Wednesday, April 13, 2005

Konzertrezension: Die Erkelteten und Rolling Wave in der Musikschule Bonn am 13.4.2005

Die Erkelteten und Rolling Wave in der Musikschule Bonn am 13.4.2005



Thomas Kannmacher – meist nur Tom genannt – ist wohl der dienstälteste Aktivist der irischen Musikszene in Bonn und hat dabei auch noch den Vorteil, dass er es als Musiklehrer in der Bonner Musikschule hauptberuflich machen kann. An diesem Abend gab es nun ein Doppelkonzert zweier Bands, die auf seine Initiative zurück gehen.

Die Erkelteten sind eine Jugendband, bestehend aus sieben Jungs und Mädels im Alter um die 16 oder so. Ich hatte sie schon in der Rezension des 1. Bonner Irish Folkfestivals 2002 erwähnt, was bedeutet, dass sie tatsächlich nun seit drei Jahren aktiv sind, beharrlich üben und sich fort entwickeln. Auf Uilleann Pipes, Whistles, Querflöte, Harfe, Gitarre, Geige, Bhodran und mit Gesang gaben sie unter Mitwirkung Toms auf Whistles und Cello ein feines, traditionelles Konzert, bei dem alles stimmte. Das klingt nun etwas sehr nach Schule, aber es ist ja auch eine Schulgruppe, und auch von anderen Schülern Toms wurde mir schon mal zugetragen, dass er eher ein Freund konservativerer Spielweisen sei, was eigentlich soviel bedeutet, dass seine irischen Vorbilder im 70er-Jahre-Folkrevival zu finden sind, wobei er vor allem Planxty gerne nennt. Aber ganz so streng, wie sich das jetzt anhört, ist es keineswegs, denn zum einen spielten sie unter den vielen Reels des Abend auch einen, den ich letztens von Foggy Stew hörte, der nach deren Info von Calico stammt und gemäß Toms Ansage „Up and down“ heißt und zwar schon in die Tradition eingegangen sei, insofern er hier und da auswendig gespielt würde, aber moderne Off-beats enthalte. Ich schrieb ja auch schon, dass er mir balkanisch vorkam. Ein anderes Vorbild hörte ich aber auch aus den Arrangements heraus, noch mehr als bei den Erkelteten aber bei Rolling Wave.

Rolling Wave, die älteste bestehende Irish Folk Band Bonns gab an diesem Abend auf Geige, Uilleann Pipes, Whistles, zwei Gitarren, Bhodran und mit Gesang ihr Last Farwell, denn – so Tom – sie seien aus dem Schülerdasein herausgewachsen und passten nicht mehr in die städtische Musikschule, die ihnen Konzerte mit eigenen Einnahmen verbiete. Die Wurzeln von Rolling Wave gehen bis 1984 zurück, und es ging noch eine andere Gruppe voraus. Den Namen erhielten sie Ende der 80er, seit wann die einzelnen Musiker(innen) dabei sind, weiß ich jetzt nicht, Stefan, der Gitarrist, seit 1989. Sie experimentieren schon mehr mit moderneren Einflüssen, aber oben erwähnten Einfluss einer altehrwürdigen irischen Formation, der Kulturbotschafter Irlands schlechthin, nämlich der seit über 40 Jahren spielenden Chieftains hörte ich zuerst sehr deutlich zu Beginn eines meines Wissens schottischen Liedes namens „I have a wife of my own“ bei welchem Tom auf der Whistle, Sabrina auf der Geige und Näx auf der Pipe einzelne Fetzen der Melodie abwechselnd spielten und sich so gegenseitig zuwarfen. Das war für meine Ohren vielleicht der deutlichste, aber nicht der einzige Verweis auf die Häuptlinge. Dass es aber nicht darum geht, Spielweisen irischer Gruppen zu kopieren, sondern auch eigenes hinein zu bringen, zeigte Tom u.a. dadurch, dass er diesem Lied einen selbst geschriebenen deutschen Text einverleibte, um so eine Brücke zwischen Irland und Deutschland zu schlagen. Gegen Ende des Konzerts spielten und sangen die fünf ihrem Lehrer ein besonders Ständchen, und zwar hatten sie ein 30 Jahre altes Lied von Tom heraus gekramt, mit dem er damals Straßenmusik gemacht hatte. Ein Rahmen voller Rolling Wave-Fotos, eine Preisurkunde von 1994 und Dauerfreikarten für Konzerte von Ryan's Airs schenkten sie ihm auch noch, bevor sie und die Erkelteten noch gemeinsam eine Abschlusssession gaben.

Ah, ich hab’s schon indirekt verraten: Rolling Wave als solche hören zwar auf, machen aber – wenn auch ohne Lehrer – als Ryan's Airs weiter, und werden beim 4. BIFF auch dabei sein, inklusive Toms, allerdings „nur“ als Gastmusiker. Überhaupt geht das BIFF, das Sabrina ins Lebens rief, insofern auf Rolling Wave zurück, die ja auch die Hauptinitiatoren der Bonner Sessionszene waren. Darüber könnte man einiges schreiben, was vielleicht noch irgendwann kommt.

Die Auflistung der Besetzung der beiden Bands:

Die Erkelteten:
Anna Lück: Harfe
Julia Lück: Flute, Tin Whistle
Jonas Heidebrecht: Uilleann Pipes, Whistle
Julian Goertz: Gitarre, Bodhran, Baß
Patrick Osikominu: Gitarre
Heike Kosmider: Fiddle
Thea Staab: Gesang
Thomas Kannmacher: Cello, Gesang, 2. Fiddle, 2. Whistle, 2. Flute ...

Rolling Wave:
Sabrina Palm: Fidddle
Näx = Alexander May: Uilleann Pipes, Tin Whistle, Flute, Gesang
Stefan Hennes: Gitarre, Gesang
Andrea Fritz: Gitarre, Gesang
Andreas Schneider: Bhodran
Thomas Kannmacher: Pipes, Cello

Infos im Internet:
http://www.Kannmachmusik.de
http://www.ryansairs.de/