Irish Spring – Festival of Irish Folk Music 2007 – Spring is in the Air am 26.3.2007 in der Kunst- und Ausstellunghalle in Bonn
Noch den Klang Till Nine im Herzen besuchten wir einen Abend später das ISF in der KAH. Für dieses war es auch eine Abschiedsveranstaltung, aber nur der normale Abschluss der diesjährigen Tour, also nichts so tragisches. Zwei Bands, eine Sängerin und eine Tänzerin waren angekündigt: Clan Ranald aus dem County Donegal, Tina McSherry in Vertretung für Brid Ní Mhaoileoin, Marie McTague und At First Light aus Belfast.
Clan Ranald ist eine Trio aus drei jungen Burschen, die so um die zwanzig Jahre alt, aber trotz des „Clan“ im Namen nicht miteinander verwandt sind: Luke Ward (Bouzouki), Máirtín Tourish (Akkordeon), Stiofan O’Broin (Bhodrán, Spoons) (so von links nach rechts aus Publikumsperspektive). Nach einen ruhigen Stück als Intro legten die drei sofort kräftig los und bedienten ihre Instrumente mit atemberaubender Geschwindigkeit und zugleich mit einem abwechslungsreichen Variantenreichtum, dass alles andere als ein Herunterspielen traditioneller Standards war. Máirtín glänzte zudem als bei seinen Ansprachen routinierter Entertainer, bisweilen unterstützt von Stiofan, während Luke der Werner Rösner der Band war (absolutly no vocals). Máirtín zeigte sich auch tief beeindruckt davon, in der Geburtsstadt Beethovens spielen zu dürfen und zeigte auch sonst keine Berührungsängste zu anderen Musikrichtungen. So erzählte er von dem heute multiethnischen Irland in dem Musikstile aus aller Welt ineinander fließen und auch die traditionelle irische Musik mit Elementen des Klezmer, der Musik aus dem Balkan oder aus Indien bereichern, wobei er meinte, manchmal höre er ein solches importiertes Stück und halte es für ein irisches. Volksmusik sei sich in ihren Grundlagen weltweit doch sehr ähnlich. Und damit bei der Volksmusik das Volk auch mitmachte, spannte er uns alle, also die ganze rappelvolle KAH, ein, zu einem indisch beeinflussten Stück einen Bordun zu summen, der dann tatsächlich ähnlich wie ein indisches Harmonium klang. Marie Mc Tague tanzte auch auf einige der Tunes auf der Bühne, und trat so immer wieder während des Abends auf und zwar immer wieder in einem anderen Kleid, so dass wir eine kleine Modeschau geboten bekamen.
Tina McSherry sang sodann in Begleitung von Alan Burke ein paar Lieder, sowohl langsame, melancholische (so auch „Skibbereen“ so wunderbar traurig, wie ich es selten hörte), also auch schnelle, druckvolle. Ihre Stimme erinnerte mich an Marilyn Monroe, denn Tina sang auch so leicht angehaucht, und noch mehr an eine irische Sängerin, deren Name mir nicht einfiel, die ich aber auf zwei CDs habe. Die Ähnlichkeit zu letzterer wurde noch deutlicher, als für das letzte Lied („The Lowlands of Holland“) die gesamte Band des zweiten Teiles, At First Light, sie begleitete. Und vor allem auch der Klang Uilleann Pipe dazu machte aus der Ähnlichkeit eine Gleichheit und ja, Till Storz, der wieder Fotos machte, klärte mich auf: es war die Band Tamalin, die ich schon lange so gerne mal hören wollte, der Tina und ihr Bruder John, der hier die Pipes bediente, angehörten. So ist unerwartet an diesem Abend ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen, wenn es auch nicht die ganze Band Tamalin war, die hier auftrat. Aber solche Überraschungen sind nur möglich, wenn man zwar Bandnamen kennt, sich aber nicht die Namen der einzelnen Musiker(innen) merkt.
In der Pause gab es im Foyer eine Stepptanzvorführung der Bon(n) Roses, von der ich aber wenig sah, da zu viele Leute um sie herum standen.
Nach der Pause tanzte Mary McTague einen Broomstick Dance, also einen Besenstiltanz, der, wie Tourmanager Valentin erklärte, daher rührte, dass früher mal jemand, der keinen Tanzpartner abbekam, sich statt dessen einen Besenstil nahm. Die Jungs von Clan Ranald begleiteten sie dazu und spielten dann noch den „Clumpsy Lover“, den ich auch sehr mag. Máirtín sagte übrigens, er habe in der Pause gehört, dass es in Bonn 70 bis 80 (irisch-) traditionelle Musiker gebe. So viele sind es? Das hätte ich auch nicht gedacht. Wer hat ihm das nur erzählt?
Dann waren At First Light dran, bestehend aus (von links nach rechts): Rúben Bada (aus Asturien; Bouzouki), Francis McIlduff (Bhodrán, Uilleann Pipes, Low Whistle), Dónal O’Connor (Fiddle, Keyboards), John McSherry (Uilleann Pipes, Low Whistle) und Alan Burke (Gitarre, Gesang und witzige Ansagen), die, wie Valentin ansagte, die zur Zeit beste Band Irlands sein soll, zumindest ihrer Generation. Um das zu bestätigen, müsste ich alle kennen, aber ich kann bestätigen, dass mir die Musik durch und durch ging und ihre Energie mir Tränen heraus presste, wie es zuletzt von zwei Jahren auch auf dem ISF die Musik von Gráda schaffte. Rainer Zellner, der Veranstalter, hat schon ein besonderes Händchen, was die Auswahl der Musiker angeht! Alan und Francis pflügten mit tiefen, im Bauch spürbaren Gitarren- und Bhodrántönen einen tiefen Graben, über die dann John, Dónal und Rúben mit hohen Tönen der Pipes, Fiddle und Bouzouki hin und zurück hüpften und wirbelten. Welche Kontrastharmonie! Aber auch jedes Instrument für sich und auch Alans Gesang waren unheimlich ausdrucksstark und mitreißend. Slow Airs, Marches, Jigs, Reels und was weiß ich noch, teilweise neu geschrieben, teils traditionell oder aus der Zeit des Folk Revivals etwa von Finbar Furey, ließen den Saal vibrieren. Näx, der auch im Publikum saß, war anschließend so platt, das er gar nicht aufstehen wollte. So findet unser Bonner Meisterpiper auch noch seine Meister. Auch die Begleitung der Songs, die Alans Stimme ummalte, vorwärts schob, zwischen den Strophen oder nach den Textzeilen andere Melodien einfließen ließ oder jazzige Improvisationen (oder war es minutiös arrangiert?) einstreute, dabei aber immer den Kontakt zum Lied behielt, faszinierte zutiefst. Ich verwende ja gerne den Satz „Viel zu schnell verging die Zeit“, aber hier war es so, dass mir letztlich die drei Stunden wie drei Minuten vorkamen allerdings mit der Energie von drei Tagen.
Zur Festivalsession kamen sie dann noch mal alle auf die Bühne, auch wie immer beim ISF Epi, also Enkh Jargal, der in Mannheim lebende mongolische Tourbegleiter mit seiner Pferdekniegeige und seinem Ober- und Untertongesang. Diesmal spielte er aber nicht „Jimmy Mó Mhíle Stór“, wie sonst immer, sondern „Wild Mountain Thyme“ und dann gab es noch Reels, zu denen einige der Bon(n) Roses und Leute aus dem Publikum auf und vor der Bühne tanzten.
An dieser Stelle möchte ich doch sehr gerne mal sagen, dass wir es solchen Leuten wie Rainer Zellner, Petr Pandula, Florian Fürst, Karsten Jahnke und natürlich Vorreiter Carsten Linde zu verdanken haben, dass wir solche Festival-Touren in Deutschland haben und die Creme der Creme der Irish & Scottish Folk & Traditional Music hier bei uns life zu hören bekommen. Sie mögen sich gegenseitig mal mehr als Konkurrenten, mal mehr als Kollegen betrachten, für uns Musikfreunde ist es ein Segen, dass es sie gibt! Und ohne diese Veranstalter und die von ihnen hergebrachten Musiker fehlte es auch unserer hiesigen Folkszene, von der einige Vertreter im Publikum waren (Näx, Nicole, Sabrina, Manuel, Till, Ralf, Ellen, und ich bin mir jetzt nicht sicher wer es sonst noch namentlich war) an greifbaren Vorbildern, und so gäbe es wohl kein Bonner Irish Folk Festival, kein Celtic Attractions Festival usw.
Mehr Infos unter:
http://www.musiccontact.de/
http://www.irishspring.de/
http://www.bundeskunsthalle.de/
zu Clan Ranald:
http://www.thesession.org/recordings/display/1800
zu Tamalin:
http://en.wikipedia.org/wiki/Tamalin_(band)
At First Light:
http://www.atfirstlight.net/
Bon(n) Roses:
http://www.tanzcenterrose.de/
Frühere ISF-Rezis von mir:
Irish Spring - The Festival of Irish Folk Music"The Sky's the Limit!" am 19.3.2005 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/03/konzertrezension-irish-spring-festival.html bzw. http://tinyurl.com/buqlf
Irish Spring – Festival of Irish Folk Music am 15.3.2006 in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/03/konzertrezension-irish-spring-festival.html
MAS