Ta Alánia am 23.11.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef
Griechischer Rembeteko war angekündigt. Ohne ein Ahnung davon zu haben, was das ist, aber neugierig darauf, wie sich das anhört, lenkte ich meine Schritte mal wieder zum Feuerschlösschen. Acht Musikerinnen und Musiker waren angetreten beziehungsweise hatten sich hingesetzt, meine Bildungslücke zu schließen, und nicht nur meine, denn das Foyer war proppevoll, aber nicht wenige schienen diese Lücke nicht zu haben, sondern wussten, was sie erwartet. Doch zuvor erwartete Jutta Mensing, die Hauptorganisatorin und Moderatorin des FiF eine Überaschung. Die Bürgermeisterin von Bad Honnef hatte das Konzert in ihren Dienstkalender eingetragen, lobte in einem Grüßwort das FiF und besonders Juttas Engagement für die Kultur des Städtchens und überreichte ihr deshalb eine Auszeichnung, wenn ich es recht gesehen habe, die Ehrenbürgerschaft. Ich gratuliere!!!
Nun aber zu den Musikern: Aus der Perspektive des Publikums von links nach rechts saßen da: Luc Rosa (Gitarre, Gesang), Gary Schneider (Gitarre, Gesang), Margret Schiel (Kontrabass; sie musste stehen und tat das schräg hinter den beiden Gitarristen), Stavros Drechos (Gesang, Trommel), Achim Schiel (Buzúki, Gesang), Kerstin Schiel (Gesang, Akkordeon, Klarinette), Dunja zur Mühlen (Baglamás, Gesang) und Ralf Krüger (Ud, Baglamás, Mandoline). Wo der für die Technik verantworltliche Rolf Schiel saß, bekam ich nicht mit.
Ja, und was boten sie für eine Musik? Die beiden Hauptsänger waren Stavros Drechos (der einzige Grieche in der Combo) und Kerstin Schiel (die, wie mir anschließend erklärt wurde, gar kein Griechisch spricht, aber so einwandfrei singt, das sie nach Konzerten bisweilen von Griechen auf Griechisch angesprochen werde). Sie sangen abwechselnd Lieder, deren Inhalt Gary Schneider vorher jeweils kurz erklärte. Es waren die üblichen teils lustigen, teils ernsthaften Themen, die echte Volksmusik ausmachen: Liebe, Armut, Ärger mit der Obrigkeit, fröhliche Zecherei und so weiter. Mir kamen die Melodien anfangs aber recht einförmig vor, und manche erinnerten mich an russische Lieder. Achim Schiel auf seinem langhalsigen Buzúki umspielte diese Melodien filigran, und das war für meine Ohren zunächst das einzige Interessante, während Melodie und Rhythmus mich eher einlullten als meine Aufmerksamkeit steigerten, und die Texte verstand ich ja auch nicht. So saß ich zugegebenermaßen in der ersten Hälfte des Konzertes etwas gelangweilt da. Aber nach das Pause – lag es an dem griechischen Wein, von dem ich in der Pause getrunken hatte, lag es an der Gewöhnung oder lag es an der Musik selber, die sich anders darbot? – wie auch immer, jedenfalls hörte ich plötzlich ganz anderes beziehungsweise viel mehr: Da waren weiterhin die Liedmelodien, die aber abwechselnder wurden, da war weiter das filigrane und an Komplexität zunehmende Buzúkispiel, da waren die Ud, die Mandoline und die Baglamás (Buzúkis im Jackentaschenfoirmat, die dereinst entwickelt wurden, um sie schnell vor der Polizei verstecken zu können, wobei ich nicht mehr weiß, warum das notwendig war) unterstützten dieses Umspielen teils mit anderen Stimmen, und da waren die beiden Gitarren und der Kontrabaß, die eine Rhythmussektion bildeten. Und diese drei Ebenen wurden immer komplexer, ich swichte zwischen ihnen immer hin und her und konnte letztlich gar nicht genug kriegen. Es klang mal osmanisch-orientalisch, mal klezmer-jazzig, mal balkanisch und war doch alles griechisch oder doch türkisch-griechisch aus der Zeit vor der gewaltsamen Entmischung der beiden Völker in den 1920er Jahren. Das war einfach erstklassige Musik, und wie mir dann erklärt wurde, waren die Stücke der zweiten Hälfte tatsächlich komplexer, es war nicht nur meine Einbildung oder der Wein.
Achim Schiel erklärte mir auch, dass sie vor griechischem Publikum noch viel orientalischer spielen, während das an diesem Abend recht europäisch gewesen sei. Eine Frau meinte, die Ansagen seien erfreulich kurz gewesen, so dass mehr Zeit für die Musik gewesen sei, als bei manchen anderen Bands, und Achim sagte, das sei so üblich in Griechenland, wo man einfach spiele ohne was zu erklären. Und er erklärte das „Buzúki“ im Griechischen ein neutrales Wort sei, so dass es „das Buzúki“ heißte und nicht „die Buzúki“, wie man meistens sage. Nun ja, ob ich da unsere Irish Folk Musiker von überzeugen kann, von nun an „das Bouzouki“ zu sagen? Die Musiker dieses Abends, ein Grieche, ein Franzose, sechs Deutsche wohnen übrigens verstreut zwischen Mainz und Düren, sofern ich das richtig verstanden habe.
Über diesem informativen Gespräch verpasste ich die Bahn um 23.14 Uhr um drei Minuten und nutzte die halbe Stunde Wartezeit, indem ich auf eine Krippe in den Rhein hinaus ging, über mir den Vollmond, stromaufwärts die Lichter von Oberwinter, flussabwärts die von Bonn, schräg hinter mir die angestrahlte Drachenfels-Ruine, und etwas auf der Tin Whistle spielte. Ich sag’s Euch, das ist noch schöner als auf einer Bühne oder bei einer Session, wenn die Rheinwellen in das Spiel mit einstimmen und einem nur die Nixen zuhören und Vater Rhein höchstpersönlich. Beinahe hätte ich darüber auch noch die Bahn um 23.44 Uhr verpasst.
Ta Alánia:
http://www.taalania.de/
Feuerschlösschen:
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu/
MAS