Pure Irish Drops am 9.10.2007 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
Traditionelle Musik aus South Ulster in konzertanter Atmospäre
Anders als in den drei vorausgehenden Jahren waren die reinen irischen Tropfen in diesem Jahr nicht am 8., sondern am 9. Oktober in Bonn zu Gast. Pure Irish Drops, das verspricht immer ein Konzert mit traditioneller irischer Musik, schwerpunktmäßig instrumentell, wobei jedes Jahr einen anderen Schwerpunkt hat. Der diesjährige Schwerpunkt ist ein regionaler, und zwar Musik aus der Region Ulster, welche sich teilweise in Nord-Irland und teilweise in der Republik Irland befindet. Ungeachtet dieser Staatsgrenze vertraten die drei Musiker der diesjährigen Tour eine gemeinsame Musik-Tradition, die weitaus älter ist, als die Teilung des Landes.
Sie betraten nacheinander die Bühne und zwar so, dass der erste zuerst solo spielte, dann im Duett mit dem Zweiten, der dann solo spielte, worauf er mit dem Dritten im Duett spielte, der wiederum dan auch als Solist auftrat, und anschließend erst spielten alle drei gemeinsam. Der Erste war Martin Quinn, ein junger Busche mit zwei Knopfakkordeons, einem deutschen von Hohner, das schon mehr Jahrzehnte gesehen hat als sein Spieler, das aber wohl auch etwas schwefällig zu spielen war, so dass er die meiste zeit auf einem diatonischen Akkordeon spielte, wie sie in Frankreich üblich sind. Ihn ergänzte und löste ab Gerry O’Connor, der sich mit einer Geige begnügte, aus der er aber allerhand heraus holte. Der Dritte und älteste im Bunde dann Gabriel McArdle, der sowohl eine Concertina, also Ziehharmonika, spielte, als auch sang. Und was spielten und sangen sie? Es waren Jigs, Reels, Slip Jigs, Slides, Polkas, Airs und gesungene Balladen, also das, was man gemeinhin von einem Irish Folk oder Irish Traditional Konzert erwartet, allerdings so pur, so rein, so traditionell, wie man es heutzutage doch selten hört und zudem im Repertoire so ulster-regional, dass auch ich, der ich schon viele irische Musik gehört habe, viele der Tunes noch gar nicht kannte, obwohl es keine Neukompositionen, sondern von alten Musikern tradierte Stücke waren. Florian Fürst, der Veranstalter, sagte, auch ihm sei es so ergangen und auch anderen in dem Genre versierten Musikern, dass sie diesen regionalen Musikschatz nicht kannten und so sehr überrascht waren. Das eine oder andere war mir sicherlich doch bekannt, aber nur weniges. Sicher kann man musikhistorisch bestimmt feststellen, wie alt die Stücke tatsächlich sind und auch wann die spezifische Spielweise entstanden ist, oder, na ja, vielleicht auch doch nicht, denn man wird schon Feldforschung betreiben und dabei das Glück haben müssen, auf Musiker zu stoßen, die nicht nur spielen und singen können, sondern auch noch die Geschichte der Musik kennen. Die drei Musiker auf der Bühne konnten immerhin meistens sagen, von wem sie das Stück, das sie gerade ansagten, gelernt haben, aber woher hatte der jenige es dann?
Die Musik dieses Abends hört man in Irland sicher eher in privatem Kreis oder in den Pubs, aber der Konzertsaal der Brotfabrik war auch bestens geeignet, ihr in Ruhe und konzetriert zu zu hören. Nicht geeignet war die Musik sicher für Leute, die es modern mögen. Man könnte sagen, dass die Paperboys an einem Ende und die drei Musiker dieses Abends an zwei Enden einer Skala spielen, was nicht bedeutet, dass sie nicht auch anders könnten. So sehr ich auch moderne, experimentelle Spielweisen liebe, so sehr geniesse ich auch diese alte Musik, die ihrerseits auch alles andere als urtümlich im Sinne von plump und ungekünstelt war. Sie war sehr filigran, sehr verspielt, wenn auch eher unisono als polyphon. Die Balladen folgten auch zumeinst einem bestimmten Schema von Melodie und Takt, wobei eine ein gesungener Jig war. Ohne Musiker wie diese und auch ohne Veranstalter, die sie auf Tour und auf die Bühnen der Welt bringen, würde sich Irish Folk sicher verlaufen und seine Wurzeln verlieren. Einem solchen Konzert zuzuhören und selber als Musiker solche Musik z.B. in einer Session mit zu spielen, erdet all die modernen und mulitkultibeeinflussten Musiker wieder. Für Folk Musik ist das überlebenswichtig, will sie Folk Musik sein. Abgesehen von solchen theoretischen Überlegungen war das Konzert aber einfach ein Hochgenuss, zumindest für mich, aber auch für Ferdi, der mit mir da war, für Sabrina (Geigerin bei Whisht!), Jonathan (Geiger bie Five Alive Oh) und Winni (Concertinaspieler in der Fiddler’s Session), die auch da waren, und dem Applaus zu folge wohl auch für die anderen Zuhörer.
Das Restaurant in der Brotfabrik hat übrigens neue Pächter, der die vorherigen nun die UN-Kantine betreiben. Die neuen legen Wert auf regionale oder ökologische Produkte, so dass sie zum Beispiel nun Neumarkter Lammbräu haben (nicht regional, aber ökologisch), und wie vorher auch Malzmühlen Kölsch (nicht ökologisch, aber regional) von Fass und Gaffel (dto.) und Heller Kölsch (ökologisch und regional) von der Flasche, sowie Rothaus Tanenzäpfe (weder noch). Leider aber bekam ich so nicht das russische Baltika Starkbier, auf das ich mich gefreut hatte und auch kein polnisches Zyviec.
Musik Büro Florian Fürst:
http://www.ffmusik.de/
http://www.ffmusik.de/PIDinfo2007.htm
Gerry O’Connor:
http://www.gerryoconnor.net/
Brotfabrik:
http://www.brotfabrik-bonn.de/
über Ulster:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ulster
frühere Pure Irish Drops Rezis von mir:
Pure Irish Drops am 8.10.2004 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/10/konzertrezension-pure-irish-drops-am.html bzw. http://tinyurl.com/acx5c
Pure Irish Drops am 8.10.2005 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/10/konzertrezension-pure-irish-drops-in.html bzw. http://tinyurl.com/csqne
Pure Irish Drops - Music from the Déise am 8.10.2006 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/10/konzertrezension-pure-irish-drops.html
MAS