Thursday, February 16, 2006

Konzertrezension: Angelo Branduardi: Die Laude des Heiligen Franziskus am 16.2.2006 im Brückenforum in Bonn-Beuel

Angelo Branduardi: Die Laude des Heiligen Franziskus am 16.2.2006 im Brückenforum in Bonn-Beuel

Dies ist nun ein für mich etwas ungewohntes Rezensionsobjekt: eine Laude. Dass eine Laude ein Lob ist, weiß man ja als alter Lateiner, dass im katholischen Bereich Loblieder als „laudes" bezeichnet auch. Aber was es nun mit dieser Laude auf sich hatte, erfuhr ich erst zu Beginn der Veranstaltung selbst, zu der ich weniger der Laude wegen, als wegen Maestro troubadouriensis Angelo Branduardi selber, den ich vor einigen Jahren schon mal am selben Ort erleben, und über dessen heurigen Auftritt ich nun eine Rezension schreiben durfte.

Eine Laude also ist ein musikalisches Theater, wie es im Italien des 13. Jahrhunderts in der Franziskanischen Frömmigkeitsbewegung aufkam und in welcher in unterhaltsamer Form religiöse Inhalte dem Volke vermittelt wurden. Und eine solche bot nun Angelo Branduardi dem Volke vom Bonn zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wobei er alte und neue Formen der Darbietung meisterhaft miteinander verband. Zunächst sah man auf der Bühne noch eine Bühne, und zwar ein Holzgestell mit Treppen, Rampen und Plattformen, so wie sie damals im mittelalterlichen Italien für die Lauden üblich waren, aber links und rechts auf zwei Leinwänden konnte man wie in einem Filmabspann dann lesen, worum es ging. Angelo stand da mit einer E-Geige, spielte ein wenig, Tänzer und Tänzerinnen erschienen auf der Bühne, zunächst wusste ich das nicht so richtig einzuordnen. Außer Angelo spielten noch drei Musiker mit: Davide Ragazzoni auf Schlagzeug und anderen Percussionsinstumenten wie Gong und E-Trommel hinter einer Glaswand etwas versteckt, Giovanni Vianelli auf Keyboard und später auch mal Akkordeon und Stefano Olivato auf einem E-Kontrabass. Da war also viel Elektronik im Spiel, trotz aller Mittelalterlichkeit. Die Melodien hörten sich großenteils auch nicht mittelalterlich an, sondern waren in dem für Angelo so typischen postmodernen Stil zwischen kräftigen Rhythmen, Sphärenklängen und Volkslied. Angelo überraschte mich dann mit einem besonderen Instrument, mit einem wunderbar vollen Klang, einer Gitarre, die oberhalb des Griffes noch einen Bogen hatte, an dem wie an einer Harfe oder einer Leiser weitere Saiten befestigt waren: eine Harfengitarre, wie er am Schluss erklärte, die um 1820 in Italien erfunden und dann vor allem von Serenadensängern unter den Fenstern ihrer Liebsten benutzt wurde. Diese Liebsten beantworteten die Serenaden aber nicht selten mit einem Wasserschwall, so dass Harfengitarren meist nur wenige Jahre überlebten. Das zumindest erzählte der Meistertroubadour dem staunenden Publikum, so wie Gigi in „Momo" den Touristen allerhand zu erzählen pflegt.

Aber zurück zur Laude: Allmählich entwickelte sich aus Musik und Tanz eine Handlung, die der Maestro auf deutsch ein wenig erklärte. Es war im Endeffekt die Lebensgeschichte des Heiligen Franziskus von Assisi, nicht unbedingt ganz historisch, dafür um so legendärer. Von der Gründung des Franziskanerordens nebst des Clarissinnenordnes über die ersten Missionsreisen in Italien, Spanien und Marokko, die Reise zum Sultan während des 5. Kreuzzuges und zahlreiche Wundertaten bis zur endgültigen Heimkehr im Tode. Angelo erklärte und sang einiges auf Deutsch, Daniel Cafer spielte den Franziskus, Jessica Higgins die Clara und Andreas Thele Franzens engsten Gefährten Bernardo, wobei sie ihre Texte auch alle auf Deutsch sprachen. Vor allem Jessica und Daniel strahlten dabei so eine Begeisterung aus, dass man meinte, es handele sich um eine Liebesgeschichte, und im Grunde war es das ja auch, wenn auch weniger sexuell als spirituell. Italienische Liedertexte wurden auf den schon erwähnten Leinwänden in Übersetzung zum Mitlesen angeboten, wobei Luisa Zappa Branduardi die italienischen und Burkhard Brozat sie deutschen Lyriken geschrieben hat. Die Tänzerinnen Monica Uallini, Elisa Ferrari, Tiziana Uitto, Scilla Zizifo, Daina Pezzoti und Maria Tirelli spielten verschiedene Rollen, mal das Volk, mal die Mönche, zumeist aber die Nonnen rund um Clara, wobei ihre Ballettbewegungen alles andere als monastisch anmuteten, sondern sie wirkten eher wie Elfen oder Feen. Aldo Esposito spielte mal einen Mönch, mal ich weiß nicht wen, und tanzte nicht minder elfisch. Angelo setzte auch mal Blockflöten ein, und es gab zwischendurch doch auch mal mittelalterliche Tunes, wie z.B. „A la via". Eine Melodie aber, die ich sowohl mit Angelo Branduardi als auch mit Franz von Assisi immer in Verbindung gebracht hatte, wurde nur mal in einer anderen Version angespielt, aber kam nicht so, wie ich sie von einem Film über Franziskus, bei dem Angelo die Filmmusik gemacht hatte, im Kopf hatte. Den berühmten Sonnengesang brachte er mit einer für mich neuen Melodie, die in Teilen große Ähnlichkeit zum Loch Lomond-Lied von Runrig hatte.

Die Laude selber dauerte ca. 1 ½ Stunden, und in der Zugabe sang Angelo einige seiner Evergreens wie „La Pulce d’Aqua", „Cogli la Prima Mela" und „Momo’s Lied", das Publikum ging gut mit, ganz zum Abschluss gab es dann noch „Stella Matutina" aus dem Libre Vermell, zu dem er auch eine Panflöte spielte, und Angelo erklärte, dass die Pilgerströme nach San Diago des Compostella die Grundlagen für das heutige Europa gelegt hätten. So erlebte das Volk von Bonn, bzw. so viele davon, dass der Saal im Brückenforum zu ca. ¾ voll war, einen zauberhaften Abend aus Historie und Legende, Spiritualität und Erotik, Tradition und Moderne und vor allem wunderbarer italienischer Musik.

Man mag sich fragen, warum ich immer von „Angelo" schreibe, als kennte ich ihn persönlich. Nein, er ist für mich genau so „nur" eine Berühmtheit, aber ich tue das ja in meinen Rezensionen mit allen Musikern so, dass ich sie beim Vornamen nenne, egal, ob ich sie näher kenne oder nicht. Unter Folkies ist man schnell beim Vornamen, und Angelo Branduardi ist sich sicher nicht zu fein, dazu zu gehören, auch wenn er ein 2-4000 Zuhörer zählendes Publikum als angenehm kleinen Rahmen empfindet. Die Namen der anderen Künstler auf der Bühne konnte man zwar im Abspann lesen, aber eine Liste zum Mitnehmen oder ein Programmheft gab es leider nicht. Einer der beiden CD- und T-Shirt-Verkäufer am Merchandisingstand war aber so nett, sie mir alle aufzuschreiben und mir dann auch noch die Single-CD „die sonne gesang" mitzugeben, worauf das Angelo den Sonnengesang auf Deutsch singt. Mille Grazie!!!


http://www.angelo-branduardi.com/ger/index.htm
http://www.brueckenforum.de/

Mehr interessante Infos unter:
http://www.angelo-branduardi.com/ger/inter_angelo.htm
http://www.tiscali.de/ital/ital_center_cultur.72449500.html
http://www.wz-newsline.de/sro.php?redid=104810
http://www.europamici.com/interview5.html

MAS