Saturday, September 08, 2007

Konzertrezension: Tri Yann am 8.9.2007 auf dem Bonner Marktplatz

Tri Yann am 8.9.2007 auf dem Bonner Marktplatz

Bretonisches Finale des Keltischen Sommers in Bonn

Bei der Keltischen Nacht am 11. August, das hätte ich noch erwähnen wollen, sah ich auf dem Fahnenmast auf dem Dach das alten Rathauses eine jener Seemöven (Silbermöve, Mittelmeermöve oder Hybride dazischen, wie mir mal ein Ornitologe erklärte), die seit einigen Jahren auch in Bonn zu Hause sind, sitzen. Unten auf der Bühne klang es gerade so richtig nach den Äußeren Hebriden, man roch förmlich die salzgeschwängerte Seeluft, da stieß die Möve plötzlich ihren langen, klagenden Eruf aus und vier oder fünf andere Seemöven tauchten hinterm Rahthaus auf, als hätte die eine Möve die anderen herbei gerufen, damit auch sie Musik aus ihrer maritimen Heimat hören konnten.

Die Möven hätten mal am 8. September vorbei fliegen sollen, dann hätten sie sich aber gewundert, denn auf der Bühne breitete ein riesiger Artgenosse seine Flügel aus. Freilich, ja, diese Riesenmöve war nicht ohne weiteres als solche zu erkennen, wir rätselten, was das wohl sei, ein indianscher Schamane im Adlerkostüm oder etwa der gallische Hahn. Nein, es war eine Möve, wie mir ein Tri Yann-Fan-Paar aus Stuttgart erklärte. Tri Yann kommen zwar von keiner Insel, aber die Bretagne wird ja auch Armor genannt – nein, nicht der Liebesgott Amor! – das Land am Meer, und Tri Yann haben sich gerade dies auf die Fahnen ihres Programms geschrieben. Gleichzeitig liebäugeln sie mit dem Barock, so dass das Mövenkostüm, aber nicht nur dieses, sehr barock aussah, auch das eines Adeligen, das eines Fischers und andere Kostüme feierten das 17. Jahrhundert.

Die Musik war nun eigentlich nicht barock, wenn man davon absieht, dass die Wurzeln der traditionellen bretonischen Musik weit zurück reichen, aber noch viel weiter als vierhundert Jahre. Sie war aber eher modern, recht rockig, etwas jazzig, die Wurzlen der Band in den 1970ern, der Zeit des Folk-Revivals auch in der Bretagne, hörte man gut heraus, und natürlich folkig. Ich kann jetzt nicht exakt sagen, wer von den acht Musikern wähend des Konzertes wo stand, da sie ja fast immer in Bewegung waren. Die drei Jeans, die der Band ihren Namen gaben, Jean Chocu, Jean-Paul Corbineau, Jean-Louis Jossic, bedienten auußer ihren Stimmbändern Gitarren, Manodline, einer auch Bombarde u.a., Gérard Goron das Schlagzeug, Jean-Luc Chevalier den E-Bass, Konan Mevel Flöten, Sackpfeifen, Saxophon, Fre d Bourgeois das Klavier und Christophe Peloil die Geige, wobei diese Instrumentaufzählung nicht volständig ist. Mein Fanzösisch ist nicht so gut, dass ich die Liedtexte verstanden hätte, doch die Ansagen waren teils auf Deutsch zusammengefasst, so dass ich erstmals vernahm, dass ein mir schon bekanntes Lied von einer Ölpest handelte. Bretonsich kann ich ja noch weniger, aber dass die vielen Leute im Publikum, die bretonische Flaggen dabei hatten, gerade bei dem Lied, in dem „Breizh ma bro“ (Bretagne, mein Land) besungen wurde, die Flaggen nicht wehen ließen, wunderte micht doch. Die Melodie gibt es übringes auch in Wales und ist dort die der Nationalhymne. Einige Lieder erinerten auch sehr an die Bläck Fööss oder die Höhner, was wohl auch daran liegt, dass die Kölner nicht wenige Melodien aus dem keltischen Kulturraum entlehnt haben. Und so ziemlich am Schluss – die Kostüme hatten sie längst ausgezogen und „zivil“ weiter musiziert – sangen sie „The Leaving of Liverpool“ auf Französisch, also zumindest die Melodie dieses irischen Klassikers, aber wohl mit ganz anderem Text.

Was aber wäre ein bretonisches Konzert ohne „Fingerhakentanz“, also An Dro? Unser Bonner Tanzmeister Jürgen Weihoven und seine Frau ließen sich den Spaß nicht nehmen, und prompt wurde daraus eine Polonaise, die auch quer durch die Menge ging und der sich immer mehr anschlossen, darunter auch Tom und Frau Kannmacher, Diarmuid Johnson, der gerade auf der Durchreise von Wales nach Polen, war, Ferdi, Eckhard, den ich seit einem halben Jahr elektronische kannte und nun erstmals leibhaftig, und ich. Oder auch eine Gavotte oder eine Laridée oder anderes. Das machte Freude hoch drei! Nicht dass ich das gut könnte, aber das störte niemanden.

Das war dann das letzte der keltischen Konzerte des diesjährigen Bonner Sommers, und ich nutze die Gelegenheit, der Stadt Bonn meinen Dank für diese schöne Konzertreihe, umsonst und draußen, auszurichten. Wir saßen dann noch in der Bonner Brasserie zusammen, und auch die Tri oder auch Acht Yans kehrten dort ein, begrüßt von vielen Gästen mit einem herzlichen Beifall. Sie aber eilten vorbei ins Innere, als wollten sie mit Fans nichts zu tun haben, oder einfach ihre Ruhe. Nun ja, jeder Jeck is anders.


Mehr Infos zu Tri Yann:
http://edoll.free.fr/
http://www.folker.de/9806/triyann.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Tri_Yann

MAS