Sunday, December 26, 2004

Konzertrezension: Weihnachtskonzert „mit Dudelsack und Drehleier“ am 26.12.2004 in der Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel

Weihnachtskonzert „mit Dudelsack und Drehleier“ am 26.12.2004 in der Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel





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Am 2. Weihnachtsfeiertag fand in der evangelischen Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel ein etwas ungewöhnliches Weihnachtskonzert statt. Noëls, Christmas Carols, Irish Tunes und Weihnachtsmusik von Delalande, Correte, Fauré, Corelli, Fux, J.S. Bach u.a. gespielt von Matthias Höhn (Dudelsäcke, Mandoline), Ton Kannmacher (Uilleann Pipe, Drehleier), Anke Kreuz (große und kleine Querflöten), Christiane Klövekorn (Violoncello) und Huber Arnold (kleine und große Orgel). Überdies durfte das Publikum auch mit singen.

Es war größtenteils ein Barockkonzert, auch wenn Tom ein paar typische irische Sessiontunes zum Besten gab. Mir scheint ja oft, dass diese eher höfische und klerikale Musik des 17. Jahrhunderts so mancher Folkmusik sehr verwandt ist. Ich bin nicht Fachmann genug, um das belegen zu könne, aber ich spüre da häufig eine Ähnlichkeit der Stimmung.

Die Zuhörer wussten oft nicht, ob sie klatschen sollten oder nicht, was nicht daran lag, dass ihnen die Musik nicht gefiel, sondern dass es in einer Kirche statt fand. Aber dann brauste der Applaus los wie ein Sturm, und Tom sah man die Erleichterung an. Ihn umringten nach dem Konzert auch etliche Leute, die tatsächlich nie zuvor eine Drehleier oder eine Uilleann Pipe gesehen hatten, und ließen sich die beiden Instrumente erklären. „Ja, werden die denn heute noch gebaut“, fragte jemand. Ich denke, das war eine gute Art und Weise, den musikalischen Horizont einiger Mitmenschen zu erweitern.

Die anderen Instrumente schienen den Leuten bekannter zu sein, auch um Matthias` Renaissance- u.a. Dudelsäcke kümmerte sich niemand großartig. Und es klang alles gut zusammen, ungewohnt, aber wirklich gut! Nun ja, in der Bretagne sind Orgel und Bombarde ja eine klassische Zusammenstellung, warum dann nicht Orgel und Dudelsack?


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Matthias Höhn war ja auch mal... (Fortseztung des Satzes in der Rezension: Lokal Heroes am 29.1.2005 in der Harmonie in Bonn-Endenich)

MAS

Monday, December 20, 2004

Ein paar unausgereifte Gedanken über bulgarische Einflüsse auf die irische Musik

Ein paar unausgereifte Gedanken über bulgarische Einflüsse auf die irische Musik
(rundgeschickt am Mo 20.12.2004 18:26)

Vielleicht ist das, was ich hier jetzt schreibe für Euch ja längst bekannt und alter Kaffee, aber mit kommt es wie ein Aha-Erlebnis. Für gegenteilige Stellungnahmen bin ich aber offen.

Es könnte sein, dass ich der Frage, was es denn sei, was die ganz moderne irische Musik von der ganz traditionellen und auch der aus den 1970ern unterscheidet, gefunden habe. Ich vermutete bisher, es seien vor allem Einflüsse aus den verschiedenen Musikrichtungen vor allem aus den USA, also vor allem Jazz, Funk, Rock, Raggae. Der Einfluss dieser und anderer Musikstile, auch von Country, Blues, Soul u.a. hat sicherlich einiges dazu beigetragen, dass sich schon die Musik des Folk-Revivals der 1970er von der davor unterschied. Aber, es wird mir nun deutlich hörbar, dass es noch was anderes ist, was übrigens schon in den 1970ern anfing, wobei es letztlich Richard Schuberths Lexikon „CrossRoots“ ist, das mich mit der Nase drauf stieß.

2002 hörte ich mal in Rudolstadt den Andy Irvine aus seinem Leben erzählen. Eine wichtige Passage in seinem Leben war eine Reise durch den Balkan, von der er Rhythmen und Melodien aus der bulgarischen und mazedonischen Volksmusik mit nach Irland zurück brachte. Das meinte ich auch schon mal aus dem einen oder anderen Stück von ihm heraus gehört zu haben. Nach Schuberth ist der Einfluss, der davon ausging, aber viel größer.

Ihm voran sei in Irland die Kreativität von Seán Ó Riada und in Bulgarien die von Philip Kutev gegangen, die der jeweiligen traditionellen Musik Neuerungen hinzugefügt habe, die heute als typisch irisch bzw. typisch bulgarisch gelten. Die so für Neues geöffnete und eigentlich nie hermetisch abgeschlossene irische Musik habe nun also die ungeraden, versetzten und sonst wie anderen Rhythmen in ihre Jigs und Reels integriert.

Das ist es! Die heutigen Avantgarde-Gruppen wie Flook oder Solas, Caipercaillie oder Lúnasa, also nicht nur in Irland, sondern auch in England, Schottland und USA, haben diese balkanischen Rhythmen noch viel intensiver eingebracht, als Irvine es tat, allerdings auch so, dass es sich nach wie vor irisch bzw. schottisch anhört. Die neuen Rhythmen erscheinen nicht als Fremdkörper, sondern sind assimiliert, wenn auch vielleicht nicht für die Ohren von Puristen. Ich habe mir letztens die Solas-CD „The Edge of Silence“ gekauft, und da sind ein paar Tunes drauf, die allerdings nach meinem ungeübten Gehör auch sehr gut als bulgarische oder mazedonische durchgehen könnten oder sagen wir mal: wenn mir jemand das unter der Rubrik „neue bulgarische Folkmusik“ vorgespielt hätte, ich hätte es ihm geglaubt.

Ich finde es auch für die deutsche Rezeption einerseits keltischer und andererseits balkanischer Musik sehr interessant. Gibt es denn Überschneidungen der Szenen? Und könnte man die beiden Einflüsse dermaßen rezipieren und assimilieren, dass da eine entsprechend groovende deutsche Folkmusik bei raus kommt, wie die Iren, Schotten, Bretonen u.a. es können? An guten Musikern mangelt es ja nicht, aber gibt die deutsche Musiktradition das her, da eine lückenlose Verbindung zu schaffen?

Jedenfalls habe jetzt Interesse daran, mehr irische, schottische und andere keltische und bulgarische, mazedonische und andere balkanische Musik zum Vergleich zu hören.

Vgl.
http://www.lyrikwelt.de/autoren/schuberth.htm
http://www.concerto.at/mitarbeiter/Folk&World.htm
http://www.yopi.de/Schuberth_Richard_CrossRoots_Musik_Lexika-zeige_details

MAS

Friday, December 17, 2004

Konzertrezension: Jochen Vogel u.a. am 17.12.2004 auf einer Weihnachtsfeier in Bonn

Jochen Vogel u.a. am 17.12.2004 auf einer Weihnachtsfeier in Bonn


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Endlich kam ich mal dazu, Jochen Vogel zu hören, von dem mein Kommilitone Christof Drobny mir so oft vorgeschwärmt hat, denn selbiger hatte ihn für die Weihnachtsfeier, die unsere religionswissenschaftliche Fachschaft zusammen mit der musikwissenschaftlichen feierte, engagiert.

Nun, Jochen spielt die keltische Harfe, ist aber keineswegs Traditionalist, wenngleich ein paar irische Traditionals bzw. Klassiker auch auf seinem Programm standen. Nein, er sang auch selbstgeschriebene Lieder in deutscher Sprache dazu und spielte auch selbstkomponierte Stücke, die außer irischem Einfluss auch arabischen, indischen und japanischen und wohl noch manch anderen enthielten. Außer den Saiten benutzte er auch den Rahmen und zwar zur Perkussion oder zum Erzeugen sonstiger Geräusche. Das alles fügte sich zu einer modernen, harmonischen und auch spannungsreichen, sehr hörenswerten Weltmusik zusammen.

Außer ihm boten natürlich auch die MuWis einiges an, z.B. Lieder aus fünf Jahrhunderten, teils im Chor, teils solo gesungen, ein ironisches Liebesehnsuchtslied zur Gitarre und ein erzgebirgisch-mundartliches Weihnachtslied zum Klavier. Ein schönes Programm, eine sehr musikalische Weihnachtsfeier oder vielmehr ein Konzertabend mit Glühwein.

http://www.jochen-vogel.de/
http://www.fs-muwi.uni-bonn.de/fachschaft.htm
http://www.fs-rewi.uni-bonn.de/fr.html

MAS

Sunday, December 05, 2004

Konzertrezension: Bal Folk mit Mensch Mayr und Jostal in Marienthal am 5.12.2004

Bal Folk mit Mensch Mayr und Jostal in Marienthal am 5.12.2004

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Ich bin ja schon kaum ein Musiker, aber erst recht kein Tänzer. Letzteres merkte ich mal wieder bei einem Bal Folk am Sonntag, dem 5.12.2004. Und zwar luden die Gruppen Mensch Mayr mit Johannes Mayr (Akkordeon) und Ingrid Mayr-Feilke (Drehleider und Blockflöten) und Jostal mit Johannes Mayr, Alexander Loch (Drehleier) und Stefan Emde (elektrische Geige) zu einem Tanznachmittag nach Marienthal ein, und zwar das Marienthal im Westerwald zwischen Altenkirchen und Wissen, ein kleines Dorf, das besonders durch seine katholische Wallfahrtskirche bekannt ist. Der Bal Folk fand auf dem Heinzelmännchen Hof etwas unterhalb der Ortschaft statt, einem Fachwerkhaus, in dessen Scheune neuerdings ein uriges Restaurant eingerichtet ist. In selbigem gab es erst einmal einen rustikalen Brunch, der in den 15,- Euro Eintritt enthalten war. Gegen 13 oder 14 Uhr – so genau schaute keiner auf die Uhr – wurden Tische und Stühle beiseite geräumt, und zuerst spielte Johannes und Elke auf, gefolgt nach einer Pause von Johannes, Alexander und Stefan.

Anfangs gab es noch kurze Anleitungen für Leute wie mich, die noch nicht so viele Bal Folk oder Ceilidhs mitgemacht haben und zudem lange brauchen, bis die Koordination von Beinen und Armen richtig stimmt und es schneller wieder vergessen, als sie es gelernt haben. Walzer, An Dros, Schottische, Fröhlicher Kreis und andere, also Paar- und Gruppentänze gemischt nacheinander, forderten meine ganze Aufmerksamkeit. Trotzdem lief es ruhig und harmonisch ab, nicht so autoscootermäßig, wie ich es mal in Glasgow erlebt habe. Die ca. 30 Teilnehmer(innen) waren vom Säuglings- bis ins Rentenalter, ein gemischtes Volk eben, wenn auch die meisten zwischen 30 und 50 waren.

Jostal spielte sodann aber wild drauf los, sehr zur Freude der Fortgeschrittenen. Bourrées und Mazurkas waren mir zum Mittanzen dann wirklich zu schwierig, und auch eine Polka war mir ungewohnt, aber das Zugucken und Zuhören machte auch riesigen Spaß! Sonst höre ich die Musik ja auch von CD z.B. beim Autofahren, ohne dabei zu tanzen, nicht aber ohne zumindest innerlich mitzuwippen. Das ging dann so bis 18 Uhr, aber wir verabschiedeten uns schon etwas früher, denn vor einer Woche in der Fremde und voller Arbeit, sind Petra und mir die Sonntagabende gemütlich zu Hause lieber als anderswo.

Die Tänze waren zumeinst französische und bretonische, aber auch deutsche, schwedische, englische, schottische. Mir scheint, so um 1900 herum waren das noch allgemein europäische oder zumindest westeuropäische Standardtänze, und ich erhaschte ein paar Gesprächsfetzen zweier Männer, wonach diese Art zu tanzen in Belgien und den Niederlanden oder auch in Schweden noch sehr verbreitet sein soll, auch bei jungen Leuten unter 30. Von Schottland kenne ich das ja, dort ist es gesellschaftlicher Standard, gemäß der Tradition. Hier in Deutschland aber muss man lange warten oder weit reisen, um solche Tänze mitzukriegen. Ein Teilnehmer kam gar aus Düsseldorf, und ein Autokennzeichen war aus Friedberg, ganz zu schweigen davon, dass Alexander derzeit in Ost Timor wohnt, und dabei machte es den Eindruck, als tanzte da die Dorfbevölkerung in der Scheune.

Im Sommer soll es wieder einen Bal Folk dort geben, und ich hoffe, dann auch Zeit zu haben, damit nicht nur meine Ohren, sondern auch meine Beine die Musik einmal ihr Eigen nennen.

Infos:
http://www.johannes-mayr.de/menschmayr.htm
http://www.mpmai.de/jostal/index.html
http://www.folker.de/200406/rezi-d.htm#06

MAS