Thursday, March 01, 2007

CD-Rezension: Kelpie. Var det du – Var det deg?

Kelpie. Var det du – Var det deg?

Westpark Music 2007
Promo-CD, 14 Tracks, 54:22, mit deutschen Infos und Fotos

Neue Studio-CD des norwegisch-schottischen Duos aus Berlin und Ayre

Kerstin Blodig und Ian Melrose sind in der europäischen Folkmusik schon durch eine ganze Reihe von Projekten bekannt oder gar berühmt geworden, zum Beispiel durch Norland Wind und Talking Water. Wer sie kennt, erwartet keine streng traditionelle Musik, sondern eine experimentierfreudige, fusionsangstfreie moderne Folkmusik, die dabei aber ihre Verwurzelung in unterschiedlichen Musiktraditionen betont und kultiviert. Diese Erwartung enttäuschen sie auch nicht im Projekt Kelpie, benannt nach einem Wesen aus der schottischen Mythologie, halb Pferd, halb Seeungeheuer, mit dem sie nach „Kelpie“ von 2002 nun ihre zweite CD vorlegen. Hauptsächlich ist es trotz des schottischen Projektnamens die norwegische Musiktradition, jedoch gewürzt mit einem gehörigen Schuss schottischer. Ich muss gestehen, dass ich die CD „Kelpie“ nicht kenne, aber ich habe das Duo Kelpie einmal life in der Bonner Brotfabrik gehört, allerdings zu einer Zeit, da ich noch kaum Rezensionen schrieb.

Kerstin singt auf Norwegisch, dessen ich nicht mächtig bin, so dass ich zu den Liedinhalten nichts sagen kann. (Siehe dazu aber die Erklärung von Claudia Müller unten). Oft singt sie aber auch ohne Text, einfach „Jadndadei“ oder „Lalala“ oder mit diesen extrem hohen skandinavischen Hirtinnenrufen. Dabei spielt sie Gitarre, Bouzouki und Bodhrán, Ian Melrose spielt Gitarre, Whistles, Seljefløyte, Synthesizer, E-Gitarre, Bouzouki, Perkussion, singt und sorgt für das Programming. Unterstützt werden sie dabei von den Gastmusikern Urs Fuchs, mit dem sie auch bei Talking Water zusammen spielen, auf Kontrabass und Perkussion, Peter Jakk mit Frettless Bass und E-Bass und Leiv Solberg auf der Hardingfele, also der Hardangergeige. Dabei heraus kommt eine moderne, recht jazzige, teilweise temporeiche, vielfach auch ruhig dahin plätschernde, teils akustische, teils elektronische Musik auf der Basis traditioneller norwegischer und schottischer Musik. Kerstin hat eine wunderschöne Stimme hat und alle Beteiligten sind exzellente Musiker. Dank Overdub hört man Kerstin auch mal zwei Stimmen gleichzeitig singen, der Synthesizer sorgt für eine elektromystische Stimmung, der die Hardingfele dann wieder einen Toch nordischer Urigkeit verleiht, und vor allem Ians Whisltes entführen einen immer wieder westwärts über die Nordsee in seine schottische Heimat. Ein Lied hat es mir ganz besonders angetan: „Saligjeten er oss nær“. Es klingt sehr mittelalterlich, geheimnisvoll, etwas spanisch und nordisch zugleich und baut trotz seiner ruhigen Weise eine sehr große Spannung auf, die wieder zu entspannen mir im Geiste eine zweite, schneller gespielte Stimme erschien, die ich gerne mit einer Drehleier darüber legen würde.

Zum bestimmt schönen Booklet kann ich nichts sagen, da ich nur eine Promo-CD erhielt. Vielleicht enthält es die Liedtexte und Übersetzungen. Wünschenswert ist es. Was ich sagen kann, dass das Cover den verschwommen sichtbaren Kopf eines gerade abgetauchten Nøkken, eines Wassertrolls, in einem Waldsee zeigt, ein Gemälde von Theodor Kittelsen.

Trackliste:

No livnar det i lundar
Herr Ole
Vat det du eller var det deg?
Halling etter Thorvald Tronsgård
Náttina eftír fríggjamátt
Saligheten er oss nær
Rørospols
Fanteguten
Dyster
Haugtussedans
Á kjære mi Sigrid
Vesle kari rud
Jostedalsbreen
Preikestolen

Ich frug mal meine des Norwegischen mächtige Kollegin Claudia Müller: Der Titel heißt ja auf Deutsch: "Warst Du es oder warst Du es?", aber ich verstehe den Witz des Wortspiels nicht. Was ist denn der Unterschied zwischen "du" und "deg"?

Sie antwortete sogar noch etwas ausführlicher:
Zu deiner Frage: das entspricht ziemlich genau dem Englischen: Was it I or was it me? Richtig ist m.E. Var det deg. Das andere klingt eher nach Kindersprache, könnte aber auch normaler Gebrauch sein. Die Norweger sind da viel undogmatischer als wir. Evtl. könnte das "deg" betonter sein als das "du".
Wenn ich die Titel lese, kommt mir einiges nach ziemlich starkem Dialekt vor, evtl. auch sowas wie ein "mittelalterliches" Norwegisch. Ich verstehe nicht viel, kann aber soviel sagen: In Titel 7, 13 und 14 ist auf Landschaften angespielt: die Insel Røros, ein Gletscher (Jostedaslbreen) und eine extrem markante Gebirgsformation, die wie ein Predigtstuhl (Preikestolen) aussieht. Der Titel, den du besonders magst heißt wohl "Glückseligkeit ist uns nahe" – [...] Haugtussa ist eine alte Sage bzw. ein altes Hirtengedicht oder so was, ich hab aber vergessen worum es da geht.

Vielen Dank an Claudia, die wie ich an ihrer Diss. arbeitet und eigentlich ja gar keine Zeit für so was hat. Die Auslassung in der eckigen Klammer enthielt einen Satz, der durch einen Tippfehler von mir verursacht war, den ich aber korrigiert habe.


Kelpie:
http://www.duo-kelpie.com/
Westpark Music:
http://web18.lohmar.com/start.html


Frühere Rezis von mir zu Kerstin Blodig und Ian Melrose:

Norland Wind am 21.3.2001 in der Harmonie in Bonn-Endenich
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2001/03/konzertrezension-norland-wind-am.html bzw. http://tinyurl.com/8fhwv
Norland Wind am 24.11.2005 im Bungertshof in Oberdollendorf
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/konzertrezension-norland-wind-im.html bzw. http://tinyurl.com/dux2q
Norland Wind am 03.11.2006 im Bungertshof in Oberdollendorf
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/11/konzertrezension-norland-wind-am.html
CD: Talking Water. power of the moon.
online: http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/11/cd-rezension-talking-water-power-of.html

MAS, CM