Saturday, April 20, 2002

Konzertrezension: 1. Bonner Irish Folk Festival am 20.4.2002 in der Harmonie in Bonn-Endenich

1. Bonner Irish Folk Festival am 20.4.2002 in der Harmonie


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Noch hatte ich wunderschöne tibetische (Folk-?)Musik im Herzen, die ich am Nachmittag auf dem Tibetischen Kulturtag in der Beethovenhalle gehört hatte und die mich sehr dafür entschädigt hat, dass der als besondere Attraktion angekündigte Vortrag von Michael von Brück nur 20 Minuten dauerte, da MvB sofort wieder zum Flugzeug musste (modern times), als meine holde Gattin und ich unsere Schritte nach Endenich in die Harmonie lenkten, um in bönnsch-irische Klänge einzutauchen.

Unter absichtlicher Nichtbeachtung des ähnlich, aber eben nicht gleich, konzipierten 1. Irish Folk Festes im Brückenforum vom Dezember 2000 fand nun in der Harmonie das 1. Bonner Irish Folk Festival statt, bei welchem fünf Irish Folk - Gruppen aus Bonn und näherer Umgebung (Königswinter und, was Einzelmitglieder anbelangt, auch Köln und Düsseldorf), ihr Bestes auf die Bühne brachten.

Zuerst spielten die Erkelteten, die Gruppe aus acht Kindern und Jugendlichen unter der Leitung von Tom, der seine Brötchen bekanntlich als Musiklehrer verdient. An Instrumenten brachten sie Gitarren, Harfe, Tinwhistle, Uilleann Pipe, Fiddle, Bodhran und Stimme mit. Frontfrau Felicita verhaspelte sich aufregungsbedingt zwar mal im Text, doch wurde sie von der Band und vom Publikum über die Panne hinweg getragen und bekam die Kurve auch wieder. Auch der neunjährige Piper beherrschte sein schwieriges Instrument (in dem Alter dachte ich noch, Dudelsäcke gäbe es nur in Schottland) und aus fachkundiger Quelle erhielt ich die Einschätzung: „Wenn die am Ball bleiben, stecken sie uns in zehn Jahren in die Tasche.“ Die Zukunft des Irish Folk in Bonn könnte also gesichert sein.

Cromlech spielten an diesem Abend nur zu fünft, da Hans-Olaf sein Banjo downunder gebracht hat. Mit Uilleann Pipe, Tinwhistle, Bodhran, Fiddle, Gitarre, Cister, Bouzouki, Querflöte, Harfe und Gesang brachten die fünf einen Spannungsbogen von flotter Sessionmusik und getragenen Liedern dar. Besonders Alexanders stakatohaftes Pipespiel machte deutlich, wie komplex und kunstvoll Volksmusik sein kann. Schade, dass die Gruppe schon wieder auseinander geht, kaum dass sie gegründet wurde!
Homepage von Cromlech: http://www.cromlechinfo.de (Die Seite gibt es nicht mehr, da die Gruppe sich inzwischen wieder aufgelöst hat.)

Till Nine mit Tin- und Lowwhistle, Bodhran, Gitarre und Mandoline schoß für mich den Vogel des Abends ab. Ich hatte sie seit ca. zwei Jahren nicht mehr gehört und war vollkommen überrascht, wie Musiker sich entwickeln können. Mattes Flötespiel trillerte in fröhlichen hohen Tönen, Christa brachte die Bodhran zu tiefen Klängen, die an neuere Kinofilmsounds erinnerten, obgleich sie das Leder bisweilen mit einer gewöhnlichen Haarbürste traktierte und Bernd und Werner ersetzten mit Gitarre und Mandoline die Harfe, die bei Clannad und Norland Wind diesen typischen dichten, rhytmischen, atmosphärischen Sound produziert. Nimmt man noch Christas Gesang und den mehrstimmigen der ganzen Band hinzu, kommen sie genannten zwei Gruppen recht nahe. Musik für Genießer. Einfach phantastisch! Welch ein Glück, dass sie nicht nur bis neun, sondern fast bis halb zehn spielten
Homepage von Till Nine: http://www.till-nine.de

Toms Ensemble für Fortgeschrittene, Rolling Wave, folgte als nächstes. Mit Gitarren, Bass, Uilleann Pipe, Tinwhisle, Querflöte, Harfe, Fiddle, Bodhran und Gesang praktizierten die sieben Musiker(innen) bodenständige traditionelle Musik, gespickt mit lustigen Diskussionen darüber, ob man nun in B oder D spielen solle.
Homepage von Rolling Wave: http://www.rolling-wave.bonn.com (Die Seite gibt es nicht mehr, da die Gruppe sich inzwischen wieder aufgelöst hat.)

Sodann folgte ein Special Act oder, wie wir beim Bonner Folktreff einen kurzen Intermezzo-Auftritt nennen, ein Floorspot und zwar von einem irischen Sprachlehrer, der ein sehnsuchtsvolles gälisches Lied mit Trommel- und Keyboard-Begleitung zum Besten brachte.

Davon, dass es für das Publikum keine Stühle gab profitierten Ben Bulben, die nach einjähriger Babypause wieder back on stage waren. Die fünf Musiker(innen) bedienten mit Gitarren, Querflöten, Bhodran, Tinwhistle, Keyboard und Gesang die Rubrik Speedfolk zum Mitklatschen. Mir persönlich liegt das nicht so, aber das Publikum ließ sich mitreißen, und die beiden Flötistinnen brachten neben erstklassig beherrschten und abwechslungsreich dargebrachten irischen Melodien auch ein paar Filmmusiksequenzen zu Gehör.
Homepage von Ben Bulben: http://www.ben-bulben.de

Wie es sich für ein IFF gehört, bildete den Abschluss eine Festivalsession aller Musiker mit Ausnahme der kleinen Erkelteten, für die es wohl etwas spät geworden wäre. 25 Musiker(innen) sangen „Step it out Mary“, auf Wunsch des begeisterten Publikums auch zweimal. So ging das 1. Bonner Irish Folk Festival zu Ende, erwachsen aus einer Idee Sabrinas, der begnadeten Fiddlerin der Rolling Wave und der Fiddlers Session, die das Ganze dann auch organisiert hat. Herzlichen Dank!!!

Das Festival zeigte, wie vielseitig Irish Folk Musik sogar in einer kleinen deutschen Großstadt sein kann. Und dabei waren noch nicht mal alle Bonner Bands dieses Genres dabei, denn es fehlten die Lokal Heroes, die dafür 2000 im Brückenforum mitmachten. Sabrinas Einschätzung, dass deren Stilrichtung (Pub- und Rebelsongs) nicht so dazu passen würden, teile ich nach der an diesem Abend gehörten Spannbreite nicht. Nun, es war wohl nicht das letzte BIFF. Hoffentlich!

Für den Fall, dass man die Umgebung Bonns etwas weiter fasst, gibt es noch zahlreiche Gruppen, die man einladen könnte, wie z.B. Lynch the Box (http://www.lynch-the-box.de), Mahones (http://www.mahones.de), Irish Stew (http://www.irishstew.de), Limerick, Garlic Stench und wahrscheinlich noch einige mehr.

Noch ein paar Worte zur Organisation: Sehr gut fand ich die kurzen Umbauzeiten zwischen den Gruppen. Etwas unbequem fand ich die nicht vorhandene Bestuhlung. Aber ich bin eher ein sitzender Genießer als ein Rumhopser, und anderen geht es gerade anders herum. Zum Glück hatte ich aber einen Stehplatz direkt vor der Bühne, so dass zumindest mir und meiner Camera niemand im Weg stand. So konnte ich auch ein paar der Fotos schießen, die unter http://achimweimer.de/biff/bilder.htm zu sehen sind. Achim reichte seine Digitalcamera mal diesem, mal jenem, und so auch mal mir. Meine eigenen Dias sind indes noch nicht digitalisiert.

Hier zum Besipiel ein Bild von Alexander "Näx" May, das ich mit Achims Digitalcamera gemacht habe:

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MAS