelly ist er noch nicht, aber er ist auf dem richtigen Weg! Der ehemalige Lehrer kam diesmal als Gastmusiker dazu. Tom sang seine selbstgedichtete Version von „I have a wife of my own“, bei der es um einen Streit zwischen Eheleuten geht, wobei er sich ein Segelboot kaufen will, um es zu Hause in den Gemüsegarten zu stellen, wovon sie – hier von Andrea personifiziert, obwohl Toms eigene Frau im Publikum lauschte – überhaupt nicht begeistert ist.

Die zweite Band des Abends war Déirin Dé aus Hamm in Westfalen in folgender Besetzung: Ann Grealy (Gesang), Thomas Hecking (Diatonisches Akkordeon), Ulrike Steinborn (Geige), Tobias Kurig (Bouzouki), Benedikt (nein, nicht XVI., sondern) Terrahe (Bodhrán) und Regina Elling (Flute und Tin Whislte). Letztere spielt ja sonst bei Friel’s Kitchen mit und war in der Formation beim 2. BIFF schon dabei und vertrat an diesem Abend den abwesenden Colman Conolly. Regina und Ann sind also trotz der sichtbaren Ähnlichkeit nicht miteinander verwandt. Ann war die einzige „echte“ Irin beim 4.BIFF. Ihr Gesang war weich und sehr voll und voluminös, geradezu operntauglich, ihr Stil sehr modern, nicht nur bei einem allgemein bekannten Popsong, den sie zwischendurch zwecks Abwechslung darbot, sondern auch z.B. bei „The Newry Highway Man“, welches eigentlich völlig neu komponiert war und nur den bekannten Text noch enthielt. Die Tunes bewegten sich hauptsächlich in dem recht harten, fast schottischen Donegal Style, den Altan-Fans (so auch ich) zu würdigen wissen. Thomas zeigte seine Qualitäten nicht nur auf dem Akkordeon, sondern auch als witziger Ansager: Was ist die westfälische Version einer Kai Pirinha? Doppelkorn auf zerstoßener Zuckerrübe. Auch wusste er von einem japanischen Flötespieler zu berichten, dessen aus der Flöte tropfendes, von einem vorher verspeisten Kugelfisch stammendes, batteriesäureähnliches Kondenswasser Löcher in seine Hose brannte. Interessant fand ich auch die Bouzouki von Tobias, denn die schien mir übergroß zu sein, und er entlockte ihr teils metallisch harte, dann aber auch wieder ganz weiche, stets aber sehr rhythmische Klänge.

Eine Bouzouki spielte auch beim dritten Act eine wichtige Rolle. Die Amsterdamer Band Kill da Goose war nach neun Stunden Fahrtzeit mit einer Reifen- und zwei Motorpannen per Mietwagen, zuletzt von Leverkusen aus per Taxi gerade noch rechtzeitig in Bonn angekommen und musste ihren Soundcheck unmittelbar vor ihrem Auftritt nachholen. So klang es anfangs auch zu hart und schrill, dass die Ohren schmerzten, aber der Tonmeister am Mischpult bekam es dann doch auf die Reihe. Kaspar Laval (Bouzouki, Gesang. Low Whislte), Stijn van Beek (Uilleann Pipes, Low Whislte), Anneke Eijekboom (Fiddle) und Dudu Puente (E-Bass) zeigten sich vor allem von der instrumentellen Seite. Stijns quirliges Pipespiel erinnerte mich teilweise an das von Eoin Dillon von Kíla. Anneke fiddelte traditioneller dazu, Dudus Bass wirkte beruhigend dabei, kam aber gegen den hellen, aufgestachelten Hauptton seiner Mitspieler kaum an. Dudu stammt übrigens aus Asturien, wo es ja auch eine (neo)keltische Musiktradition gibt. Einige der Tunes stammten indes nicht aus dem keltischen oder westeuropäischen, sondern aus dem südosteuropäischen Raum, aus Mazedonien und der Türkei. Wie aufmerksame Leser meiner Rezensionen wissen, mag ich die Musik aus dieser Gegend unseres Subkontinents sehr gerne, auch wenn ich mich da wenig auskenne. Jedenfalls scheint es derzeit in der irischen Musik Mode zu sein, die beiden Musikregionen in diversen Tunes zumeinst recht jazzig miteinander zu verschmelzen, ein Trend, der für meine Ohren Wunderbares hervorbringt. Eine der Melodien hätte ich ohne die Ansage aber als bretonisch eingestuft. Ein einziges Lied brachten sie mit: „Streched out on your grave“ von Sinéad O’Connor, das Kaspar so expressiv sang, dass ich mich an Andy Irvine erinnerte, auch wenn die Stimmlage voller und weicher war. Und Stijn begleitete ihn auf den Pipes dabei mit einer sehr komplexen, sehnsuchtsvollen Melodie, so dass mir das gesamte Arrangement durch und durch ging.

Natürlich gab es dann eine Abschlusssession aller Musiker, von Thomas Hecking „dudeln in Rudeln“ genannt. Da brummte der Saal, und Sabrina hüfte vor Freude. Ich weiß gerade nicht, wie das Stück von Michael McGoldrick heißt, das sie da unter anderem spielten, aber ich liebe es sowohl von ihm selbst gespielt, als auch von den BIFF-Musikern an diesem Abend!
Bei der anschließenden Session im Fiddler’s war ich leider nicht dabei, und kann von daher auch nichts berichten.

Infos im Netz:

http://achimweimer.de/biff/
http://www.ryansairs.de/
http://www.deirinde.de/
Von Kill da Goose gibt es leider keine Homepage.

Wednesday, April 13, 2005

Konzertrezension: Die Erkelteten und Rolling Wave in der Musikschule Bonn am 13.4.2005

Die Erkelteten und Rolling Wave in der Musikschule Bonn am 13.4.2005



Thomas Kannmacher – meist nur Tom genannt – ist wohl der dienstälteste Aktivist der irischen Musikszene in Bonn und hat dabei auch noch den Vorteil, dass er es als Musiklehrer in der Bonner Musikschule hauptberuflich machen kann. An diesem Abend gab es nun ein Doppelkonzert zweier Bands, die auf seine Initiative zurück gehen.

Die Erkelteten sind eine Jugendband, bestehend aus sieben Jungs und Mädels im Alter um die 16 oder so. Ich hatte sie schon in der Rezension des 1. Bonner Irish Folkfestivals 2002 erwähnt, was bedeutet, dass sie tatsächlich nun seit drei Jahren aktiv sind, beharrlich üben und sich fort entwickeln. Auf Uilleann Pipes, Whistles, Querflöte, Harfe, Gitarre, Geige, Bhodran und mit Gesang gaben sie unter Mitwirkung Toms auf Whistles und Cello ein feines, traditionelles Konzert, bei dem alles stimmte. Das klingt nun etwas sehr nach Schule, aber es ist ja auch eine Schulgruppe, und auch von anderen Schülern Toms wurde mir schon mal zugetragen, dass er eher ein Freund konservativerer Spielweisen sei, was eigentlich soviel bedeutet, dass seine irischen Vorbilder im 70er-Jahre-Folkrevival zu finden sind, wobei er vor allem Planxty gerne nennt. Aber ganz so streng, wie sich das jetzt anhört, ist es keineswegs, denn zum einen spielten sie unter den vielen Reels des Abend auch einen, den ich letztens von Foggy Stew hörte, der nach deren Info von Calico stammt und gemäß Toms Ansage „Up and down“ heißt und zwar schon in die Tradition eingegangen sei, insofern er hier und da auswendig gespielt würde, aber moderne Off-beats enthalte. Ich schrieb ja auch schon, dass er mir balkanisch vorkam. Ein anderes Vorbild hörte ich aber auch aus den Arrangements heraus, noch mehr als bei den Erkelteten aber bei Rolling Wave.

Rolling Wave, die älteste bestehende Irish Folk Band Bonns gab an diesem Abend auf Geige, Uilleann Pipes, Whistles, zwei Gitarren, Bhodran und mit Gesang ihr Last Farwell, denn – so Tom – sie seien aus dem Schülerdasein herausgewachsen und passten nicht mehr in die städtische Musikschule, die ihnen Konzerte mit eigenen Einnahmen verbiete. Die Wurzeln von Rolling Wave gehen bis 1984 zurück, und es ging noch eine andere Gruppe voraus. Den Namen erhielten sie Ende der 80er, seit wann die einzelnen Musiker(innen) dabei sind, weiß ich jetzt nicht, Stefan, der Gitarrist, seit 1989. Sie experimentieren schon mehr mit moderneren Einflüssen, aber oben erwähnten Einfluss einer altehrwürdigen irischen Formation, der Kulturbotschafter Irlands schlechthin, nämlich der seit über 40 Jahren spielenden Chieftains hörte ich zuerst sehr deutlich zu Beginn eines meines Wissens schottischen Liedes namens „I have a wife of my own“ bei welchem Tom auf der Whistle, Sabrina auf der Geige und Näx auf der Pipe einzelne Fetzen der Melodie abwechselnd spielten und sich so gegenseitig zuwarfen. Das war für meine Ohren vielleicht der deutlichste, aber nicht der einzige Verweis auf die Häuptlinge. Dass es aber nicht darum geht, Spielweisen irischer Gruppen zu kopieren, sondern auch eigenes hinein zu bringen, zeigte Tom u.a. dadurch, dass er diesem Lied einen selbst geschriebenen deutschen Text einverleibte, um so eine Brücke zwischen Irland und Deutschland zu schlagen. Gegen Ende des Konzerts spielten und sangen die fünf ihrem Lehrer ein besonders Ständchen, und zwar hatten sie ein 30 Jahre altes Lied von Tom heraus gekramt, mit dem er damals Straßenmusik gemacht hatte. Ein Rahmen voller Rolling Wave-Fotos, eine Preisurkunde von 1994 und Dauerfreikarten für Konzerte von Ryan's Airs schenkten sie ihm auch noch, bevor sie und die Erkelteten noch gemeinsam eine Abschlusssession gaben.

Ah, ich hab’s schon indirekt verraten: Rolling Wave als solche hören zwar auf, machen aber – wenn auch ohne Lehrer – als Ryan's Airs weiter, und werden beim 4. BIFF auch dabei sein, inklusive Toms, allerdings „nur“ als Gastmusiker. Überhaupt geht das BIFF, das Sabrina ins Lebens rief, insofern auf Rolling Wave zurück, die ja auch die Hauptinitiatoren der Bonner Sessionszene waren. Darüber könnte man einiges schreiben, was vielleicht noch irgendwann kommt.

Die Auflistung der Besetzung der beiden Bands:

Die Erkelteten:
Anna Lück: Harfe
Julia Lück: Flute, Tin Whistle
Jonas Heidebrecht: Uilleann Pipes, Whistle
Julian Goertz: Gitarre, Bodhran, Baß
Patrick Osikominu: Gitarre
Heike Kosmider: Fiddle
Thea Staab: Gesang
Thomas Kannmacher: Cello, Gesang, 2. Fiddle, 2. Whistle, 2. Flute ...

Rolling Wave:
Sabrina Palm: Fidddle
Näx = Alexander May: Uilleann Pipes, Tin Whistle, Flute, Gesang
Stefan Hennes: Gitarre, Gesang
Andrea Fritz: Gitarre, Gesang
Andreas Schneider: Bhodran
Thomas Kannmacher: Pipes, Cello

Infos im Internet:
http://www.Kannmachmusik.de
http://www.ryansairs.de/

Friday, April 08, 2005

Konzertrezension: Celtic Attractions – 1. Irish/Scottish Folkfestival im Zirkuszelt im Köln-Weiß am 8.4.2005

Celtic Attractions – 1. Irish/Scottish Folkfestival im Zirkuszelt im Köln-Weiß am 8.4.2005




Ralf Wackers, der Herausgeber der Irischen Rundbriefe, wohnte, bevor er nach Bonn zog, in Köln-Weiß, und hat von da her noch enge Kontakte zum dortigen Jugendzentrum. Dieses wiederum organisierte ein mehrtägiges Festival, bei welchem in einem auf dem Gelände des Jugendzentrums aufgebauten Zirkuszelt verschiedene Programmpunkte angeboten wurden, und anderem das Irish/Scottish Folkfestival, von dem ich hier berichten will.

Den ersten der drei Acts des Abends boten Foggy Stew, die neben Last Night’s Fun zweite Band, die in den letzten zwei Jahren aus der Fiddlers Session in Bonn hervorgegangen ist. Margret Hüffer sang und spielte Gitarre und Tin Whistle, Michael Heuser Gitarre, Mandoline und verschiedene Banjos, Keth Pryke Concertina, Gitarre und Bhodran, und neu dabei war Nicole Maldonado mit ihrer Stimme und Geige, die ansonsten Mitglied von Tj:unichtgut ist. Nun kann ich also die von der Last Night’s Fun-Rezension her offen gebliebene Frage, was die beiden Bands voneinander unterscheidet etwas eingehender beantworten. Es stimmt, was mir Michael Heuser dazu gesagt hatte, rockig spielten sie nicht, sondern viel tradioneller, dabei aber trotzdem auch modern. Songs, einerseits von Margret mit härterer, und Nicole mit weicherer Stimme gesungen, wechselten sich ab mit diversen Tunes wie Jigs, Reels, Slides, Hornpipes, Slipjigs und dergleichen wechselten einander ab. Die beiden Damen boten mit ihren sehr unterschiedlichen Stimmlagen und auch Singweisen, Margret mit Gitarre dabei, Nicole ohne sich dabei zu begleiten, einen spannenden Kontrast zueinander. Sie sollten es mal mit mehrstimmigen Arrangements versuchen, das wäre bestimmt noch spannender. Ein Instrumentalarragement möchte ich besonders hervorheben. Es war ein Set, das mit einem balkaninspirierten Stück begann, das – wenn ich richtig verstanden habe - einer der Musiker von Calico komponiert hat -, gefolgt von zwei Reels, die vor allem Margret auf der Whistle spielte, wonach sie wieder zu dem ersten Stück zurück kamen, worauf dann Nicole auf der Geige einen Reel spielte, dann wieder zurück zu Stück eins, worauf Keth dann „Toss the feathers“ (ah, ausnahmsweise kenne ich mal den Namen eines Reels) auf der Concertina vortrug, dann wieder zum ersten Stück, anschließen ein gemeinsam gespielter Reel und zum Abschluss nochmal Stück eins. Wirklich klasse! Günstig für Keths Conceretina war auch, dass er zwei Mikrophone links und rechts seines Instumentes hatte, so dass man es diesmal auch dann hören konnte, wenn er kein Solo spielte.

Der zweite Progammpunkt war ganz anders. Michael Klevenhaus sang ohne jede Instumentbegleitung (wenn man vom Fingerschnipsen bei den schnelleren Liedern absieht) Lieder auf schottischem Gälisch. Es gibt ja oft Irische Festivals, in denen auch schottische Lieder oder Musiker vorkommen, ohne dass das im Festivalnamen erwähnt ist. Diesen Act aber konnte man nicht einfach unter den grünen Teppich kehren, sondern er war eindeutig blau, also schottisch. Außer Michael, der im Zentrum für gälische Sprache und Kultur tätig ist, verstand wohl keiner, was er da sang, aber das war auch kaum notwendig. Er zog uns mit Liebes-, Arbeits- und Heimatliedern und tanzbarer Mundmusik aus der Zeit, da Instrumente von den Engländern verboten waren hinein in ein altes gälisches Lebensgefühl zwischen Pathos und Unsinn und ohne – zumindest von mir erkennbare – moderne Einflüsse, unterbrochen mit kultur- und landeskundlichen Kommentaren in den Ansagen. Ossian, der mythische Barde, hätte seine Freude gehabt, wir, das Publikum, hatten sie!

Den dritten Act boten Currach dar, mit Ralf P. Wackers an Gitarre, Bouzouki, Banjo und Mundharmonika, Ellen D. Jeikner an Gitarre, Harfe und ihrer Stimme, Antonia Wernig an Uilleann Pipes und Whistles, LeAnn Eriksson Guyton an der Querflöte und Katja Gross an der Geige. Sie spielten wieder vor allem Jigs, Reels, Hornpipes, Polkas Tunes mit einem sehr dichten Klang im Wechsel mit Liedern, die Ellen mit ihrer ausdrucksstarken Stimme vortrug. Ihre Version von „The Star of the County Down“ zur Harfe wirkte verträumter, als die sonst meinst zu hörenden Versionen dieses bekannten Liedes. Ein ebenfalls, zumindest für Clannad-Fans, berühmtes Lied, Kadesha (man schriebt es bestimmt anders, aber wie weiß ich jetzt nicht), gefiel mir indes besonders gut, was nicht zuletzt daran lag, dass Antonia auf der Tinwhistle eine sehr ergreifende zweite Stimme zur Hauptmelodie spielte. Antonia spielte früher bei Rolling Wave mit, lebt jetzt aber in Wien und ist extra für dieses Festival angereist, wirklich nicht zum Schaden für dieses.

Den Abschluss bildete eine Festivalsession aller Musiker(innen), bei der die Tunes noch dichter klangen und das Publikum in Rage versetzten. Dass die gemeinsam gesungenen Lieder vom Blatt abgelesen wurden, ist verzeihlich. Die letzten Klänge gehörten aber nochmal Michael Klevenhaus, der uns sanft in die regnerische Aprilnacht entließ.

Fazit dieses Festivals: Ralf, das hast Du gut organisiert! Neben den Musikern möchte ich auch das Publikum loben, denn die Leute waren echt bei der Sache, quatschten nicht und rauchten nicht (was in dem Zelt eh verboten war). Ich hoffe, dieses erste wird nicht das letzte gewesen sein. Ob die zeitliche Nähe zum BIFF so günstig ist, mag man überlegen. Und eigentlich ist es ja auch interessant, dass fast alle Musiker(innen) in Bonn wohnen, eine in Bergisch Gladbach und eine in Wien. Bonn scheint eine Hochburg der irischen und schottischen Musik im Rheinland zu sein. Da dürfen dann auch gerne die Kölner von profitieren.

Infos im Netz:
http://www.currach.de/Festival/festival.html
http://www.currach.de/
http://www.schottisch-gaelisch.de/
http://www.brotfabrik-bonn.de/bildungswerk/kurse/gaelische_lieder_klevenhaus.htm
http://www.buch.de/buch/04629/172_schottisch_gaelisch_wort_fuer_wort.html
http://www.irishfolk.at/
http://www.norainrecords.com/team