Wednesday, March 15, 2006

Konzertrezension: Irish Spring – Festival of Irish Folk Music am 15.3.2006 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn

Irish Spring – Festival of Irish Folk Music am 15.3.2006 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn

Das 6. Irish Spring Festival gastierte wieder in der KAH und war trotz des Termins mitten in der Woche fast restlos ausverkauft. Da hat sich wohl die Plakatierung gelohnt, oder erfuhren die etwa alle durch den folkigen Rundbrief davon? Wohl kaum, so viele Leute habe ich gar nicht im Verteiler, und unsere Internetseite hat keinen Zähler. Es war betimmt Ralf mit seinem Irischen Rundbrief, ja so muss es sein! Oder die Terminseite im Folker!

Der Opener war Tony McManus, ein jetzt in Südontario lebender Schotte, der hauptsächlich Instrumtentals auf der Gitarre spielte. Einige Stücke waren ruhig und verträumt, meiner Frau kam spontan die Assoziation „NDR-Pausenmusik“, andere aber waren regelrechte Reels, bei denen er die Gitarre ohne Fingerpicking als Melodieinstrument einsetzte, wobei er zwischendurch auch mal zu Akkorden überwechselte, als würde er ein Melodieinstrument begleiten. Sowas habe ich bislang noch nicht gehört! Und dann sang er auch ein Lied, und seine Stimme erinnerte micht an Sean Keane, nur nicht ganz zu quakig, sondern etwas tiefer. Dass er zwischendurch deutsches Bier lobte, machte ihn noch sympatischer, doch schwand dieser Bonus gleich wieder, als er sein Lob auf Bitburger zuspitzte. Ich schrieb es schon mal: 5 Mio. Hektoliter müssen nicht noch per Schleichwerbung angepriesen werden, während kleine Brauereien dicht machen. Es bleibt also die einfach erstklassige Musik als Bonus übrig, aber das reicht ja auch für ein Konzert.

Den Solisten löste sodann ein Quartett ab, auch aus Nordamerika, und zwar aus Michigan. Millish, bestehend aus Brad Phillips (Geige, Mandoline), Jesse Lee Mason (Gitarre), Tyler Duncan (Uilleann Pipes, Saxophon, Low Whistles) und Mike Shimmin (Schlagzeug, Darabuka) bot eine Musik, die sie selbst als „Progressive Irish Folk“ oder „Avantgarde Irish Folk“ bezeichnen, die für meine Ohren aber ein gutes Beispiel für moderne Weltmusik mit irischen Wurzeln war. Die Einflüsse, die ich heraus hörte, und die mir Jesse Lee Mason dann im Gespräch bestätigte, kamen aus Ungarn, dem Balkan, Mexiko, Arabien und jede Menge Jazz war auch dabei. Sie spielten zwar auch Jigs und Reels, und das so quirlig, dass es mich an Kíla erinnerte, was Jesse als Kompliment auffasste, als ich es ihm sagte, aber die Arrangement waren zumeinst nicht zum Tanzen gedacht, sondern zum Zuhören, denn die Tempi wurden immer wieder durch langsamere Passagen unterbrochen. Leider war das Mikrophon bei der Uilleann Pipe etwas leise eingestellt, aber davon abgesehen war es einfach prima was die Jungs da in den letzten zwei Jahren, in denen sie sich mit irischer Musik beschäftigen, entwickelt haben! Die Pause kam viel zu schnell!

Nach der Pause wurde es ruhiger und traditioneller. Mary McPartlan aus Irland sang irische Lieder, teils a capella, teils begleitet von Tony McManus und zum Schluss auch von Mike Shimmin. Ihre Stimme war tief, aber ansonsten erinnerte mich ihr Stil an Geraldine MacGowan. Sie sang echten Folk im engeren Sinne, Volkslieder eben aus verschiedenen Jahunderten, so dass sie „A Rainy Night in Soho“ von Shane MacGowan aus den 1980ern als „contemporary music“ ankündigte. Aber auch eine Version eines Liedes von Elvis Presley („Love me Tender“) war dabei, nur mit einem anderen Text, so wie sie es mal in der Muppet Show gehört hatte.

Den Abschluss bildeten die Schwestern Breda und Cora Smyth auf Fiddles, Tin und Low Whistles in Begleitung eines Sean Leahy (Gitarre) und Paul O' Driscoll (Kontrabass) Sie sind durch die Lord of the Dance-Show berühmt geworden und heizten auch ohne Tanzbrigade dem Publikum ordentlich ein. Mir gefiel ihr an Mary Bergin erinnerndes, helles, fließendes und dabei doch leicht stakatohaftes Whistlespiel noch besser als ihr Fiddlespiel. Die meisten Tunes waren mir bekannt, wenn auch nicht dem Namen nach, und es erwies sich im Nachhinein als richtig, sie an den Schluss zu setzen, denn das Publikum klatsche mit, bis die Hände schmerzten. Da zieht Tradition mehr als Avantgarde. Mitklatschfähigkeit ist zwar in meinen Augen kein besonderes Gütekriterium für Musik, aber die Musik war gut, daran lässt sich nichts rütteln.

Natürlich gab es eine Festivalsession aller Musiker ganz am Schluss. Enkh Jargal, also Epi, leitete es wie gewohnt auf seiner mongolischen Pferdekopfkniegeige ein, auf der er wie auch bei den letzen Malen und vielleicht schon seit Beginn des ISF überhaupt „Jimmy Mó Mhíle Stór“ spielte. Valentin, der Tourmanager kündigte es als Experiment an. Nun, es war sein erstes ISF. Ober- und Untertongesang des „Irish County of Mongolia“, wie Tony McManus, der ihn begleitete, es nannte und dann im Unterton-Brummton die Aufforderung „CD kaufen!“ zeigten, dass man das alles nicht so ernst nehmen muss, und so sei es Mary McPartlan auch nachgesehen, dass sie beim letzten Lied „The Spanish Lady“ die Melodie nicht so sang, wie ich sie kannte. Außerdem sang sie „the handsome lady“. Aber meine bescheidenen Kenntnisse der irischen Musik sind ja auch nicht das Maß aller Dinge.

Nach diesem aufweckenden Konzert muss nun aber der Frühling kommen!

http://www.irishspring.de
http://www.tonymcmanus.com/
http://www.millish.com
http://www.marymcpartlan.com/
http://www.epi.beep.de
http://www.kah-bonn.de/

meine ISF-Rezi 2005:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/03/konzertrezension-irish-spring-festival.html
http://tinyurl.com/buqlf

MAS