Klangwelten-Festival am 8.11.2007 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn
Mein drittes Klangwelten-Festival erlebte ich, wie auch in den beiden Jahren, in der KAH in Bonn, auch „Bundeskunsthalle“ genannt. Für Rüdiger Oppermann war es indes die 21. Tour, auf der wieder einmal für deutsche Ohren ungehörtes und ungewohntes bot, selbst für die Ohren eines Folkies und begeisterten TFF-Besuchers.
Ja, der Anfang war so exotisch nicht, es sei denn man fremdelt schon beim Klang einer Sackpfeife und einer Trommel. Mit nämlichen Instrumenten bestückt stiegen Rüdiger Oppermann und Bijan Mahjub (ja, unser Bijan aus Köln, der Spielmann) die Treppe herunter mitten durchs Publikum. Bijan spielte einen iranischen Dudelsack, der fürderhin leider nicht mehr zur Anwendung kam, und Rüdiger eine Trommel. Das klang orientalisch bis mittelalterlich, also durchaus gewohnt für einen regelmäßigen Besuchers des mittelalterlichen Marktes zur Weihnachtszeit in Siegburg und ab und zu ähnlicher Veranstaltungen hier und dort. Im weiteren Verlauf des Konzertes hielt Rüdiger Oppermann sich an seine beiden Harfen, die schon auf der Bühne auf ihn warteten, denen er wieder keltische und doch nicht keltische Weisen entlockte, verbunden mit allerlei elektronischer Verstärkung wie Echos, Loops und dergleichen. Bijan griff hingegen zur Bombarde, und damit war er so laut, dass man eine unverstärkte Harfe eh nicht mehr gehört hätte. So aber boten die beiden in der Bretagne heimischen Instrumente unter dem Titel „Far West“ eine sehnsuchtsvolle Kontrastharmonie. Da rauschten die Atlantikwellen gegen die Steilfelsen, obwohl nur ein sanftes Lüftlein über die Wiesen strich.
Vom Westen in den Osten ging es anschließend und zwar auf sehr sehr ungewohnte weise. Drei Herren und eine Dame aus Korea, Kim Juhong, Cho Wonil, Lee Howon und (ausnahmsweise Ladies last) Oh Hyunyu boten als Ensemble Samulon Noreumachi auf diversen Trommeln und Gongs (Kwänggari, Tschanggo, Buk und Jing mit Namen) einen Percussions-Sturm sondergleichen. Es wirkte wie spontan, aber war einstudiert bis auf den letzten Handgriff und in Korea eine im Volk so weit verbreitete Tradition wie hier zu Lande die Blaskapellen. Wir blieben in Far East mit Hong Yü Chen, einer zierlichen Chinesin aus Nanjing, die eine ebenso zierliches Instrument spielte, eine Guqin, eine klassische Griffbrett-Zither, die seit 2500 Jahren gespielt wird und auch tatsächlich in zumindest fast so alten Instrumenten vorkommt. Das klang so schön chinesisch, dass man sich wünschen möge, die Chinesen generell wären auch in Politik und Wirtschaft so feinfühlig wie in dieser Musik. Und welch ein Kontrast zu den Koreanern, zumindest zu den Trommlern dieses Abends!
Obwohl die Koreaner und die Chinesin traditionelle, feststehende Arrangements spielten, konnten sie sich dennoch improvisierend mit den Westlern zusammen tun. Der Westler, mit dem es die Trommler zuerst zeigten, war für unser Sprachgebrauch ein Orientale, nämlich Houssaine Kili aus Marokko. Ja das ist schon komisch, dass wir Marokko zum Orient zählen, obwohl es doch zum Maghreb gehört, zum Westen eben. Er sang und spielte auf seiner Guimbri, einem sehr archaisch aussehenden Zupfinstrument aus einer fellbespannten Holzkiste, zuerst alleine ein Lied aus seiner Gnawa-Tradition, doch wurde er dann von den Koreanern begleitet. Und es passte wie chinesischer Tee zu marokkanischer Minze: Wunderbar!
So ging es dann den ganzen Abend weiter in unterschiedlichen Zusammenspielen zwischen Atlantik und Pazifik, Bombastisches und ganz Zartes wechselten einander ab. Sehr interessant war auch das Spiel auf drei Schalmeinen oder schalmeiähnlichen Instrumenten bretonischer, koreanischer und chinesischer Herkunft, vorgetragen von Bijan, Oh Hyunyu und Hong Yü Chen, das zeigte, wie ähnlich sich diese unterschiedlichen Kulturen doch bisweilen sind. Die Seidenstraße lässt grüßen. Am Schluss ging es dann in rheinische Gefilde, nein nicht in die Kölner Bucht, aber ins Elsaß, dem Bijan ein Stück gewidmet hat: „Les Vagues d’Alsace“, die „Wellen des Elsaß“, womit er die weinbestandenen Hügel meinte.
Wie ich las war Bijan nur bei der ersten Hälfte der Tournee dabei, bei der zweiten statt seiner Enkh Jargal, also Epi, der Mongole. So gerne ich Epi höre, so bin ich doch froh, es hier mit Bijan erlebt zu haben, denn sonst wäre der Osten doch etwas übervertreten gewesen. Und außerdem mag ich den Klang von Bombarden und Schalmeien so sehr! (Wie ich mittlerweile erfuhr, werde ich in Jena sein, wenn dort Epi mit dabei ist, und ich werde die Gelegenheit nutzen, dort man hinein zu lauschen.)
Ach ja, Bijan bat mich, auch zu schreiben, dass das Öffnen der Türen zu Beginn der Zugabe für die Musiker sehr unangenehm gewesen sei, da sie dadurch von der Bühne aus auf die offenen Türen gesehen hätten und Unruhe ins Publikum gekommen sei.
Und nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass auch Johannes Mayr und Ingrid Mayr-Feilke (Dán, Mensch Mayr u.a.) im Publikum weilten und die Musik sehr genossen.
Klangwelten:
http://www.klangwelten.com/
KAH:
http://www.kah-bonn.de/
Frühere Rezis von mir zu Rüdiger Oppermann und/oder den Klangwelten:
Klangwelten-Festival am 8.11.2005 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/konzertrezension-klangwelten-festival.html bzw. http://tinyurl.com/c6xf6
16. Tanz & Folk Fest Rudolstadt vom 7. bis 9.7.2006 – Eindrücke
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/07/festivalbericht-16-tanz-folk-fest.html bzw. http://tinyurl.com/lyqj8
Klangwelten-Festival am 21.11.2006 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/11/konzertrezension-klangwelten-festival.html
MAS