Saturday, January 28, 2006

Konzertrezension: Lokal Heroes am 28.1.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich

Lokal Heroes am 28.1.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich

Wie schon in der Rezension der neuen CD „Smash the Windows!“ angekündigt, fand am 28. Januar die CD-Releas-Party in der Harmonie statt. Und anders als in besagter Rezension behauptet, sind die Lokal Heroes keineswegs alle, auch nicht fast alle, Hobbymusiker, sondern das trifft nur auf zwei der Stamm- und einen Gastmusiker zu, nämlich auf Christoph Spix (immerhin der Frontsänger), Ralf Wolfgarten und Matthias Höhn. Alle anderen vier Stamm- und auch die zwei zusätzlichen Gastmusiker, die an diesem Abend auf der Bühne waren, verdienen also ihre Brötchen mit Musik, wenn auch nicht hauptsächlich bei den Lokal Heroes. Diese Unterscheidung ist nicht allen Bandmitgliedern gleich wichtig, aber ich möchte es korrekterweise doch nicht auf meiner Fehrleinschätzung beruhen lassen, und fordere alle Musiker auf, meine Rezensionen ihrer CDs und Konzerte kritisch zu lesen und mir Sachfehler mitzuteilen.

Die Plakate der Lokal Heroes, mit denen sie für das Konzert warben, enthielten noch die Stilbezeichnung „Irish Folk Rock“, doch hat die Änderung ihres Repertoires und ihrer Spielweise, auf das ich schon in früheren Rezensionen aufmersksam gemacht habe, nun auch ihren Niederschlag auf der Homepage gefunden: „Scandic-Celtic-Funky-Folk“. So wundert es nicht, dass das erste Stück des Abends „Music for a found Harmonium“ und auch das letzte vor der Zugabe „Üxi Kaksi“ dem skandinavisch inspirierten Repertoire entstammten. Und doch bilden die von Christoph rau und markant gesungenen irischen Songs in Pogues- und Dubliners-Manier die Basis, auf der alles andere aufbaut. Mike Haarman unterlegte die meisten Stücke mit seinem Schlagzeug unüberhörbar, Christoph spielte sein gefundenes Akkordeon, Kristap Grasis diverse Zupfinstrumente von Madoline und Ukulele bis E-Gitarre, Wendel Biskup seinen E-Bass, Liene Séjáne ihre Querflöte, als Gastmusiker waren Matthias Höhn mit diversen Flöten, Dudelsack und Akkordeon, Leons Séjáns mit Gitarre und Inga Meijere mit einem Saxophon dabei, aber – aufmerksame Leser werden es schon gemerkt haben – Hobby- und Stammmusiker Ralf Wolfgarten fehlte leider krankheitsbedingt. Das machte sich besonders bei dem „Flook Salad“ bemerkbar, als Liene alleine flötete und ihr der Flötenpartner fehlte. Sie bekam das schon hin, und die anderen waren ja nicht untätig, aber Flook nur mit Querflöte und ohne Tin Whistle ist eben nicht ganz vollständig. Nichtsdestotrotz groovte es ganz gewaltig, funkig, soulig, jazzig, vor allem wegen der rhythmischen Spielweise Lienes, Kristaps und Wendels. Kristaps meinte später, man dürfe natürlich nicht zu viel auf einmal ändern, sonst hänge man die Fans ab, und Ralf meinte noch später am Telefon, Christophs irsche und schottische Lieder bildeten das Rückrat, und er werde auch weiterhin englisch singen und sich nicht mit skandinavischen Sprachen versuchen, denn das sei schon mal in die Hose gegangen, und auch inselkeltische Tunes, also Reel, Jigs, Polkas usw. werden ebenso noch ausgebaut wie Stücke von rund um die Ostsee, aus der Bretagne und aus Galizien. Ich kann nur wiederholen, was ich bei der CD-Rezi geschrieben habe: Unsere Bonner Lokahelden haben sich in den letzten Jahren nach und nach mit Geduld, Hartnäckigkeit, Disziplin und vor allem unbändiger Spielfreude einen eigenen, unverwechselbaren Bandsound erarbeitet. Den Abschluss der Zugabe bildete wie eh und je – was sonst? - „Molly Malone“.

Der Saal der Harmonie war gut gefüllt. Leider gab es zu wenige Abstellmögliochkeiten für Gläser, und einmal kurz verlassene Stehplätze an den in die Wände eingebauten Glasabstellbänken wurden, eh man sich versah, von anderen Gästen eingenommen, und man konnte mit dem Glas in der Hand nicht mehr klatschen. Man tinkt dann schneller leer, aber ein neues Guinness zu holen müsste sich man durch die wippende, hüpfende und völlige begeisterte Menge zur Seitentheke kämpfen, da es an der Haupttheke keines gab. Nun, so trank man dann doch wieder weniger.

Am St. Patricks Day, also am 17.3.2006 werden sie im Bungertshof spielen, hoffentlich wieder mit Ralf dabei! Da dort weniger Leute rein passen als in die Harmonie, sollte man rechtzeitig reservieren.

http://www.lokalheroes.de/
http://www.harmonie-bonn.de
Frühere Lokal Heroes Rezensionen von mir:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2000_12_01_folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen_archive.html
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004_02_01_folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen_archive.html
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005_01_01_folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen_archive.html
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006_01_01_folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen_archive.html

MAS

Thursday, January 26, 2006

CD-Rezension: Lokal Heroes. Smash the Windows.

Lokal Heroes. Smash the Windows.

Eigenverlag 2005 mit englischen Infos und Texten, sowie Fotos
12 Tracks, 49,42 Minuten

Der Reihenfolge des Eingangs nach, müssten zwei andere CDs noch vorher besprochen werden, aber da ja am Samstag der offizielle CD-Release in der Harmonie sein wird und Ralf Wolfgarten (Tin & Low Whistle, Vocals) kürzlich die CD-Werbung rund schickte, will ich diese Scheibe vorziehen.

Unsere Bonner Lokalhelden haben diesen Silberling in Lettland eingespielt, denn wie bestimmt einige wissen, stammen Kristaps Grasis (Vocals, E & A-Guitars, Mandolin, Ukulele und Saz) und Liene Sêjâne (Flute, Piccolo Flute, Overtone Flute und Vocals) aus eben diesem baltischen Land und haben dort Verbindungen. Wer die Lokal Heroes kennt und ihre Entwicklung in den letzten Jahren verfolgt hat, wird nicht sehr überrascht sein, den harten und rauhen Folk-Rock-Gesang Christophs Spix (Leas Vocals, Akkordeon), das eine oder andere skandinavische Stück umrahmt von vielen irischen und schottischen, sowie eine sich immer weiter in den Vordergund schiebende funkige Spielweise vorzufinden. Da wird „The Rocky Road to Dublin“ zum Sprechgesang, da werden die Songmelodien von Tanztunes unterbrochen und ergänzt, da haut Mike Haarmann mal kräftiger, mal weicher auf seine Drums und Perrcussions. Überrascht, na zumindest etwas, war ich aber, im Inhaltsverzeichnis ein Stück namens „Flook Salad“ zu entdecken. Das spielte ich auch gleich als erstes an, und tatsächlich, es ist ein Set aus drei Tunes der berühmten Formation Flook, natürlich, und das zu lesen wird niemandem weh tun, nicht ganz so flookig wie Flook selbst, aber durchaus hörenswert. Nun, Ralf war ja auch in der Brotfabrik als Flook dort spielte, und der Besuch hat sich gelohnt. Man merkt es also, die Lokal Heroes entfernen sich immer mehr vom Klischee der „Pogues von überall“ und entwickeln mehr und mehr einen eigenen und unverwechselbaren Bandsound, und das obwohl sie fast alle Hobbymusiker sind. Gratulation!
Noch nicht erwähnt aber mit von der Party sind auf dieser Scheibe Wendel Biskup (Bass), der zur Stammbesetzung gehört, und als lettische Gastmusiker Reinis Sêjâns (Tablas & Frogs), Juris Kulakovs (melodica, Accordeon), Leon Sêjâns (Acousic Guitar) und als ehemals Stamm-, aber schon seit Jahren gern gehörter deutscher Gastmusiker Matthias Höhn (Gadulka, Bagbipes, Recorder, Kaval). Ja, ich habe die englischen Instrumentbezeichnungen von dem durch und durch englischsprachigen mit meisterhaften Fotos versehenen Booklet übernommen.

Klar, diese Rezension hört sich an wie eine Werbung für Freunde. Aber ich meine es ehrlich!
Für Veranstalter gibt es übrigens auch eine Demo-DVD mit fünf Stücken darauf.

http://www.lokalheroes.de

MAS

Saturday, January 21, 2006

Konzertrezension: „Klang der Kulturen“ auf dem Symposium des Annemarie Schimmel-Forums am 21.01.2006 im Haus der Evangelischen Kirche in Bonn

„Klang der Kulturen“ auf dem Symposium des Annemarie Schimmel-Forums am 21.01.2006 im Haus der Evangelischen Kirche in Bonn

Das soll nur eine kurze Bemerkung sein. Im Rahmen des Internationalen Symposiums „Islamisches Denken im Wandel und die Europäische Aufklärung“ des Annemarie Scuimmel-Forums gab es nicht nur Vorträge und Diskussionen, sondern auch ein kleines Konzert. Ich weiß es gerade nicht mehr ganz genau, aber ca. zehn Musiker aus dem Iran und der Türkei spielten auf Rahmentrommeln, anderen Trommeln, einem mit namentlich unbekannten Zupfinstrument, dessen Klangkörper aus zwei kürbisähnlichen Teilen bestand, einer Gitarre, einer Geige und der berühmten Flöte Ney klassische Musik aus eben diesen Ländern, mit Texten des berühmten Sufis Dschalaledin Rumi auf persisch, deutsch und auch englisch. Wenn man diese Musik hört, weiß man, wo die europäische mittelalterliche Musik ihre Inspiration her hatte. Die Gitarrenspielerin aber spielte Eigenkompistionen, die muslimische Texte mit einer klezmer- und gospelbeeinflussten Musik begleitete. Und der blinde Geiger bediente auch mal ein Klavier. Da ich diese Musik zwar mag, aber in ihr nicht so sehr zu Hause bin wie in der irischen und deutschen, lasse ich es mit diesem Textlein mal gut sein.


MAS

Friday, January 20, 2006

Konzertrezension: Dán am 20.01.2006 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Dán am 20.01.2006 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Als ich erfuhr, dass Dán am 20. Januar im Bungertshof auftreten sollte, war ich traurig darüber, den Abend schon anders verplant zu haben. Mein Zug aus Würzburg sollte nämlich erst um 19.42 Uhr in Bonn ankommen, und da ich seit Dienstag ein Journalistenseminar besucht hatte, zu dem mich der Folker! geschickt hatte, wohl damit die Redaktion nicht mehr so viel Arbeit mit meinen Texten hat, wollte ich den Abend dann gemütlich zu Hause mit Petra verbringen, zumal ich am Samstag und Sonntag wieder auf eine Tagung wollte. Die Dozentin des besagten Seminars hätte mir diesen viel zu langen Satz vermutlich um die Ohren gehauen, aber dies ist ja auch keine Nachricht auf der Titelseite einer Tageszeitung, sondern eine Rezension in einem E-Post-Rundbrief, und da er laube ich mir einen etwas anderen Stil.

Nun habe ich aber eine sehr verständnisvolle Frau, und sie sagte, wenn mir das Konzert so wichtig sei, dann solle ich da ruhig hingehen. Und warum war es mir so wichtig? Nun, zwei der Musiker, nämlich Joergen W. Lang und Johannes Mayr, sind alte Freunde von mir. Mit ihnen und einigen anderen hatte ich 1991/92 meine ersten Session-Erlebnisse im Boulanger in Tübingen, und sehr oft sah und hörte ich die beiden seit dem nicht. Joergen war 2004 beim 3. Bonner Irish Folk Festival dabei mit seiner anderen Band Laundry List, Johannes, der ja jetzt im Westerwald wohnt, durfte ich auch ein paar mal mit Lynch the Box, Mensch Mayr oder Jostal hören, aber Dán kannte ich bisher nur aus dem Internet. So schmiss ich also meinen Koffer in die Wohung und startete durch zum Bungertshof.

Glücklicherweise hatten sie trotz meiner Verspätung gerade erst angefangen. Der Doppelsaal stand dem Konzert nur zur Hälfte zur Verfügung, da es generell recht spät angekündigt war und nicht mehr genug Leute erreicht werden konnten, mal abgesehen davon dass der Januar als der Monat der Versicherungs- und Abonnementrechnungen bei vielen eh nicht mehr viel Geld für Konzertbesuche übrig lassen dürfte. Soweit mein Präludium, aber ich will ja auch von der Musik erzählen.

Fetzige Reels waren das erste, was ich vernahm. Joergen mit seiner auf DADGAD gestimmten Gitarre (Joergen bat mich, nicht zu erwähnen, dass ... und das tue ich auch nicht), Johannes auf seinem riesigen Akkordeon (mein Platznachbar meinte: „Der Jackie Daly Deutschlands!“) und zwischen den beiden Franziska Urton, die ich noch nicht gekannt hatte, auf der Fiddle. Die Reels, Polkas und anderen schnellen Tunes steigerten sich im Laufe des Konzerts zu einer Komplexität und einem Variantenreichtum, die und der nicht nur mir bisweilen einen Schauer durch den Körper schickte. Franziska spiele einen recht harten und sehr punktierten Stil, der auch die kleinste der zahlreichen Verzierungen haargenau auf den Punkt brachte. Wenn ich nicht befürchten würde, ein schon von andern Schreibern benutztes Wortspiel zu benutzen, würde ich jetzt eines mit ihrem Nachnamen machen. Zwischendurch sang Joergen mit seiner expressiven Stimme Lieder aus Irland und Schottland, die die andern beiden bisweilen im Hintergrund begleiteten und die vom Auswandern, von der Liebe, vom Krieg und von den Vorteilen einer Frau, die einen guten Tee bereiten kann, handelten. Franzi meinte auf erdverbunden Münsterländisch dazu: „Schönheit vergeht, Hektar besteht.“ Und dann gab es auch langsame Tunes, wirklich traumhaft, mal die Geige in der ersten, das Akkordeon in der zweiten Stimme, dann umgekehrt, dann beide parallel, so dass kein Blatt mehr dazwischen passte. Einige der Melodien passten indes nicht in die pure irisch-schottische Stimmung, sondern waren von hier und da kontinentaleuropäisch beeinflust, so zum Beispiel das Stück mit dem ungarischen Titel “Nem Üzemel“, auf deutsch „Nicht benutzen“, zu dem es eine lustige Geschichte gibt, bei der ich aber empfehle, sie sich von Joergen persönlich erzählen zu lassen. Mir kam beim Hören des balkanischen Rhythmuses, den ich ja eh mag, sofort die Assoziation „Hölderlin Express“, die Independet-Folk-Band, die Joergen und Johannes dereinst mitbegründet haben und die derzeit eine hoffentlich kreative Pause einlegt. Und tatsächlich las ich dann im CD-Büchlein, dass das Stück aus der gemeinsamen HöEx-Zeit stammt. Äußerst hörenswert! Joergen spielte zwischendurch auch mal Lowwhistles und Johannes seinen noch riesigeren Kontrabass und sogar mal Klavier. Man mag sich einen mit dem gezupften Bass jazzig begleiteten Reel vorstellen, wenn man kann. Nun genug der Musikbeschreibung, denn etwas muss ich ja auch noch für die CD-Rezension in der Hinterhand behalten.

Mehr oder weniger nahtlos ging das Konzert in eine Session über, der sich außer den drei Abendsternen (das kommt dabei hereaus, wenn man „stars of the evening“ eindeutschen will) dreizehn andere Musiker aus Bonn und Umgebung zugesellten, darunter auch meine Wenigkeit. Auch dabei war Till, den ich auch schon in Tübingen kennen gelernt hatte, und der seine schon damals atemberaubende Whistleakrobatik noch weiter ausgebaut hatte. Er lebt jetzt in Köln und bat mich, nicht zu erwähnen, dass es auch dort ... ja, richtig, ich schweige wie ein Grab. Aber Johannes wollte durchaus eine Sache der Öffentlichkeit nicht vorenthalten, nämlich dass er im Gegensatz zu dem, was eine Überschrift eines Artikels über ihn in einer Westerwälder Tageszeitung suggiert, nicht deshalb irische Musik mache, weil er Irland so sehr liebe, sondern weil diese Musik sein Lebensgefühl ausdrücke. Ich denke, das geht nicht nur ihm so, sondern z.B. auch ... mir. Im Gegensatz zu den meisten anderen hatte ich aber nicht nur Mühe, sondern es war nicht selten unmöglich, bei den schnellen und variationsreichen Tunes mitzuhalten. Nun, ich besuche auch viel zu selten Sessions, aber umso mehr genoss ich diese bis um ca. 2 Uhr nur noch die Häfte der Musiker da waren, und ich mich auch im Angsicht eines Seminars mit wenig Schlaf hinter und zweier vortragsreicher Symposiumstage vor mir zurückzog, nicht ohne Stolz, dass ein kleines Stücklein, das ich mir erdachte, gut angekommen war.

Besonders muss ich an dieser Stelle auch mal die Kellner loben, die sich erstens nicht aufdrängten, wenn das Glas leer war, aber schnell da waren, wenn man was wollte, und deren einer sich zweitens um 2 Uhr einfach dazu setzte und die Musik genoss. So müssen Kellner von Musikkneipen sein!

Die nächste mir bekannte Gelegenheit, Dán life zu hören, gibt es am 16.03.2006 im Buergerhaus Gieleroth bei Altenkirchen im Westerwald.

http://www.danmusic.de/
http://www.bungertshof.de

MAS

Wednesday, January 04, 2006

CD-Rezension: Positano. Mehr.

Positano. Mehr.

Posiversum Records 2005 mit wenigen Infos und lustigen Zeichnungen
18 Tracks, 42,03 Minuten

Was kommt mir denn da ins Haus? Was bedeutet denn das, dass da ein Bleistift, ein Aschenbecher, ein Würfel, eine Zigarettenkippe und ein Mikrophon im Strandsand stecken und ein roter Doppeldecker übers mehr fliegt? Es liegt oder sitzt oder springt noch mehr darum, an diesem Strand, aber kommen wir zur Musik.

Daniel Schult (Gesang, Gitarre) und John Brandi (Gitarre Gesang) singen zu erwähnten Instrumenten eigene deutsche Texte mit Inhalten, die auf sehr eigenartige Weise den Alltag interpretieren, in dem man sich als Bonner Student schon hier und da wiederfindet, nicht nur in dem Lied „Langzeitstudent“, sondern zum Beispiel auch dem Lamento über einen total verregneten Sommer und das Lob einer warmen Dusche. Kritisiert wird auch, z.B. dass weniger die Gedanken, als viel mehr der Markt frei ist, dass das menschenrecht auf Liebe zu wenig geachtet wird, und die UNO mit der humanitären Intervention auf sich warten lässt, gegenüber dem weiblichen Teil der Menschen äußern sie Gebärmutterneid, während ein Wal sich beim Rodeln die Hoden quetscht und dann nicht mehr so gut Jodeln kann, und vieles mehr wird angesungen, wie der Titel schon sagt. Bonner Lokalflair kommt auch ohne Bönnsche Mutart auf, wenn der Posttower oder der Hofgarten erwähnt wird. In dem Lied, das der CD den Titel gab, spielt noch einer mehr mit, nämlich ein Peter am Piano, während Daniel die Drumz und John den Bass bedient.

Ich könnte die CD auch ganz anders und viel kürzer beschreiben: Eine neue Scheibe für Freunde eines Musikstils wie bei Joint Venture oder beim PS-Gitarrenduo. Frech, schräg, alltäglich-surrealistisch, nicht immer appetitlich, manchmal aber auch hochpoetisch.

http://www.posiversum.de

MAS

CD-Rezension: Katy Sedna. ...for you

Katy Sedna. ...for you

LogicTide Entertainment 2005 mit Fotos, englischen Infos und englischen, portugiesischen, spanischen, kisuahelischen und russischen Texten
12 Tracks, 46,46 Minuten

Beim Anblick des Coverfotos überkam mich spontan Mitleid und Hilfsbereitschaft: Es zeigt die Musikerin in einem schier endlosen und steilen Treppenhaus neben vier riesigen Gitarrenkoffern sitzen, mit Sommerkleid und Sandaletten zwar hübsch, aber für den eigenhändigen Transport der Musikmöbel denkbar ungeeignet gekleidet, und niemand ist zu sehen, der ihr hilf.

Beim Hören der CD überkommt mich aber viel mehr Bewunderung. Nicht nur, weil Katy die Gitarren, nachdem sie irgendwie doch ins Studio gelangt sein müssen, auch zu bedienen weiß, sondern weil sie wunderschön zu singen versteht, und das auf Englisch, Portugiesisch, Spanisch, Kisuaheli und Russisch und noch einer Sprache, die ich gar nicht identifizieren kann. Und mit jeder Sprache wechselt auch der Stil: die englischsprachigen Songs erinnern mich an teilweise Bob Dylon in ihrer Schrägheit, eines ist ein bekanntes schottisches Volkslied, die portugiesischen Lieder sind Fados, die anderen kann ich nicht so zuordnen, aber sie gefallen mir. Begleitet wird sie nur sehr sparsam von Alan Jelt (Percussion) und Josephine McKalthy (Bass).

Die Texte entstammen teils von ihr selbst, teils von Carl Sigman, Amadeu Augusto Santos Dos, B. Ferreire, Fadhili William Mdawida, Lhasa De Sela und Yves Desrosiers und sind allesamt im Büchlein nachzulesen und eventuell mitzusingen, wenn man nicht lieber mit geschlossenen Augen einfach nur zuhören und träumen will. Die nichtenglischen Texte haben zudem eine englische Übersetzung, damit man auch sehen kann, worum es geht, wenn man nicht einfach nur...

Einen hidden Track gibt es auch, aber nicht nach dem letzten Stück, sondern... Nee, das verrate ich nicht. Hört es Euch an!

http://www.katysedna.com/m_news/main_news_d.php

MAS