Friday, February 03, 2006

Konzertrezension: Le Clou am 3.2.2006 in Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Le Clou am 3.2.2006 in Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Le Clou wird in diesem Jahr 30. Deshalb habe ich Michel David, Yves Gueit und Johannes Epremian im letzten Herbst interviewt und aus dem Interview und einigen sonstigen Infos einen Artikel gemacht, der im Folker! 02.06 erscheinen wird. Aber obwohl ich in den letzten cirka zehn Jahren schon einige ihrer Konzerte gehört habe, habe ich noch nie eine Konzertrezension darüber geschrieben, so dass ich das nun hier endlich mal tue:

Johannes Epremian (Geige, Gitarren, E-Gitarre, Gesang), Michel David (Gesang, Gitarre, Waschbrett) und Yves Gueit (diatonische Akkordeons, diverse Flöten, dabei auch eine Okkarina, Oboe, Saxophon, Klarinette) standen aus Zuschauerperspektive von links nach rechts auf der Bühne im restlos gefüllten Bungersthof, hinter ihnen auch von links nach rechts Gero Gelert (E-Bass) und Ralf Schläger (Schlagzeug, was zum Namen passt), wobei letzterer natürlich saß. In der Anordnung stehen und sitzen sie anscheinend immer, was in die quirlige Musik einen Hauch von Ordnung bringt. Fans wissen, was sie erwartet, ihre Musik weist durch die Jahre eine hohe Kontinuität auf, auch neue Stücke passen sich ein in ihren Stil, und neue Stücke gibt es immer wieder, Eigenkompositionen überwiegen gegenüber Traditionals. Doch was ist das für eine Musik, mit der sie seit drei Jahrzehnten erfolgreich in Deutschland touren und von der sie auch leben können? „Cajun Swamp Groove“ nennen sie sie, oder „altmodische Tanzmusik aus dem Mississippi-Delta“.

Na, was heißt schon altmodisch? Johannes legte sofort mit seiner Geige los, schnell, rhythmisch, mehr deftig als verziert, aber äußerst mitreißend. Michel sang ein Lied nach dem anderen, auf Französisch, seiner Muttersprache, die ich leider nur ganz wenig verstehe, und sein Gesang bot einen scharfen Kontrast zur Rhythmik der Instrumente, auch seiner Gitarre oder seines Waschbretts, denn er bestand hauptsächlich auch sehr lang gezogenen Vokalen, na nicht nur, es gab auch schnelle Sätze, aber immer wieder diese lange Os und As und Es. Dann das Akkordeon von Yves, ähnlich dem Gesang, mal schnell, mal lang gezogen. Und so wogte es zwei Stunden lang durch den Raum, immer mitgetragen von E-Bass und Schlagzeug, meistens im 2/4-Takt des Two Step, aber auch mal im 3/4 oder 4/4. Allmählich gingen auch die Gespräche derjenigen Gäste, die Musik mehr zur Begeleitung ihrer Unterhaltung mögen, in Rhythmus über. Das war wirklich interessant, wie die Musik nach und nach die Aufmerksamkeit auch der Leute an den hintersten Tischen, wo auch wir saßen, eroberte. Es gibt Musik, da schwindet die Aufmerksamkeit, und es gibt Musik, da steigt die Aufmerksamkeit, und dazu gehört die von Le Clou. Da lag nicht nur daran, dass die Lautsprecher im hinteren Saalabschnitt nicht von anfang an optimal eingestellt waren, auch nicht nur daran, dass Johannes mit seiner Geige auf die Tische stieg und so auch nach hinten kam, obwohl das schon Eindruck machte. Das macht er übrigens gerne, und bei einer solchen Gelegenheit entstand auch das auf unserer Startseite unseres Internetportals für Folk- und Weltmusik in Bonn und Umgebung zu sehende Foto, ja jetzt habe ich es offiziell verraten: es ist Johannes Epremian, der Teufelsgeiger von Le Clou, der dienstältesten Bonner Folkband.

Der Two Step ist der Reel der Cajuns, eine Verballhorunung von „Arcadiens“, der französischsprachigen Einwanderer in Louisiana, die von den Engländern aus Arcadien in Ostkanada vertrieben worden waren, doch Cajun-Musik hat noch mehr Einflüsse aufgenommen, vom kreolischen Zydeco, vom Blues, vom Jazz, vom Dixieland, von der Country & Western Music, von den Volksmusiken irischer, schottischer, deutscher und anderer Zuwanderer, und das hört man auch bei Le Clou heraus. Wenn Johannes seine 1937er Metallgitarre bedient wird es bisweilen westernartig, wenn Yves seine Flöten spielt wird es französisch, bretonisch, beim Saxophon jazzig, bei der Klarinette dixieländlich. Johannes erzählte zwischendurch wieder lustige Geschichten zum Beispiel von vom Moonshine Whiskey aufgedunsenen Polizisten, Michel machte Grimassen, die bestens in ein Asterixheft passen würden, Yves schaute wie ein Walross über seinen Schurbart, als könne ihn nichts erschüttern, dann spielt er auch mal zwei Blockflöten gleichzeitig oder eine nepalesische Bambusflöte mit mehr Löchern als ein Mensch Finger hat. Mein Liebelingsstück spielten sie erst bei der Zugabe: „La robe à Tante Dolly“, ein Two Step der klassischen Art. Man mag es kaum glauben, dass ein Land, das eigentlich hauptsächlich aus träge dahin fließenden Flussarmen besteht, eine solche Musik hervor gebracht hat. Vielleicht ist das aber auch gar kein Gegensatz, denn Flüsse steigen manchmal über die Ufer wie Johannes auf die Tische, die wirken friedlich, aber haben eine enorme Kraft, sie schleppen eine Menge Treibgut heran und wieder hinweg, sie sind immer in Bewegung, alles fließt. Am Schluss saß niemand mehr, außer Ralf am Schlagzeug. Wenn das altmodisch ist, bin ich gerne altmodisch.

Von meinen Bekannten aus der Bonner Folk-Szene sah ich niemanden im Publikum, aber es wird am 31.3.2006 in der Harmonie wieder die Gelegenheit geben, und im Laufe des Jahres beim Beuler Rheinuferfest und im Sommer im Biergarten des Parkrestaurants Rheinaue, wo auch besagtes Foto entstand. Johannes spielt eigentlich lieber auswärts, wo ihn niemand kennt, als müsste er sich schämen dafür, dass er so gerne auf die Tische steigt. Ob für ihn in der Harmonie extra Tische aufgestellt werden? Warten wir es ab! Zwischenzeit könnt Ihr den im März neuen Folker! kaufen und dort nachlesen, was Ihr schon immer über Le Clou wissen wolltet und Euch nie getraut habt zu fragen: Wie die Band enstanden ist, wie sie zu ihrem Namen kam, wer daran Schuld ist, dass sie überhaupt Cajun spielen, denn das war nicht immer so, was die magische Drei bedeutet, warum sie nicht so gerne in Frankreich spielen, was die Cajuns in Louisiana von Le Clou und was die drei Frontmänner von ihrem Publikum halten.

http://www.leclou.com
http://www.bungertshof.de
http://www.folker.de


MAS