Saturday, February 11, 2006

Konzertrezension: Sahara am 11.2.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich

Sahara am 11.2.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich

Sahara gehört auch wie Le Clou zu den Gruppen, die ich schon oft gehört, über die ich aber noch nie eine Rezension geschrieben habe. Und wie Le Clou und die Lokal Heroes gehört Sahara seit Jahren zum festen Bestandteil der Konzerte im Parkrestaurant Rheinaue und spielen auch oft in der Harmonie, wo ich sie diesmal hörte. Jetzt fehlt nur noch, dass sie auch im Bungertshof auftreten, dann wäre das noch eine Gemeinsamkeit, von denen es tatsächlich noch ein paar gibt, sogar in musikalischer Hinsicht, auch wenn man das auf den ersten Blick bzw. Klang nicht glauben mag.

„Sahara“, das klingt nach Wüste, nach Nordafrika, und da kommt auch die Musik her, sowie zwei der Musiker, nämlich der marokkanische Hauptsänger und Keyboardspieler Ibrahim Hnine und der ägyptische Darabukatrommler Moustafa Osh. Die andern drei Musiker sind Deutsche, nämlich Carol Knauber mit seinen diversen E-Gitarren und einer mit wunderschönen Intarsien versehenen Laute, der E-Bassist Hans Greuel und der Schlagzeuger Andreas Pietralczyk. Carol und Hans sind Besuchern des Bonner Folktreffs eventuell noch durch ihre Zupfinstrument-Kammermusik-Formation String Attack bekannt, wobei ich mit „Kammermusik“ nicht Abwertendes meine, sondern die Filigranität ihrer Spielweise unterstreichen möchte. Sahara aber spielt Raϊ (für den Fall, dass ein Programm das Sonderzeichen falsch wiedergibt: das i hat zwei Punkte; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ra%C3%AF), eigentlich eine Popmusik, die vor allem im Maghreb und in Frankreich verbreitet ist, und deren zumindest für mich bekanntester Vertreter Khaled (vgl. http://www.folker.de/200501/02khaled.htm und http://de.wikipedia.org/wiki/Cheb_Khaled) ist. Die Sahara-Musiker aber nennen es nicht „Pop-“, sondern „Weltmusik“, und das nicht nur, damit ich einen Grund habe, diese Rezension zu schreiben.

Ibrahims Stimme transportierte arabische und französische Texte, die wohl kaum jemand aus dem altersmäßig sehr durchmischten Publikum verstand, auch ich nicht, obwohl ich beide Sprachen mal lernte, aber es waren auch nicht die Texte, die faszinierten und schon vor der Pause einige Zuhörer auf die Tanzfläche lockten, sondern diese Mischung aus langen Tönen aus Ibrahims Keyboard und Mund und der ansonsten mehr rhythmischen Spielweise der anderen, insofern eine ähnliche Konstellation wie bei Le Clou. Welche Bestanteile dieser Musik traditionell waren, weiß ich nicht, sicher die arabesken Schnörkel bei Ibrahims Gesang und Moustafas Tamburaspiel, ansonsten war es eine hochmoderne Musik, die sich zahlreicher Provenienzen bediente, so auch nord- und südamerikanischer, ja Reaggaerhythmen konnte man ohne Zweifel bei einigen Lieder ausmachen, und Carols E-Gitarrenspiel erinnerte meine Frau mal an Jimmy Hendrix, mal an Carlos Santana, was ich ihr einfach mal so glaube, während ich diese beiden Berühmtheiten mehr dem Namen nach kenne. Mich erinnerte sein E-Gitarrenspiel und auch wie er da stand an der aus Bühnenperspektive gesehen linkern vorderen Ecke mit seiner Sonnenbrille an Kristap Grasis, der mit den Lokal Heroes noch zwei Wochen zuvor genau an der gleichen Stelle stand und spielte. Carol und Hans entlockten ihren Zupfinstumenten auch einen funkigen Sound, der dem der Lokal Heroes in nichts nachstand, eher sogar noch ein wenig funkiger war. Und Alexander unterstütze das Ganze mit seinem Schlagzeug kräftig. Die meisten Stücke waren noch gecovert von diesem oder jenem aus den Raϊ-Carts, aber Moustafa und Carol hatten auch Selbstkomponiertes dabei. Meine Lieblingsstücke von Sahara heißen „N’ssi, n’ssi“ und „Harba“, wobei ich nicht weiß, was das auf Deutsch heißt, das erste in etwa „Gemach, gemach“, das zweite soll ein algerischer Dialekt sein, den auch Moustafa mir nicht übersetzten konnte. Ganz am Schluss der Zugabe spielten sie das auch westeuropäischen Radiohörern bekannte „Aisha“ von Khaled.

Man merkt wohl, dass ich in dieser Musik nicht so zu Hause bin, aber dass sie mir gefällt. Der nächste mir bekannte und erreichbare Sahara-Gig wird am 29.4.2006 in Siegburg im Kubana (vgl. http://www.kubana.de/kubana/) leider zeitgleich mit dem 5. Bonner Irish Fok Festival in der Harmonie.

Der Saal war dieses Mal übrigens bestuhlt und betischt, so dass ich keine Probleme hatte, mein Bier abzustellen, und auch keines, ein neues zu bestellen, denn es wurde an den Tischen flott bedient. Mir fiel auch erstmals auf, dass sie Kölsch (Sion) halbliterweise ausschenken, nichts für Reagenzglasfanatiker, sorry, Kölschstangenliebhaber, aber ich finde es praktisch!

http://www.oshmusic.com/osh.htm
http://www.carolknauber.de/index.php?option=com_content&task=view&id=22&Itemid=57http://www.harmonie-bonn.de/

MAS