Tuesday, February 21, 2006

Konzertrezension: Positano am 21.2.2006 im Café Tiferet in Bonn

Positano am 21.2.2006 im Café Tiferet in Bonn

Liedermacher mit Herz

"Positano" im Cafe Tiferet

Nach längerer Zeit gab es am 22. Februar im Cafe Tiferet wieder einen
musikalischen Leckerbissen zu geniessen. "Positano", das sind Daniel und
John, zwei junge Männer aus Bonn, die ihre neuesten Kompositionen zu
Gehör brachten und die mit ihren Liedern das Publikum zu langanhaltendem
Beifall hinrissen. Mit zwei Gitarren, zeitweise unterstützt durch eine
Mundharmonika, trugen sie mit wohlklingenden Stimmen ihre
selbstkomponierten Chansons vor. Die zum Nachdenken und Hinterfragen
anregenden Liedtexte spießten gnadenlos gesellschaftliche Kuriositäten
und menschliche Unzulänglichkeiten aus dem täglichen Leben auf. Seien es
die wirtschaftlichen Folgen der Globalisierung, die narzistischen
Selbstinszenierungen von Politikern und Konzernbossen oder militärische
Befehlsausführungsautomaten, alle gesellschaftlichen Gruppen von
Relevanz bekamen ihr Fett weg. Jedes Lied der beiden sympathischen
Musiker war eine gesungene und gelungene Karikatur dessen, was im
täglichen Geschehen so passiert und was die Menschen manchmal so richtig
ärgert. Wie zum Beispiel das Lied "Kleine Männer", welches die maßlose
Selbstbeweihräucherung der "mächtigen" und "wichtigen" Männer aus
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gnadenlos aufs Korn nimmt. Einfach
unbeschreiblich dieser Höhepunkt, wie Daniel seine Mütze abnimmt, sie
vor die Brust hält, die beiden dann "Haltung annehmen" und zu der leicht
abgeänderten Melodie der Deutschlandhymne den Text singen: "Kleine
Männer/kleine Geister/Hab´n die Welt in ihrer Hand/Kleinigkeit, Komplex
und Geilheit/sind nochmal ihr Untergang!". Das Publikum überhäuft den
Vortrag mit Applaus und ein Zuhörer hält spontan die beiden Sänger frei
und spendiert ihnen Getränke nach ihrem Wunsch.
Der musikalische Vortrag erinnert mich an den Stil von Reinhard Mey und
auch Elemente von Udo Lindenberg glaubte ich erkennen zu können.
Besonders schön anzuhören fand ich die Änderung von Tonart und Rhythmus
während eines Liedes, was dem Ganzen eine besondere Lebendigkeit
verlieh. Jedenfalls kam es nicht vor, dass sich Unterhaltungen zwischen
den Gästen entwickelten, alles hörte fast schon "andächtig" zu. Eines
spürte ich selbst ganz deutlich: die Lieder wurden mit Herz vorgetragen,
sie kamen aus dem Herzen und erreichten auch die Herzen der Zuhörer, was
sich nach Ende des Vortrags in Gesprächen und Diskussionen mit den
Anwesenden herauskristallisierte.
Ich habe "Positano" jetzt dreimal gehört und immer konnte ich eine
Steigerung ihrer Vortragskunst feststellen. "Positano" ist wirklich eine
ganz besondere Gruppe, der es gelungen ist, Lieder mit sehr
nachdenklichem Inhalt musikalisch gekonnt und sehr unterhaltsam zu
präsentieren.
Der Name "Positano" stammt übrigens von einer italienischen Stadt, in
der der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder Urlaub machen wollte und
diesen wegen eines Faux-pas des italienschen Regierungschefs Silvio
Berlusconi ganz spontan absagte.
Am 1. April ist "Positano" wieder im Cafe Tiferet zu hören.

http://www.positano-underground.de/
http://www.posiversum.de
http://www.tiferet.de/
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/01/cd-rezension-positano-mehr.html


FLR