Irish Stew am 1.4.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich
Irish Stew aus Herchen an der Sieg dürfte auch Besuchern des Bonner Folktreffs im Anno Tuback noch bekannt sein, denn dort spielten sie nicht nur einmal, und eine der wenigen Rezensionen aus dieser Zeit dokumentiert einen Auftritt von Irish Stew, im Übrigen die vorletzte Folktreff-Veranstaltungen überhaupt im Dezempber 2003. Seit dem habe ich sie auch nicht mehr gehört, obwohl sie schon vor einem Jahr in der Harmonie spielten, aber ich kann ja nicht überall dabei sein. Nun ergab sich aber wieder die Gelegenheit als ich Günter Koch beim Konzert der Lokal Heroes im Januar in der Harmonie traf und er uns zum Irish Stew -Konzert einlud. So schreibe ich jetzt eine Rezension, das hat er nun davon. Er meinte ja ganz bescheiden, sie würden im Vergleich zu anderen doch eher schlecht abschneiden. Ob das so stimmt? Schaut selbst:
Mittlerweile hat sich die Besetzung der Band ein wenig geändert, und ein für mich neues Mitglied, Nelah Moorlampen, begann das Konzert, nachdem Günter das Publikum fragte, ob es nun soweit sei, mit einem ruhigen, mir jetzt namentlich nicht, aber ansonsten doch bekannten irischen Lied, bei dem ich schon den Eindruck gewann, dass der Stil dieser Band sich doch verändert habe. Dieses ging sodann aber über in eine gewohnte rockige Darbringungsweise von „Johnny Cope“, wobei Günter das Publikum aufforderte, kräftig mit zu klatschen. Da er selber sich gerade in dieser Woche eine Erkältung zugezogen hatte, bat er sodann, man möge ihn beim Singen kräftig unterstützen, obwohl, das muss ich sagen, seine angekratzte Stimme gerade den kräftigeren Songs eine nicht unpassende Herbheit verlieh. Es ging weiter mit Songs wie „Rocky Road to Dublin“ und anderen bekannten Hits des Irish Folk, wie zum Beispiel auch „The Star of the County Down“, und auch das Eine oder Anderes aus dem Repertoire von Paddy goes to Holyhead wie „Johnnyboy went to the war“ und „Gipsie’s Wedding Day“, wobei er sich selbst auf Gitarren und Mandola begleitete, Petra Herdtle die E-Geige temporeich strich, so wie ich es in Erinnerung hatte, eine zweite Gitarre aber wieder von einem Neuling, nämlich Klaus Gresista bedient wurde, und auch das Schlagzeug das Ganze noch ein Spur deftiger machte, obwohl von einer Frau bedient, nein, nicht mehr von Karola Mittler, sondern von Marion König, und des weiteren war da noch Mathias Hudelmayer mit seinem Cello, das er mal sitzend strich und mal stehend zupfte. Nun musste Günter aber weder alles alleine singen, noch sich nur auf das Publikum verlassen, sondern einerseits ließ Nelah noch des öfteren ihre wunderbare Stimme ertönen, zum anderen wurde auch Ex-Mitglied Hans Rüdiger Lemke zweimal auf die Bühne gebeten, der zwar seine singende Säge nicht dabei hatte, aber „Ride on“ und anderes zum besten gab. „Ride on“ gehörte nun zu den ruhigeren Liedern des Abends, und dabei zeigte Marion, dass sie nicht nur trommeln, sondern auch Blockflöte spielen kann, und das tat sie in einer zweiten Stimme, so dass ich gerade von diesem Arangement total begeistert war. Auch das von Nelah gesungene „Greensleeves“ begleitete sie mit Blockflöte und Matthias mit dem Cello. Überhaupt dieses Cello, was ja im Folk Rock-Bereich kein häufig anzutreffendes Instument ist, gibt der gesamten Musik von Irish Stew eine ganz besondere Note, auch bei den rockigeren Liedern. Nelah, die übrigens zwischendurch auch Gitarre, Tin Whistle und Bodhrán spielte, liegen meines Erachtens die ruhigeren Lieder auch mehr, denn für Kriegslieder wie „The Haughs O’Cromdale“ scheint mir ihre Stimme zu zart, und viel besser geeignet, „Amazing Grace“ wie ein Gosplelied, klingen zu lassen, was es ja auch urprünglich ist, auch wenn mancher meint, es sei die schottische Nationalhymne. „The Haughs O’Cromdale“ wurde extra als Abstecher nach Schottland angekündigt, obwohl das schon vorher dargebrachte „Johnny Cope“ doch auch schottisch ist, so viel ich weiß, und das „Ye Yacobites“ allemal. Ja, es waren fast alles Lieder, aber das eine oder andere Instrumental kam auch vor, zu, Beispiel ein Set aus „Dingle Regatta“ und den Titelmelodien aus „Pipi Langstrumpf“ und „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, und sogar an „Toss the Feathers“ wagten sie sich heran, doch fand ich dabei die Blockflöte in der zweiten Stimme im Verhältnis zur Geige in der ersten zu laut, aber erstere ging dann in die erste Stimme von „Amazing Grace“ über, was sehr gekonnt war. Überhaupt ist es meiner Hörerfahrung nach ungewöhlich und deshalb originell, diesem Reel eine zweite Stimme hinzu zu gesellen. Matthias sang auch eine Strophe seines selbst komponierten – das einzige des Abends – Liedes, dessen Name mir nicht einfällt, obwohl es schon 2003 im Repertoire war, und dieses Lied klingt so, dass ich an Brian Ferry dachte, was mir aber weder meine Frau die Brian Ferry gerne hört, noch Matthias selbst, der nur verwirrt guckte, als ich es ihm sagte, bestätigte.
Man sieht, dass das Sichweiterentwickeln anscheinend eine ansteckende Sache unter Musikern ist. Da hört man mal drei Jahre lang eine Band nicht, und dann erlebt man solche Überraschungen. Es mag auch daran liegen, dass gerade die neuen Mitglieder nicht nur Amateure sind, wie mir Marios Mann Hermann erzählte, wobei Günter mir am Schluss aber augenzinkernd sagte, sie seien doch alle Amateure. Lassen wir diese Spekulation, ich muss mich da noch mal kundig machen, aber jedenfall darf man gespannt sein, was aus dem irischen Eintopf von der Sieg noch wird. Das Publikum, so ca. 200 Leute oder mehr, so dass die Harmonie locker gefüllt war, war jedenfalls begeistert, es hätte der Aufforderung zum Mitklatschen gar nicht bedurft, die Leute taten das ganz von selbst und das sogar wechselrhytmisch und die Musik antreibend und nicht abbremsend, wie es ja auch hier und da vorkommt. Und die ruhigen Lieder kamen auch gut an, da wurde es muksmäuschen still, und man hörte nur noch ergriffenes Atmen.
Wir saßen übrigens erstmals auf der neuen Empore, von wo aus man einen guten Überblick hat. Anschließend aßen wir noch was Leckeres im Restaurant (ich Spaghetti Aglio e Olio für unter 5 Euro), und ein alkoholfreies Hefeweizen von Schneiders (zwischen Fasnacht und Ostern bin ich abstinent) mundete mir auch, während Petra und Ferdi sich guten Bordeaux-Rotwein munden ließen. Diese Qualitäten der Restauration muss man ja auch mal erwähnen, denn was täten die Musiker und wir Musikfreunde ohne die Veranstaltungsorte?
http://www.irishstew.de
http://www.harmonie-bonn.de/
Ferdis Rezi von 2003:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2003/12/konzertrezension-bonner-folktreff-mit.html bzw. http://tinyurl.com/aqr44
MAS