Saturday, April 21, 2007

Konzertrezension: 6. Bonner Irish Folk Festival am 21.4.2007 in der Harmonie in Bonn-Endenich

6. Bonner Irish Folk Festival am 21.4.2007 in der Harmonie in Bonn-Endenich










Von fein bis deftig – Foggy Stew, Midnight Court und Five Alive O begeisternen das Bonner Folk

Sabrina Palm und ihr Team luden zum sechsten Mal zum BIFF in die Harmonie ein. Und die war proppe voll! Drei Bands standen auf dem Programm: Foggy Stew aus Bonn als Repräsentanten der einheimischen Irish Folk Szene, Midnight Court aus Berlin und Five Alive O aus ... – ja, das weiß ich gar nicht, wo die zu Hause sind, aber einer der Musiker, Michael Poelchau, ist jedenfalls Bonner. Wie gewohnt führte Näx, also Alecander May, durchs Programm.

Foggy Stew hörte ich zum dritten Mal seit 2004 und hate auch die Ehre, deren CD zu besprechen, abgesehen davon, dass die drei, nämlich Margret Hüffer, Nicole Maldonado und Michael Heuser unabhängig von der Band aus der Bonner Irish Session Szene nicht mehr weg zu denken sind. Die Annahme „kenne ich schon“ erwies sich aber sofort zu Beginn ihres Acts als voreiliger Trugschluss. Nein, so kannte ich sie noch nicht. Sie fingen langsam an, ganz sachte, fein, leise und doch durchdringend. Der noch kurz zuvor von Unterhaltungen laute Saal wurde leise, alle lauschten gespannt. Margret spielte eine Low Whistle, Nicole ihre Geige, Michael eine Gitarre. Der Tune war eindringlich, lieblich, doch einzelne Töne waren anders, eine Note oder einen halben Ton höher als erwartet, um dann bei der Wiederholung dort zu sitzen, wo er sein sollte, was die Spannung glättete, um sich dann durch weitere Variationen sofort wieder aufzubauen. Der Tune wurde schneller, aber wurde nicht hektisch, Margret wechselte zu Tin Whistle. Dann ein Lied: „Caledonia“, oft gehört, aber hier verwundert: Mensch Margret: sagenhaft! dann wiede ein Tuneset, bestehend ncihteinfach aus zwei-drei aneinander gereihten Reels, sondern einer bildete den Rahmen, kehrte immer wieder (es war „Up downy“) und wurde unterbrochen durch andere Reels zwischendrinn, abwechselnd auf Whistle und Fiddle gespielt. Michael wechselte auch mal zur Mandoline und zu seinen zwei Banjos, und da war es mir, als hörte ich Barny McKenna. Einem von Nicole engelsgleich gesungenen Lied gab er mit dem Banjo aber auch einen Schuss Blue Grass hinzu, und auch Nicole selbst könnte gut und gerne in Nashville auftreten! Ich war ja schon beim 2. BIFF, auf dem sie mit Tj:unichtgut auftrat, von ihrem Geasng begeistert. Mit „Casey’s“, dem Leid über den irischen Pfarrer, in dessen Fireston-Reifen sich Irlands Schäferhunde verbeißen, schafften sie es, das ganze Publikum zum Mitsingen zu bringen.


Aaron Shirlow (Gitarre, Gesang), Bernd Lüdtke (Fiddle, Gesang) und Noel Minogue (Akkordeon, Banjo, Gesang) bilden die Band Midnight Court aus Berlin, wobei Aaron und Noel aber aus Irland stammen. Die kannte ich nur von dem Sampler des 9th St. Patrick’s Day Celebration Festvial, und freute mich sehr, sie endlich mal life erleben zu dürfen. Ich war auch keineswegs enttäuscht, außer vielleicht, dass die das auf der CD gesungene „Step it out Mary“ nicht dabei hatten, da das meine Lieblingsversion des Liedes ist. Aber sie hatten viele andere bekannte Songs und Tunes, die sie unheimlich treibend, groovig, energiegeladen vortrugen. Dabei erinnerten mich einige Stücke an eine andere Band, die auf dem selben SPDCF-Sampler mit drauf ist: At the Racket, die Irish Folk im Stil der 1930er Jahre spielen. Bemerkenswert war auch der Gesang aller drei Herren, zum Beispiel in einem Shanty: Ich fühlte mich zurück versetzt in die Zeit, in der irische Seeleute auf britischen Schiffen über die Meere segelten. Sie sollten ruhig öfter mal in die Gegend kommen, ich würde ihnen auch gerne mal länger zuhören.

Beim BIFF aber mussten sie die Bühne schon bald, also nach 45 Minuten, die jeder Band hatte, an Five Alive O abgeben, die da waren (bzw. immer noch sind): Seán Reeves (Gesang, Bodhrán, Cajon), Jonathan Williams (Fiddle, Keyboards), Gert Neumann (Gitarre, Mandola)
Michael Poelchau (Fiddle) und Volker Kamp (E-Kontra-Bass). Diese legten auf die schon deftige Vorlage von Midnight Court noch eins drauf, sangen Gassenhauer, die von den Dubliners, auf die auch Bezug genommen wurde und mit denen zusammen Seán, der Ire ist, auch schon aufgetreten ist, bekannt sind (z.B. „Follow me up to Carlow“, „Spancil Hill“, „The Star of the County Down“und „Whiskey in the Jar“ ) und Tunes, die vor allem durch Geschwindikeit glänzten. Ich fühlte mich zurück versetzt (nein, nicht in alte Seefahrerzeiten, die ich ja nicht selbst erlebt habe, sondern) in die Zeit, in der ich anfing, irische Musik zu hören und nach und nach viele deutsche Bands kennen lernte, die im Fahrwasser der Dubliners und der Pogues unterwegs waren. Das tat gut, so die eigene biographische Brücke zu schlagen. Seáns Stimme erinnerte mich aber auch an Van Morrison, vor allem bei „Carrigfergus“. Das Publikum war auch total aus dem Häuschen, klatschte mit, und tat das sogar im 4/4Takt bei jedem Takt und nicht nur bei jedem zweiten oder 1-2-3-Aussetzer, also nicht so langweilig, wie man es oft hört. Bei einem Lied sagte Karsten neben mir: „Das ist doch Casey’s“, aber es war „The Batchelor“, ein anderer Text, aber die selbe Melodie, und ja, dieses Lied kannte ich schon vorher, wusste es aber nicht mehr. Bei den Reels, Jigs, Polkas usw, war es interessant, Jonathans und Michaels Gesicher zu beobachten: Während ersterer so guckte, als wolle er einen ausschimpfen, schien sich letzterer entspannt zurück zu legen. Beim 2. BIFF trat Michael ja mit den Bleedin’ Heards auf, und heute wie damals hatte nicht nur ich den Eindruck: Er war unterfordert, auch wenn er ins Schwitzen kam.

Natürlich endete das BIFF nicht ohne die Festival-Session aller Musiker(innen) inklusive Sabrina mit ihrer Fiddle und Näx mit seiner Whistle zusammen. Da wurde noch mal richtig losgelegt, wieder mit neueren Tunes, also von Goldrick und so.

Fazit: Begeisterung pur, nicht bei jedem, mit dem ich mich unterhielt über die gleichen Beiträge, aber von der Gesamtkonstellation und auch von der Reihenfolge: 1. feine Filigranität, 2. grooviges Treiben und 3. fetzige Gassenhauer und dass bei gleichbleibender Qualität der Musik. Das passt!

Von der anschließenden offenen Session im Fiddler’s kann ich leider nicht berichten, da es mich nach Hause zog.



http://www.foggystew.de/
http://www.midnightcourt.com/
http://www.fivealiveo.net/
http://www.irishcoffee.de/html/five_alive_o.html
http://www.biff.de.vu/
http://www.musikwissenschaft.uni-bonn.de/dozenten/palm.html
http://www.harmonie-bonn.de/


Frühere BIFF-Reis von mir:
1. Bonner Irish Folk Festival am 20.4.2002 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2002/04/konzertrezension-1-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/8oltl
2. Bonner Irish Folk Festival am 26.4.2003 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2003/04/konzertrezension-2-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/7dtj3
3. Bonner Irish Folk Festival am 24.4.2004 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/04/konzertrezension-3-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/7a877
4. Bonner Irish Folk Festival am 23.4.2005 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/04/konzertrezension-4-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/auwdz
5. Bonner Irish Folk Festival am 29.4.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/04/konzertrezension-5-bonner-irish-folk.html bzw. http://tinyurl.com/ftoh5
5. Bonner Irish Folk Festival am 29.4.2006 in der Harmonie in Bonn-Endenich
Ortstermin
Irland am Rhein. 5. Bonner Irish Folk Festival. Harmonie, Bonn-Endenich, 29.4.2006
mit einem Foto von Till Storz
In: Folker! 04.06., S. 72


Frühere Rezis zu Foggy Stew:
1. Celtic Attractions Festival
Celtic Attractions – 1. Irish/Scottish Folkfestival im Zirkuszelt am 8.4.2005 in Köln-Weiß
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/04/konzertrezension-celtic-attractions-1.html bzw. http://tinyurl.com/85qdj
CD: Foggy Stew. one more payment and it’s mine
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/07/cd-rezension-foggy-stew-traditional.html
MAS